Sechs Menschena haben ihr Körper in Regenbogenfarben angemalt. Jeder der Körper trägt ein Zeichen: #,P,R,O,U,D. Sie recken ihre Arme nach oben. Im Hintergrund eine Masse von Menschen vor einer Fachwerkkulisse (Römer).

Der Christopher Street Day in Frankfurt soll eine bunte Feier der Vielfalt und der Gleichberechtigung werden. Doch zuletzt gab es in der Stadt Übergriffe auf queere Menschen. Das hat Auswirkungen auf das Sicherheitskonzept beim CSD.

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Queerfeindlicher Angriff in Frankfurt

Manuel Irlbeck und Dragqueen Electra Pain
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Wenn an diesem Wochenende der Christopher Street Day in Frankfurt beginnt, haben einige Menschen aus der queeren Community ein mulmiges Gefühl. Eigentlich soll es darum gehen, dass sich Schwule, Lesben, Transpersonen und andere Minderheiten unbeschwert in der Öffentlichkeit zeigen. Doch in letzter Zeit wurden immer wieder Menschen in Frankfurt, die genau das getan haben, Opfer von Angriffen.

So ging es auch Manuel Irlbeck und Daniel Dorminger. Beide kamen Anfang Juli zusammen aus einer Schwulenbar in der Nähe der Konstablerwache, als ein Unbekannter sie plötzlich bepöbelte und homophob beleidigte. Dann schlug der Täter zu. "Der Schlag war so heftig, dass ich das Bewusstsein verloren habe", erzählt Irlbeck.

Bei der ärztlichen Untersuchung habe vieles darauf hingedeutet, dass ein Schlagring als Waffe verwendet wurde. Der Kiefer des 26-Jährigen ist gebrochen, die Wunde an seinem Kinn musste genäht werden. Bei der Polizei erstatteten die beiden Freunde Anzeige.

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Der CSD in Frankfurt

Der Christopher Street Day in Frankfurt findet vom 14. bis 17. Juli statt. Auf der Konstablerwache wird von Freitag bis Sonntag jeden Tag ein queeres Straßenfest gefeiert, nebenan auf der Großen Friedberger Straße stellen verschiedene Gruppen, Parteien und Vereine sich und ihre Arbeit vor. Ein Höhepunkt ist die geplante Demonstration für Akzeptanz und Gleichberechtigung am 16. Juli, bei der die Teilnehmenden vom Eisernen Steg aus durch die Innenstadt ziehen wollen. Am Samstagabend können CSD-Besucherinnen und Besucher beim traditionellen Wettlauf auf Stöckelschuhen antreten.

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CSD-Sprecherin: "Wir müssen laut bleiben"

"Es kann nicht sein, dass man als queerer Mensch abends Angst haben muss, nach Hause zu laufen", sagt Dorminger. "Es haben viele Leute die Tat beobachtet, aber leider nichts dagegen gesagt oder unternommen." Der 22-Jährige fordert von Politik und Polizei mehr konkreten Schutz für queere Menschen: "Wir brauchen Unterstützung von oben. Die Akzeptanz kommt nicht nur von Worten", so Dorminger.

Von diesem Vorfall wollen Dorminger und Irlbeck an diesem Wochenende auch auf der Bühne des Christopher Street Day in Frankfurt erzählen. Gerade wegen der vielen queerfeindlichen Übergriffe sei es wichtig, in der Öffentlichkeit Präsenz zu zeigen, betont Gwen Iffland, Sprecherin des CSD Frankfurt. "Wir müssen laut bleiben. Wir als Community müssen der sogenannten Mehrheitsgesellschaft zeigen, dass wir uns Akzeptanz und Gleichberechtigung nicht nur wünschen, sondern aktiv einfordern, damit etwas passiert."

Die Forderung nach mehr Schutz für queere Menschen in Frankfurt unterstützt Iffland. Auch sie ist für mehr Polizeipräsenz in den Frankfurter Vierteln, in denen sich etwa Schwule und Lesben treffen - etwa rund um die Alte Gasse in der Innenstadt. "Dort haben wir einige queere Bars, die zentrale Treffpunkte für die Community sind. Dass nach so vielen queerfeindlichen Angriffen dort nicht gehandelt wird, ist natürlich ein Problem", so Iffland. Das kritisierte am Donnerstag auch ein Aktionsbündnis, dem unter anderem die Aids-Hilfe Frankfurt angehört, in einem offenen Brief an die Stadt- und Landespolitik.

