Pacht-Streit erhitzt Gemüter Die Schlacht um den Golfplatz von Waldeck
Wo heute Golfbälle fliegen, sollen bald Schwerter klirren: Auf dem idyllisch gelegenen Golfplatz in Waldeck ist ein Mittelalterfestival geplant – das sorgt für mächtig Aufruhr unter den Golfern.
Der Golfplatz auf dem Hügel über Waldeck wie aus dem Bilderbuch – und bald ein Ort für Ritterlager und Gaukler? In Waldeck gibt es Streit um ein geplantes Mittelalterfestival auf dem Golfgelände.
"In einem Loch im Boden lebte ein Hobbit", so lautet der erste Satz eines weltbekannten Fantasyepos. Das mit dem Loch im Boden – das haben ein paar Fantasy-Fans im nordhessischen Waldeck nun offenbar wörtlich genommen. Mit ihrem ganzen Mittelalter- und Fantasy-Festival möchten sie auf den örtlichen Golfplatz umsiedeln.
Die Golfer sollen dafür auf die Hälfte ihrer Fläche verzichten. Sie wird zum Schlachtfeld für Menschen mit Schaumstoffwaffen und zur Heimat für ein Mittelalterdorf. Auch wenn das eigentliche Festival nur einmal jährlich stattfindet, so soll die Nutzung dauerhaft an die Fantasy-Fans gehen.
Vom Golfplatz mit 18 Löchern könnten nur noch 9 übrig bleiben. Die anderen werden laut Plan geschlossen und wieder zu einer "extensiv genutzten Grünfläche".
So lauten jedenfalls die Pläne des Verpächters, der Waldeckischen Domanialverwaltung. Auf der bisherigen Veranstaltungsfläche des "Drachenfests" auf dem Quast in Diemelstadt (Waldeck-Frankenberg) soll eine Photovoltaikanlage gebaut werden.
Das Problem mit den Löchern
"Für mich ist das wirklich traurig", sagt Hartmut Voigt aus Waldeck. "Meine Frau und ich haben immer gesagt: Wenn wir mal in Rente gehen, wird das toll hier oben." Sie seien unter den ersten 100 Mitgliedern des Waldecker Golfclubs gewesen, seit 30 Jahren dabei. Jetzt, im Ruhestand, hätten sie viel Zeit zum Spielen. Doch die Aussichten sind düster.
Voigt würde dem Platz zwar auch bei einer Verkleinerung die Treue halten. Einen großen Platz fänden aber gerade die jüngeren Mitglieder viel reizvoller. "Und wenn wir keine neuen Mitglieder nachkriegen, dann ist das Ding zum Sterben verurteilt", sagt er.
In einer außerordentlichen Mitgliederversammlung werde in Kürze deshalb nicht nur über die Zukunft des Platzes, sondern auch über die des Clubs abgestimmt. Die interne Abstimmung über eine Kapitulation sozusagen.
Stirbt der Platz, stirbt der Club
Die Schlachtpläne liegen nämlich schon offen auf dem Tisch: Die Domanialverwaltung hat sich mit dem Drachenfest bereits auf einen Pachtvertrag verständigt. Wenn der Golfclub ihr Angebot zur Teilung des Platzes also nicht annimmt, läuft der gesamte Pachtvertrag zum Ende des Jahres aus. Dann verliert der Verein seinen Platz - und gilt laut Golfverband nicht mehr als Verein. Es wäre sein Ende.
Falls die Mehrzahl der Mitglieder sich aber doch mit einem kleinen Platz zufriedengibt, werde der ganze Vorstand zurücktreten, kündigt Präsident Horst Kleinschmidt im Gespräch mit hessenschau.de an. "Dann spiele ich hier nur noch Golf", sagt er. "Wir vom Vorstand wissen genau, dass das wirtschaftlich nicht machbar ist."
