Weil Dutzende Busfahrer fehlen, gilt in Wiesbaden auch unter der Woche der ausgedünnte Samstags-Fahrplan. Am ersten Tag der Umstellung haperte es an einigen Stellen. Schlimmer könnte es am Dienstag werden.

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Busverkehr in Wiesbaden reduziert

hessenschau vom 05.09.2022
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Wer am Montag in Wiesbaden mit dem Bus fahren wollte, hatte mitunter einen schweren Start in die Woche. Denn seit dem ersten Schultag nach den Sommerferien gelten in der Landeshauptstadt deutlich ausgedünnte Fahrpläne - auf so gut wie allen Linien. Damit wollte der städtische Mobilitätsdienstleister Eswe Verkehr Verlässlichkeit herstellen, nach Wochen mit vermehrten Ausfällen wegen fehlender Busfahrer. Doch daran haperte es am ersten Tag der Fahrplanumstellung noch, zumindest zu den Stoßzeiten.

Gerade die Busse der Linie 5, die den Stadtteil Erbenheim mit Rauenthal (Rheingau-Taunus) verbinden, waren übervoll. So voll, dass manche Fahrgäste auf den nächsten Bus ausweichen mussten. Besonders groß war der Andrang auch an den Knotenpunkten, wie dem Luisenplatz oder dem Platz der Deutschen Einheit.

Vor allem für Fahrgäste, die von den Randbezirken oder umliegenden Orten in die Stadt wollten, ist das reduzierte Angebot problematisch. Denn dort ist der Samstagsfahrplan besonders dünn, mit zum Teil nur ein oder zwei Verbindungen pro Stunde.

Mit Zusatzfahrten nachjustieren

Nach dem ersten Tag der Umstellung zog ein Sprecher des Verkehrsunternehmens eine gemischte Bilanz. Ein Verkehrschaos sei zwar ausgeblieben, jedoch könne an den ersten Tagen noch nicht alles reibungslos funktionieren. "In wenigen Einzelfällen konnten Fahrgäste auch mal nicht mehr mitgenommen werden", teilte der Sprecher mit. Auf der Linie 5 sei es zudem zu einem Feuerwehr-Einsatz gekommen - dies sei zusätzliches Pech in einer angespannten Situation gewesen.

Nahezu alle Gelenkbusse, also Busse mit besonders großer Kapazität, seien am Montag im Einsatz gewesen - und nicht nur die: "Heute morgen waren alle Fahrerinnen und Fahrer im Einsatz, die uns derzeit zur Verfügung stehen", teilte Eswe mit. Man wolle nun feststellen, wo es besonders hakt und dort mit zusätzlichen Fahrten aushelfen. Es sei aber nicht möglich, jeden Fahrgastwunsch zu erfüllen. "Das ist nicht schön, aber die ehrliche Realität", so der Sprecher.

Bereits in der vergangene Woche hatte Eswe Verkehr die Umstellung auf den reduzierten Fahrplan angekündigt. Er sollte den Personalmangel in der ÖPNV-Branche und den erhöhten Krankenstand auffangen. Täglich fehlten nach Betreiberangaben etwa 50 Fahrerinnen und Fahrer. Mit dem reduzierten Fahrplan wolle man Planungssicherheit herstellen.

Verkehrschaos am Dienstag erwartet

Der Start des neuen Fahrplans hat es aber gleich doppelt schwer: Er greift am ersten Tag nach den Sommerferien, und gleich am Dienstag steht in der Stadt eine große Straßensperrung an. Laut Eswe soll die zentrale Einfahrtsstraße nach Wiesbaden, die Mainzer Straße, gesperrt werden. Grund sind demnach Arbeiten an der Salzbachtalbrücke.

Weil Autofahrer umgeleitet und dadurch die Straßen noch voller werden könnten, stünden vermutlich auch die Eswe-Busse mit im Stau. Pendlerinnen und Pendler sollten sich rechtzeitig auf den Weg machen. "Wer zwischen Mainz und Wiesbaden pendelt, sollte unbedingt auf die S-Bahnen ausweichen", hieß es vom Verkehrsunternehmen.

Ende nicht absehbar

Wie lange der reduzierte Fahrplan aktiv bleibt, sei noch nicht absehbar. "Es hängt davon ab, wann wir wieder genug Busfahrer zur Verfügung haben", teilte Eswe Verkehr mit. Eine komplette Ausbildung mit Führerschein und das Einlernen ins Liniennetz dauere ein gutes Jahr. "Bis die ersten Fahrschulkurse mit den ersten neuen Kolleginnen und Kollegen soweit sind, wird es noch Zeit brauchen."

Für den Verkehrsbetreiber ist der Einschnitt im Fahrplan zwar zwingend notwendig, er kommt jedoch vor dem Hintergrund der jüngst angehobenen Ticketpreise zeitlich wenig passend. Gegen Kritik verteidigt sich der Mobilitätsdienstleister. Demnach legt der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) die Preise fest. Wiesbaden habe der Preiserhöhung widersprochen, konnte sich damit jedoch nicht durchsetzen.

Fahrgastverband PRO BAHN: "Kommt einer Leistungsverweigerung gleich"

Der hessische Ableger des Fahrgastverbands PRO BAHN nennt Wiesbaden indes ein trauriges Beispiel für eine langfristig verfehlte Personalpolitik. "Dass die Eswe den Samstagsfahrplan zunächst unbegrenzt einführen will, ist überhaupt nicht zu verstehen", erklärt Bernd Rohrmann vom Verband.

Kurzfristig einige Fahrten streichen, so Rohrmann, das habe man in den letzten Wochen auch in Darmstadt erlebt. "Aber für mehrere Wochen einen um 35 Prozent ausgedünnten Fahrplan zu fahren, kommt einer Leistungsverweigerung gleich, die Dauerkartenbesitzer jedenfalls hart trifft", sagte der Verbandssprecher.

Ausfälle auch andernorts in Hessen

Doch nicht nur in Wiesbaden trifft der Personalmangel im öffentlichen Nahverkehr die Fahrgäste, auch wenn die Auswirkungen dort besonders deutlich zu spüren sind.

So beklagte die Kurhessenbahn in der jüngsten Vergangenheit krankheitsbedingte Ausfälle von Verbindungen. Auch innerhalb Kassels fallen seit Wochen immer wieder Straßenbahnen, Regio-Trams und Busse aus. Im Westen Hessens gibt es hin und wieder Probleme bei der Lahntalbahn: Ausfälle bei den Mitarbeiter der Stellwerke führen gelegentlich dazu, dass die Strecke nicht befahren werden kann.

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