Zwei Frauen schwimmen im Außenbecken

Während manche Schwimmbäder ihre Wassertemperaturen senken, soll die Therme im Niddaer Stadtteil Bad Salzhausen sogar ganz geschlossen werden. Der Grund: Steigende Energiekosten, Sanierungsstau, zu wenig Besucher. Im Ort formiert sich Widerstand gegen die Entscheidung.

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Streit um Therme in Bad Salzhausen

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Das Wasser ist heiß. Ganz besonders heiß sogar: Mit 32 Grad im Innenbecken und 28 Grad im Außenbecken ist die Therme in Bad Salzhausen bekannt für ihre angenehme Wassertemperatur. Und nicht nur das: Das Solewasser aus den örtlichen Quellen soll sogar heilsam sein, etwa für Menschen mit Rheuma, Atemwegserkrankungen oder Herz-Kreislauf-Beschwerden. Schon im 19. Jahrhundert bescheinigte Chemiker Justus von Liebig dem wundersamen salzhaltigen Wasser eine gesundheitsförderliche Wirkung.

Doch die heißen Thermalbecken von Bad Salzhausen gehören wohl bald der Vergangenheit an. Denn: Die Justus-von-Liebig-Therme gilt als energetisches Fass ohne Boden. Schon Ende September soll die Einrichtung schließen und dann im kommenden Jahr abgerissen werden, zum Ärger vieler Bürgerinnen und Bürger vor Ort, für die die Entscheidung der Stadt sehr plötzlich kam. Rund 150 Menschen versammelten sich deshalb am Mittwoch zu einer spontanen Protestaktion vor der Therme.

"Unter energetischen Aspekten ist die Therme eine Katastrophe"

Der Grund für den Abriss: Die Stadt muss aus finanziellen Gründen "die Reißleine ziehen", wie es aus dem Rathaus heißt. Niddas Bürgermeister Thorsten Eberhard (CDU) erklärt: Das vierzig Jahre alte Gebäude habe einen enormen Sanierungsstau, die Therme sei schon lange defizitär. Hinzu kämen nun die rasant steigenden Kosten durch die sich abzeichnende Energiekrise. Die Stadt fürchtet: Im kommenden Jahr könnte eine Million Euro für Strom und Gas fällig werden, also mehr als doppelt so viel wie bisher. "Unter energetischen Aspekten ist die Therme eine Katastrophe", so Eberhard.

Der Bürgermeister sagt: "In Zeiten, in denen Privathaushalte und Unternehmen zum Energiesparen angehalten werden, müssen wir mit gutem Beispiel vorangehen." Zudem seien auch die Zahlen von rund 50.000 Besuchen pro Jahr nicht mehr zukunftsfähig. In Bad Nauheim und Bad Vilbel - etwa 25 beziehungsweise 45 Kilometer entfernt – entstehen außerdem derzeit nagelneue Thermen. Eberhard ist überzeugt: Damit könne Bad Salzhausen selbst bei einer Sanierung langfristig nicht konkurrieren.

Weil ein kompletter Thermen-Neubau rund 50 Millionen Euro kosten würde, kommt das für die Stadt Nidda nicht in Frage. Zudem soll zeitgleich auch das örtliche Hallenbad in Nidda abgerissen und neu gebaut werden. Auf dem Grundstück der Therme soll ein Gesundheitszentrum entstehen - zwar auch mit Angeboten rund um Salz und Sole, aber eben ohne Thermalbecken. Beide Neubauten sollen mit Blockheizkraftwerken betrieben werden.

Sorgen um Gesundheit und finanzielle Existenz

Stammkunden, Ladenbesitzer und Anwohner trifft die Schließung nun zum Teil hart. Rheumapatientinnen wie Christel Körner befürchten, dass sie in den verbleibenden zwei Monaten keinen alternativen Therapieplatz finden können und in Zukunft lange Wege auf sich nehmen müssen. Körner berichtet: Sie komme derzeit jede Woche her und spüre den positiven Effekt deutlich an ihrer Gesundheit. "Ich finde es ganz schrecklich, wenn das jetzt zugemacht wird."

Auch Betreiber von Ferienwohnungen oder Geschäften im Ort sorgen sich um finanzielle Einbußen, wenn weniger Menschen nach Bad Salzhausen kommen. Eine Eisdielenbesitzerin hat den Laden direkt neben der Therme erst vor eineinhalb Jahren übernommen. Mit dem Thermen-Aus sieht sie auch ihre Existenz gefährdet. Immerhin: Die Stadt hat angekündigt, dass alle Angestellten der Therme an anderer Stelle weiterbeschäftigt werden sollen.

Kritik: Bürger nicht genug beteiligt

Ortsvorsteher Hans-Joachim Schwarz ist überzeugt: "Wenn die Therme zu ist, kann man in Bad Salzhausen die Bordsteine hochklappen." Er verstehe zwar durchaus die wirtschaftlichen Hintergründe, kritisiert aber, dass Bürgerinnen und Bürger nicht genug an der Entscheidung beteiligt worden seien.

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Therme in Bad Salzhausen vor dem Abriss

Büste im Schwimmbad
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Laut Bürgermeister Eberhard sei die Entscheidung vor der Veröffentlichung ganz bewusst im kleinen Kreis getroffen worden, vor allem, um lange Zeiten der Ungewissheit im Personal oder Panik im Ort zu vermeiden. "Wir wissen, dass die Therme für die Menschen in Bald Salzhausen ein sensibles Thema ist – aber wir mussten eine Zukunftsentscheidung für den Kurort treffen." So etwas könne auch mal weh tun, so der Politiker.

Aussprache im September

In die Planung für das Konzept des neuen Gesundheitszentrums will die Stadt die Bürgerinnen und Bürger durchaus mit einbinden. Der Neubau soll schon bis 2027 fertig sein, wenn in der Region Oberhessen die Landesgartenschau stattfindet.

Der Ortsbeirat hat derweil noch ganz andere Hoffnungen: Im September, also kurz vor der geplanten Schließung, soll es eine Aussprache mit dem Bürgermeister geben. Der Ortsbeirat will die Stadt davon überzeugen, die Therme doch etwas länger offen zu lassen, am liebsten bis Anfang 2023 – egal wie viel es kostet.

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