Pacht-Streit erhitzt Gemüter Die Schlacht um den Golfplatz von Waldeck

Wo heute Golfbälle fliegen, sollen bald Schwerter klirren: Auf dem idyllisch gelegenen Golfplatz in Waldeck ist ein Mittelalterfestival geplant – das sorgt für mächtig Aufruhr unter den Golfern.

Ein Holzschwert steckt neben einem Schaumstoffschild vor einer Golffahne auf dem Rasen eines Golfplatzes
Schaumstoffschwert oder Golf-Eisen? Die Zukunft am Golfplatz Waldeck ist ungewiss. Bild © Leander Löwe/hr

Der Golfplatz auf dem Hügel über Waldeck wie aus dem Bilderbuch – und bald ein Ort für Ritterlager und Gaukler? In Waldeck gibt es Streit um ein geplantes Mittelalterfestival auf dem Golfgelände.

"In einem Loch im Boden lebte ein Hobbit", so lautet der erste Satz eines weltbekannten Fantasyepos. Das mit dem Loch im Boden – das haben ein paar Fantasy-Fans im nordhessischen Waldeck nun offenbar wörtlich genommen. Mit ihrem ganzen Mittelalter- und Fantasy-Festival möchten sie auf den örtlichen Golfplatz umsiedeln.

Die Golfer sollen dafür auf die Hälfte ihrer Fläche verzichten. Sie wird zum Schlachtfeld für Menschen mit Schaumstoffwaffen und zur Heimat für ein Mittelalterdorf. Auch wenn das eigentliche Festival nur einmal jährlich stattfindet, so soll die Nutzung dauerhaft an die Fantasy-Fans gehen.

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Vom Golfplatz mit 18 Löchern könnten nur noch 9 übrig bleiben. Die anderen werden laut Plan geschlossen und wieder zu einer "extensiv genutzten Grünfläche".

So lauten jedenfalls die Pläne des Verpächters, der Waldeckischen Domanialverwaltung. Auf der bisherigen Veranstaltungsfläche des "Drachenfests" auf dem Quast in Diemelstadt (Waldeck-Frankenberg) soll eine Photovoltaikanlage gebaut werden.

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Wer ist die Waldeckische Domanialverwaltung?

Die Waldeckische Domanialverwaltung ist ein Eigenbetrieb des Landkreises Waldeck-Frankenberg. Nach der Absetzung des Fürsten im Jahr 1918 als ein spezielles Konstrukt zwischen dem Fürstenhaus und dem Freistaat Waldeck-Pyrmont geschaffen, liegen ihre Aufgaben heute in dem Erhalt der historischen Stätten des Kreises und dem Erwirtschaften und Auszahlen von Gewinnen an die Städte und Gemeinden.

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Das Problem mit den Löchern

"Für mich ist das wirklich traurig", sagt Hartmut Voigt aus Waldeck. "Meine Frau und ich haben immer gesagt: Wenn wir mal in Rente gehen, wird das toll hier oben." Sie seien unter den ersten 100 Mitgliedern des Waldecker Golfclubs gewesen, seit 30 Jahren dabei. Jetzt, im Ruhestand, hätten sie viel Zeit zum Spielen. Doch die Aussichten sind düster.

Voigt würde dem Platz zwar auch bei einer Verkleinerung die Treue halten. Einen großen Platz fänden aber gerade die jüngeren Mitglieder viel reizvoller. "Und wenn wir keine neuen Mitglieder nachkriegen, dann ist das Ding zum Sterben verurteilt", sagt er.

In einer außerordentlichen Mitgliederversammlung werde in Kürze deshalb nicht nur über die Zukunft des Platzes, sondern auch über die des Clubs abgestimmt. Die interne Abstimmung über eine Kapitulation sozusagen.

Ein älterer Mann steht auf dem Golfplatz und blickt ernst in die Kamera
Hobbygolfer Hartmut Voigt hatte sich auf seinen Ruhestand auf dem 18-Loch-Golfplatz gefreut. Bild © Leander Löwe/hr

Stirbt der Platz, stirbt der Club

Die Schlachtpläne liegen nämlich schon offen auf dem Tisch: Die Domanialverwaltung hat sich mit dem Drachenfest bereits auf einen Pachtvertrag verständigt. Wenn der Golfclub ihr Angebot zur Teilung des Platzes also nicht annimmt, läuft der gesamte Pachtvertrag zum Ende des Jahres aus. Dann verliert der Verein seinen Platz - und gilt laut Golfverband nicht mehr als Verein. Es wäre sein Ende.

Falls die Mehrzahl der Mitglieder sich aber doch mit einem kleinen Platz zufriedengibt, werde der ganze Vorstand zurücktreten, kündigt Präsident Horst Kleinschmidt im Gespräch mit hessenschau.de an. "Dann spiele ich hier nur noch Golf", sagt er. "Wir vom Vorstand wissen genau, dass das wirtschaftlich nicht machbar ist."

