71-Jähriger aus Nordhessen vor Gericht Der Druide als Verfassungsfeind
Im Gewand des Druiden führte er Touristen bei Räucher-Ritualen durch die Rhön. Im Internet sprach er davon, Juden und Muslime "vernichten" zu müssen. Nun steht der 71-Jährige aus dem nordhessischen Grebenstein vor Gericht.
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Der Prozess gegen den "Druiden"

Grauer Bart und weiße Kutte - sie waren das Markenzeichen des selbsternannten Druiden Burghard B. aus Grebenstein (Kassel). Hinter der Fassade des Kelten-Kults haben Ermittler höchst bedenkliche Anschauungen ausgemacht. Deshalb steht der 71 Jahre alte Mann vor Gericht.
Im Prozess gegen mutmaßliche "Reichsbürger" gilt Burghard B. als Rädelsführer. Neben ihm sitzen seit vergangener Woche drei weitere Männer auf der Anklagebank des Mannheimer Landgerichts.
Die Gruppe soll ein ganzes Waffenarsenal gehortet haben. Bei Hausdurchsuchungen stießen Polizeibeamte auf selbstgebaute Waffen, tausende Schuss Munition und Sprengstoff.
Das imaginäre Kaiserreich
Weil sie mit diesem Arsenal den "Zusammenbruch der staatlichen Ordnung" vorbereitet haben sollen, schätzen Ermittler sie als "Reichsbürger" ein. Anhänger dieser Ideologie lehnen häufig die Existenz der Bundesrepublik Deutschland ab und beharren darauf, Bürger eines Kaiserreiches zu sein. Neben den Verstößen gegen das Waffenrecht geht es im Falle des selbsternannten Druiden auch um Volksverhetzung.
Der Offenbacher Blogger Oliver Gottwald beobachtet seit Jahren die Szene rechter Verschwörungstheoriker – auch weil immer wieder obskure Einsprüche gegen Bußgelder oder Behördenbescheide auf dem Schreibtisch des Rechtspflegers landen. "Es geht darum, Behörden lahmzulegen. Es ist eine heterogene Szene, aber es gibt auch Extremisten mit engen Verknüpfungen zu Rechtsterroristen", sagt Gottwald.
Skurriler Touristenführer
Burghard B. ist kein Unbekannter: Als "Burgos von Buchonia" trat der Mann öffentlichkeitswirksam in Erscheinung. Mit grauem Vollbart, weißer Kutte, rotem Umhang und Sichel erinnert er an die Figur des Druiden Miraculix aus den Asterix-Comics. So führte er Touristen durch die Wälder, vorzugsweise in der Rhön. Kräuterkunde, Handauflegen und Räucher-Rituale gehörten zum Esoterik-Programm.
Hinter dem kauzigen Outfit verbarg B. ein krudes Weltbild. Dem hr liegen Screenshots seiner Beiträge in sozialen Medien vor. Sein Selbsterhaltungstrieb sage ihm, dass er "die Juden und Moslems vernichten" müsse - so schreibt er. Er fantasiert auch von einer "Säuberungsaktion stalinistischen Ausmaßes". B. nimmt dabei den demokratischen Staat und Politiker ins Visier. Die Bundesrepublik Deutschland, so glaubt er offenbar, sei nicht souverän sondern "besetzt", und "das Deutsche Reich von 1871" existiere bis heute.
Eine für die "Reichsbürger"-Ideologie typische Vorstellung. Die Szene sei gefährlich, sagt Experte Gottwald: "Es fällt immer wieder auf, dass sie Waffen horten, weil sie sich im Widerstandskampf sehen." Polizisten sind in diesem Weltbild bewaffnete Söldner, gegen die man sich zur Wehr setzen muss. Das Landesamt für Verfassungsschutz geht von rund 1.000 teils extremistischen "Reichsbürgern" in Hessen aus.
Marine, Kaufmannslehre, Versicherung
Spricht man mit dem Bruder des "Druiden", dann erfährt man: Burghard B. hat den Grundwehrdienst bei der Marine abgeleistet und dann eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann in Kassel gemacht. Es folgten - offenbar erfolglose - Stationen als Versicherungsvertreter. "Er wollte eigentlich nie Steuern zahlen“, sagt der Bruder. Bevor er sich in Hessen als keltischer Druide neu erfand, sei B. wegen Schulden in die Privatinsolvenz gegangen.
Burghard B. habe sich wohl in "radikalen Ansichten verrannt", meint sein Bruder und möchte gerne Nachsicht zeigen können. Vielleicht stehe B. ja unter dem falschen Einfluss und "meint das gar nicht so".
Bundesanwaltschaft wird aktiv
Ermittler sehen das anders. Der "Druide" aus Hessen gerät bereits 2017 ins Visier, bei einer bundesweiten Razzia fallen der Polizei Waffen und Munition in die Hände. Die Bundesanwaltschaft hat B. und fünf weitere Beschuldigte damals im Verdacht, eine terroristische Vereinigung gebildet zu haben.
Ein halbes Jahrzehnt später sind davon noch die Waffendelikte und im Fall des "Druiden" die Volksverhetzung als Anklagepunkte übrig geblieben. B. kam zwischenzeitlich auf freien Fuß. In dieser Zeit fordert er im Internet, dass der Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke "kein Einzelfall" bleiben dürfe.
Im Prozess gegen die vier Männer hat das Mannheimer Landgericht zehn Verhandlungstage angesetzt. Am 21. Januar soll es weitergehen. Zwei Angeklagte haben bereits ein Geständnis abgelegt, ein weiterer räumte einen Teil der Vorwürfe ein. Burghard B., der "Druide" aus Hessen, schwieg bislang im Gerichtssaal.