Mehr Polizeipräsenz angekündigt

Die Frankfurter Polizei erklärte mit Blick auf den jüngsten Vorfall: "Es ist vollkommen inakzeptabel, dass sich Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und ihrer äußeren Erscheinung in bestimmten Straßen nicht mehr sicher fühlen."

Man werde deshalb mehr Präsenz zeigen und "dafür sorgen, dass sich solch verachtenswerte Taten nicht wiederholen". Konkret sollen in Zukunft mehr Beamtinnen und Beamte rund um das queere Szeneviertel unterwegs sein - auch in Zivil.

Polizei sieht keinen Trend zu mehr Übergriffen

Wie viele Übergriffe mit queerfeindlichem oder homophobem Hintergrund es gibt, wird von der Polizei nicht systematisch erfasst. Die Polizei Frankfurt zählt allerdings Fälle mit solchem Hintergrund: In diesem Jahr habe es bislang sieben Fälle im Zusammenhang mit homo- oder transphober Hasskriminalität im Stadtgebiet gegeben. 2021 seien es 13 Fälle gewesen, 2020 16 Fälle.

Ein Trend hin zu mehr queerfeindlichen Übergriffen in letzter Zeit lässt sich aus Sicht der Polizei Frankfurt nicht sicher ableiten: "Derzeit werten wir die Entwicklung auch als Folge der Rückkehr zur normalen Besucherfrequenz im Szeneviertel und den umliegenden Gast- und Vergnügungsstätten", sagte ein Polizeisprecher.

"Awareness-Teams" sollen Hilfe anbieten

Besonders für den CSD als queere Großveranstaltung spielt die Sicherheit an diesem Wochenende eine große Rolle. "Wir haben viel Zeit und Geld investiert, um den CSD möglichst sicher zu gestalten", erklärt Sprecherin Iffland. Es gibt zum ersten Mal ein "Awareness-Konzept", mit dem man gezielt Unterstützung für Menschen anbieten möchte, die Opfer von Rassismus, Diskriminierung oder Belästigung werden.

Dazu gehört das Angebot, Getränke auf K.o.-Tropfen testen zu lassen, aber auch mobile "Awareness-Teams" auf dem ganzen Veranstaltungsgelände, die bei Bedarf Hilfe anbieten können. "Wir haben auch ein Awareness-Zelt neben der Hauptbühne als Rückzugsort für die Leute, denen es gerade nicht gut geht und die sich kurz zur Seite nehmen wollen", erklärt Iffland.

Absperrungen und Videoüberwachung beim CSD

Die Frankfurter Polizei und das Ordnungsamt geben sich gut vorbereitet auf den Christopher Street Day. "Die Sicherheitsmaßnahmen beim Frankfurter CSD umfassen weitaus mehr als Standard", betonte ein Sprecher des Ordnungsamtes auf Anfrage. Das gesamte Veranstaltungsgelände werde mit Sperren davor geschützt, dass Fahrzeuge hineinfahren.

Die Polizei werde zusätzlich mit der fest installierten Videoüberwachungsanlage an der Konstablerwache die Veranstaltung beobachten. "So konnten in den vergangenen Jahren 'Grabsch-Attacken' geahndet und verhindert werden", erklärte der Sprecher.

"Uns liegen keine konkreten Hinweise auf eine Gefährdung des CSD in Frankfurt vor", erklärten Vize-Polizeipräsident Björn Gutzeit und der designierte Frankfurter Polizeipräsident, Stefan Müller. Trotzdem werde die Polizei mit vielen Kräften vor Ort sein. "Unsere Botschaft ist eindeutig: Für Hass und Gewalt ist in Frankfurt kein Platz."

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Der Christopher Street Day

Der Christopher Street Day in Frankfurt feiert in diesem Jahr sein 30-jähriges Jubiläum. Seinen Ursprung hat der CSD in der Christopher Street in New York (USA), wo sich im Jahr 1969 queere Menschen gegen wiederholte gewalttätige Polizeirazzien wehrten. Bei der jährlichen Veranstaltung in vielen Städten weltweit demonstrieren Schwule, Lesben, Transpersonen, Intersexuelle und andere sexuelle Minderheiten für mehr Akzeptanz und Gleichberechtigung. Unter anderem auch in Limburg, Wiesbaden, Kassel und Darmstadt wird der CSD gefeiert.

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