Wenn neun Löcher an das Drachenfest fielen, müssten die Mitgliedsbeiträge bei steigenden Kosten gesenkt werden. Jedes Loch sei zudem gesponsert. Die Hälfte der Sponsoren würde wegbrechen. Und die Touristen verlören das Interesse an der Anlage, die besonders wegen ihrer Größe beliebt sei.
Für Kleinschmidt gäbe es zum langfristigen Aus des Clubs nur eine Alternative: dass das Drachenfest woanders stattfindet. "Irgendwo ist bestimmt was frei", sagt er.
Drachenfest glücklich mit neuem Standort
Die Domanialverwaltung habe aber genau das schon geprüft, betont Geschäftsführer Hendrik Block. Die Größe und Erfordernisse der Logistik eines Festivals mit 6.000 Besuchern ließen aber nur den Golfplatz als Möglichkeit zu. Auch auf Seiten des Drachenfestss seien die verschiedenen Optionen intensiv geprüft worden.
"Am Ende dieses Prozesses fiel die Wahl auf Waldeck", schreibt Drachenfest-Leiter Jannis Wick an hessenschau.de. Er freut sich schon auf die neue Location: "Das Gelände in Waldeck ermöglicht deutlich mehr Immersion: Durch seine landschaftliche Vielfalt lädt es die Teilnehmenden dazu ein, noch intensiver in die Natur und ihre Rolle einzutauchen."
5.000 ehrenamtliche Stunden in den Golfplatz gesteckt
Der Golfclub versteht das. 150.000 Euro für die Greenkeeper und 5.000 ehrenamtliche Stunden seien schießlich jährlich in die Pflege des Platzes geflossen.
"Wir waren eigentlich in der Erwartung, dass wir 2026 einen langfristigen Pachtvertrag bekommen, wie es im aktuellen Pachtvertrag drinsteht", sagt Kleinschmidt. Darauf habe der Verein hingearbeitet.
Neues Konzept soll wirtschaftlicher sein
Die Domanialverwaltung erklärt ihren Feldzug aber vor allem wirtschaftlich. Seit der Übernahme vom Eigentümer hatte der Club einen vergünstigten Pachtpreis erhalten. Deshalb sei für die Domanialverwaltung von Anfang an klar gewesen, dass dieser nach einigen Jahren wieder auf das Marktniveau angehoben werden müsse.
"Zu Gunsten der Städte und Gemeinden kann ich da ja nicht langfristig auf Pachteinnahmen verzichten, die unter dem Niveau derer liegen, die ich normalerweise erwirtschaften würde", sagt Geschäftsführer Block. Der Club habe in mehreren Runden seine Chance gehabt, das Drachenfest am Ende aber schlicht das wirtschaftlichere Angebot gemacht.
Golfclub fühlt sich hintergangen
Von der Stadt fühlen sich die Golfer alleingelassen, von der Domanialverwaltung hintergangen. Einen marktüblichen Zins hätte der Verein stemmen können, sagen die Verantwortlichen. Insgesamt habe es aber nur drei Termine gegeben, bei denen Angebote abgefragt wurden.
"Letztes Mal haben wir gesagt, wir zahlen einen Hunderter pro Monat mehr", sagt Präsident Kleinschmidt. Das Angebot sei auch zehnfach erhöhbar gewesen. Der Club habe aber nie eine Forderung von der Domanialverwaltung erhalten.
Zukunft des Platzes eigentlich schon entschieden
"Wir haben von Anfang an probiert, auf eine multifunktionale Nutzung der Flächen zu setzen", erwidert Block. Gemeinsam mit dem Golfclub und den Drachenfestlern seien Gespräche geführt und die Flächen begangen worden. Alle seien zu dem Ergebnis gekommen: Eine zeitgleiche oder zeitversetzte Nutzung der Flächen funktioniert nicht.
Die Entscheidung der domanialverwalterischen Betriebskommission zu einer Aufteilung des Platzes ist daher schon gefallen. Nur die Frage, ob der Golfclub seine Hälfte weiter nutzen wird - die muss sich in den letzten Zügen dieses Kampfes noch entscheiden.