Ein Mann hängt ein Radrennen-Plakat ab

Mit der Festnahme eines Paares in Oberursel hat die Polizei einen islamistischen Anschlag verhindert. Wie sie am Donnerstag mitteilte, war ein mögliches Ziel der Frankfurter Radklassiker am 1. Mai. Das Radrennen wurde abgesagt.

Der 35 Jahre alte Mann, der in der Nacht zum Donnerstag (30. April 2015) in Oberursel festgenommen wurde, hatte sich in den vergangenen Tagen mehrfach im Bereich der Strecke des 1.-Mai-Radklassikers herumgetrieben. Das erklärten Staatsanwaltschaft und Polizei auf einer gemeinsamen Pressekonferenz am Donnerstag in Wiesbaden. "Die Verdachtslage hatte sich zugespitzt", sagte der Leiter der Staatsanwaltschaft Frankfurt, Albrecht Schreiber.

Deshalb habe sich die Polizei in der Nacht zum Donnerstag zum Zugriff entschieden. Neben dem Mann, ein Deutscher mit türkischen Wurzeln, wurde auch dessen 34 Jahre alte Ehefrau, eine Türkin, festgenommen. Gegen beide wurde am Donnerstag Haftbefehl wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat erlassen, wie das Landeskriminalamt (LKA) mitteilte.

In der Wohnung des festgenommenen Paares hatten die Ermittler unter anderem eine funktionstüchtige Rohrbombe gefunden, dazu Waffenteile und Munition. "Nach alldem, was wir wissen zum jetzigen Zeitpunkt, haben wir ein Anschlagsgeschehen verhindert", sagte der Polizeipräsident für Westhessen, Stefan Müller. Gegen das Paar wird ermittelt wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat.

Radrennen aus Sicherheitsgründen abgesagt

Das Radrennen wurde am Donnerstagabend aus Sicherheitsgründen abgesagt. Die Absage sei ein drastischer Schritt, aber nötig wegen Hinweisen auf eine eventuelle Gefährdung der Bevölkerung, erklärte das LKA. Zwar sei ein geplantes Anschlagsziel weiterhin nicht bekannt.

"Allerdings gab es deutliche Überschneidungen von Streckenverlauf des Radrennens und Bewegungsprofil der festgenommen Personen", hieß es in der Mitteilung. Weil noch zu viele Fragen offen seien, gehe die Sicherheit vor. "Ich kann und möchte es nicht verantworten", sagte Veranstalter Bernd Moos-Achenbach laut "Wiesbadener Kurier" am Donnerstagabend während einer gemeinsamen Erklärung mit LKA-Chefin Sabine Thurau.

"Wenn etwas passieren würde, wäre das das Schlimmste." Rund 200 Beamte der Polizei hatten am Donnerstag das Gelände der Rennstrecke untersucht. Dabei seien bis zum Nachmittag keine Hinweise auf eine Gefährdung der Teilnehmer oder Zuschauer gefunden worden, sagte Polizeipräsident Müller auf der Pressekonferenz am Nachmittag. Ob es gezielte Pläne gegen das Radrennen gegeben habe, sei noch unklar.

Auch die Frage, ob es sich um eine geplante Einzeltat handele oder ob womöglich eine Terrorzelle hinter den Vorbereitungen stehe, blieb am Donnerstag ungeklärt. "Dazu können wir noch nichts sagen", so der Polizeipräsident. Der Festgenommene und seine Ehefrau seien radikal-islamistischen Kreisen zuzuordnen. Der Mann unterhalte Verbindungen zur radikalen Salafistenszene im Rhein-Main-Gebiet.

Baumarkt-Verkäuferin meldete verdächtigen Kunden

Der 35-Jährige, ein Chemie-Student, hatte am 30. März in einem Frankfurter Baumarkt drei Liter konzentriertes Wasserstoffperoxid gekauft. Der Kauf der Chemikalie in einer bestimmten Menge ist meldepflichtig. Der Verkäuferin erklärte der Mann, er brauche das Wasserstoffperoxid zur Algenbeseitigung in seinem Gartenteich. Die Verkäuferin benachrichtigte daraufhin die Polizei. Den Beamten gelang es, mit Hilfe der Bilder aus der Überwachungskamera des Baumarktes den Mann zu identifizieren, obwohl er einen falschen Namen hinterlassen hatte. Die Ermittlungen gegen ihn begannen laut Staatsanwaltschaft Mitte April. Es habe auch Observierungen gegeben. Der 35-Jährige hatte nach den Informationen der Staatsanwaltschaft vor Jahren Verbindungen zur Sauerland-Gruppe gehabt, die 2007 an der hessischen Landesgrenze Terroranschläge geplant hatte, die dann aber durch Festnahmen vereitelt wurden.

Scharfe Munition, Teile eines Sturmgewehrs

Nach den jüngsten Erkenntnissen rund um das Radrennen habe man sich aus Sicherheitsgründen zu einem schnellen Zugriff entschieden. Eine mobile Einsatzgruppe habe den 35-Jährigen am späten Mittwochabend festgenommen, sagte Oberstaatsanwalt Schreiber. Gegen 4 Uhr nachts folgten die Durchsuchung der Wohnung und die Festnahme der Frau. Die beiden Kleinkinder des Paares wurden in die Obhut des Jugendamts gegeben.

Das Paar sollte noch am Donnerstag dem Ermittlungsrichter vorgeführt werden. Im Keller der Wohnung fanden sich nach Angaben Schreibers neben der Rohrbombe 100 Schuss scharfer Munition, Teile eines Sturmgewehrs G3 und eine Übungsgranate für eine Panzerfaust. Neben drei Litern Wasserstoffperoxid fand sich auch Aceton. In Mischung mit Salzsäure entstehe daraus hochexplosiver Sprengstoff, sagte Schreiber.

Lob von Bund und Land

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) wertete die Festnahme als Beleg für die effektive Arbeit der Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern. Das Vorgehen zeige: "Wir sind wachsam und wir sind wehrhaft." Zuvor hatte am Donnerstagnachmittag Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) die Arbeit der Behörden gelobt.

Die Festnahme und die Ergebnisse der Durchsuchungen hätten Hinweise geliefert, "dass Anschlagsplanungen dort stattgefunden haben", sagte Beuth im Hessischen Landtag. Er dankte den Ermittlern auch im Namen des gesamten Parlaments.