Golfplatz Waldeck Streit
Sie fürchten um ihren Verein: Präsident Horst Kleinschmidt (l.) und Spielführer Stefan Schaller (r.) vom Golfclub Waldeck am Edersee. Bild © Leander Löwe/hr

Wenn neun Löcher an das Drachenfest fielen, müssten die Mitgliedsbeiträge bei steigenden Kosten gesenkt werden. Jedes Loch sei zudem gesponsert. Die Hälfte der Sponsoren würde wegbrechen. Und die Touristen verlören das Interesse an der Anlage, die besonders wegen ihrer Größe beliebt sei.

Ein Schild mit Sponsoren steht vor einem idyllischen Tal
Sponsoren an jedem Loch: Wenn die Hälfte wegfiele, würde der Platz unwirtschaftlich, sagt der Präsident. Auf dem Hang im Hintergrund soll das Drachenfest stattfinden. Bild © Leander Löwe/hr

Für Kleinschmidt gäbe es zum langfristigen Aus des Clubs nur eine Alternative: dass das Drachenfest woanders stattfindet. "Irgendwo ist bestimmt was frei", sagt er.

Drachenfest glücklich mit neuem Standort

Die Domanialverwaltung habe aber genau das schon geprüft, betont Geschäftsführer Hendrik Block. Die Größe und Erfordernisse der Logistik eines Festivals mit 6.000 Besuchern ließen aber nur den Golfplatz als Möglichkeit zu. Auch auf Seiten des Drachenfestss seien die verschiedenen Optionen intensiv geprüft worden.

"Am Ende dieses Prozesses fiel die Wahl auf Waldeck", schreibt Drachenfest-Leiter Jannis Wick an hessenschau.de. Er freut sich schon auf die neue Location: "Das Gelände in Waldeck ermöglicht deutlich mehr Immersion: Durch seine landschaftliche Vielfalt lädt es die Teilnehmenden dazu ein, noch intensiver in die Natur und ihre Rolle einzutauchen."

Drachenfest-Besucher üben eine Kampfszene des Rollenspiels.
Drachenfest-Besucher bei einer Kampfszene des Rollenspiels. Bild © picture-alliance/dpa

5.000 ehrenamtliche Stunden in den Golfplatz gesteckt

Der Golfclub versteht das. 150.000 Euro für die Greenkeeper und 5.000 ehrenamtliche Stunden seien schießlich jährlich in die Pflege des Platzes geflossen.

"Wir waren eigentlich in der Erwartung, dass wir 2026 einen langfristigen Pachtvertrag bekommen, wie es im aktuellen Pachtvertrag drinsteht", sagt Kleinschmidt. Darauf habe der Verein hingearbeitet.

Neues Konzept soll wirtschaftlicher sein

Die Domanialverwaltung erklärt ihren Feldzug aber vor allem wirtschaftlich. Seit der Übernahme vom Eigentümer hatte der Club einen vergünstigten Pachtpreis erhalten. Deshalb sei für die Domanialverwaltung von Anfang an klar gewesen, dass dieser nach einigen Jahren wieder auf das Marktniveau angehoben werden müsse.

"Zu Gunsten der Städte und Gemeinden kann ich da ja nicht langfristig auf Pachteinnahmen verzichten, die unter dem Niveau derer liegen, die ich normalerweise erwirtschaften würde", sagt Geschäftsführer Block. Der Club habe in mehreren Runden seine Chance gehabt, das Drachenfest am Ende aber schlicht das wirtschaftlichere Angebot gemacht.

Ein Mann mit Krawatte und Anzug steht vor einem schönen roten Steingebäude aus dem Barock und lächelt in die Kamera.
Der Geschäftsführer waldeckischen Domanialverwaltung Hendrik Block hofft noch auf eine einvernehmliche Lösung. Bild © Leander Löwe/hr

Golfclub fühlt sich hintergangen

Von der Stadt fühlen sich die Golfer alleingelassen, von der Domanialverwaltung hintergangen. Einen marktüblichen Zins hätte der Verein stemmen können, sagen die Verantwortlichen. Insgesamt habe es aber nur drei Termine gegeben, bei denen Angebote abgefragt wurden.

"Letztes Mal haben wir gesagt, wir zahlen einen Hunderter pro Monat mehr", sagt Präsident Kleinschmidt. Das Angebot sei auch zehnfach erhöhbar gewesen. Der Club habe aber nie eine Forderung von der Domanialverwaltung erhalten.

Ein älterer Mann steht auf einer grünen Wiese und hat gerade einen Ball geschlagen, wodurch der Golfschläger hinter seinem Kopf erhoben in der Luft steht
Er spielt seit 30 Jahren hier: der Waldecker Hartmut Voigt. Bild © Leander Löwe/hr

Zukunft des Platzes eigentlich schon entschieden

"Wir haben von Anfang an probiert, auf eine multifunktionale Nutzung der Flächen zu setzen", erwidert Block. Gemeinsam mit dem Golfclub und den Drachenfestlern seien Gespräche geführt und die Flächen begangen worden. Alle seien zu dem Ergebnis gekommen: Eine zeitgleiche oder zeitversetzte Nutzung der Flächen funktioniert nicht.

Die Entscheidung der domanialverwalterischen Betriebskommission zu einer Aufteilung des Platzes ist daher schon gefallen. Nur die Frage, ob der Golfclub seine Hälfte weiter nutzen wird - die muss sich in den letzten Zügen dieses Kampfes noch entscheiden.

Sendung: hr1,

Quelle: hessenschau.de