Christof May und das Schild "Priesterseminar"

Der Suizid des Limburger Regens nach Vorwürfen gegen ihn versetzt das Bistum in Schockzustand. Es gibt viele offene Fragen. Christof May war im Bistum beliebt – eine Predigt schlug besonders hohe Wellen.

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Bistum zum Fall May: "Es gibt viele offene Fragen"

Verstorbener Regens des Bistums Limburg: Christof May
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Die erste Würdigung kam vom Bistum Limburg selbst. "Der Tod von Christof May trifft uns alle. Wir haben einen engagierten und sehr geschätzten Seelsorger verloren", hieß es in einer internen Mail an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Diözese, in der die Bistumsleitung über den Tod des Regens informierte.

Die Ermittler gehen von einem Suizid aus. Zuvor war der Geistliche zu "Vorwürfen übergriffigen Verhaltens" von Bischof Georg Bätzing angehört und bis zur Klärung von allen Ämtern freigestellt worden. Das Bistum betont, man sei "in Gedanken auch bei denen, die die Vorwürfe gemeldet haben".

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtete, in den Wochen zuvor seien den zuständigen Ansprechpersonen im Bistum Beschuldigungen gegen May bekannt geworden. Diese seien "leitlinienkonform im Gespräch mit den mutmaßlich betroffenen Personen protokolliert und nach einer ersten Bewertung auf ihre Plausibilität dem Bischof zugänglich gemacht" worden, schreibt die Zeitung.

Wer war Christof May?

Christof May gehörte dem Limburger Domkapitel an, er war Bischofsvikar für Kirchenentwicklung – und damit ein enger Mitarbeiter des Limburger Bischofs Bätzing. "Der Tod des Priesters ist für alle im Bistum, besonders auch für den Bischof, die Personalverantwortlichen und die Bistumsleitung sehr bedrückend und hinterlässt offene Fragen", betonte das Bistum in seiner Stellungnahme.

Der aus der Westerwald-Gemeinde Waldbrunn (Limburg-Weilburg) stammende Priester hatte Philosophie und Theologie an der Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt und an der päpstlichen Universität Gregoriana in Rom studiert. Dort promovierte er 2004. Danach wurde er Kaplan in Königstein und Kronberg. Bevor er 2018 Regens wurde und damit die Priesterausbildung im Bistum verantwortete, war May Bezirksdekan in den Regionen Wetzlar und Lahn-Dill-Eder.

Dort war er beliebt und bekannt für seine klaren Worte in Gottesdiensten. Überregionale Aufmerksamkeit erzielte er durch eine Predigt am 4. Oktober 2020, die im Internet viral ging. Darin forderte er vehement eine Öffnung der katholischen Kirche, insbesondere mit Blick auf wiederverheiratete Geschiedene und homosexuelle Paare.

Klare Distanz zum offiziellen Gebaren der Kirche

May kritisierte in der Erntedank-Predigt auch, dass Frauen keinen Zugang zu Weiheämtern in der katholischen Kirche hätten. "Theologen und Theologinnen, die Argumente bringen für das Weiheamt der Frau, werden mundtot gemacht." Das sind Töne, die man so von hohen Geistlichen nur sehr selten hört. Er ging dabei auf klare Distanz zum offiziellen Gebaren der Kirche.

Der Präsident der Diözesanversammlung im Bistum Limburg, Gerhard Glas, reagierte geschockt auf die Nachricht von Mays Tod. "Er war ein echter Hoffnungsträger", sagte er der FAZ. May habe in den synodalen Gremien Entscheidendes geleistet. Bischof Bätzing sei als Brückenbauer gefragt zwischen jenen, denen der Wandel zu langsam, und jenen, denen er zu schnell gehe, so Glas.

May und Bätzing als treibende Kräfte im Reformprozess

Bätzing, seit 2020 Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, gilt als eine der treibenden Kräfte hinter dem Reformprozess der deutschen Katholiken. Dieser "Synodale Weg" strebt konkrete Änderungen an – eine Beteiligung der Gläubigen an der Bischofswahl, die Segnung homosexueller Paare und möglichst auch das Diakonat der Frau. Der Vatikan verfolgt die deutschen Erneuerungsbemühungen mit größtem Misstrauen. Konservative Bischöfe aus aller Welt haben sich bereits mit harschen Erklärungen dagegen in Stellung gebracht.

Christof May, der 49 Jahre alt wurde, formulierte in seiner Predigt vor vier Jahren vielsagend: "Ich wünsche mir ein Ackerfeld, einen Weinberg des Herrn, der bunt ist – und nicht neben, sondern mitten in der Gesellschaft steht."

Die Missbrauchsvorwürfe gegen ihn gehören nun zur Aufarbeitung, die das Bistum ankündigte. Es ist bislang nicht bekannt, welche Vorwürfe gegen May erhoben wurden. Die Gläubigen, die May so schätzten, dürften derzeit auch viele offene Fragen haben.

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Hilfe bei Suizidgedanken

Suizidgedanken sind häufig eine Folge psychischer Erkrankungen. Letztere können mit professioneller Hilfe gelindert und auch geheilt werden. Hier finden Sie Hilfsangebote für Betroffene und Angehörige.

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Um die Anonymität der Anrufer zu wahren, ist die Übermittlung der Rufnummer gesperrt und wird somit in keinem Display der Telefonseelsorge angezeigt. Anrufe bei der Telefonseelsorge werden auch im Einzelverbindungsnachweis nicht aufgeführt.

Auch im Internet kann die Telefonseelsorge kontaktiert werden unter: telefonseelsorge.de

Weitere Informationen zu Hilfsangeboten - beispielsweise Selbsthilfegruppen - finden sich auf der Webseite der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention: suizidprophylaxe.de

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