Hände mit blauen Schutzhandschuhen geben eine Spritze in den Oberarm einer Frau.

Bringt eine Corona-Impfung Langzeitnebenwirkungen mit sich? Macht sie gar unfruchtbar? Manche Ängste vor einem potenziell lebensrettenden Piks halten sich hartnäckig, auch wenn sie unbegründet sind.

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Faktencheck zur Corona-Impfung

hessenschau vom 1.12.2021
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Auch fast ein Jahr nach Beginn der Impfkampagne halten sich manche Ängste, Fragen und Mythen rund um die Corona-Impfung. Wie kommen die Falschmeldungen zustande, und wie sieht der aktuelle Forschungsstand aus?

Ändert die Impfung den weiblichen Zyklus?

Zyklusveränderungen wurden nach Corona-Impfungen immer wieder beobachtet, sind laut Robert-Koch-Institut (RKI) aber nicht ursächlich für Menstruationsauffälligkeiten. Nach Auskunft von Frauenarzt Klaus Doubek aus Wiesbaden handelt es sich dabei um eine Aktivierung des Immunsystems, "so wie Zyklusveränderungen auch im Zusammenhang mit Stress, Reisen, Zeitverschiebungen, Infektionen, Fieber, Schichtdienst, Reisen und Schilddrüsenerkrankungen auftreten können". Im Vergleich zu ungeimpften Frauen hätten geimpfte Frauen nicht größere Schwierigkeiten damit, schwanger zu werden.

Von 47 Millionen geimpften Frauen in Großbritannien meldeten rund 30.000 Frauen Auffälligkeiten bei der Menstruationsblutung nach der Impfung. Nach Erkenntnissen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern handelt es sich um seltene Ereignisse, die nach ein bis zwei Zyklen wieder verschwinden und auch nach Impfungen mit herkömmlichen Tot-Impfstoffen auftreten können.

Macht die Corona-Impfung unfruchtbar?

Laut RKI ähneln sich das Spike-Protein des Coronavirus und das Plazenta-Bildungsprotein Syncytin-1 in sehr geringem Maß. Daraus wurde fälschlicherweise abgeleitet, dass sich das vom Körper nach der Corona-Impfung erzeugte Antikörperprotein auch gegen das Plazenta-Protein richtet. Würde die Corona-Impfung unfruchtbar machen, müsste auch die Infektion mit Sars-CoV-2 unfruchtbar machen. Das wurde laut RKI weltweit nicht beobachtet.

Schädigt eine Corona-Impfung einem ungeborenen Kind?

Nach aktueller Studienlage kommen Abbrüche bis zur 19. Schwangerschaftswoche, Totgeburten und Fehlbildungen nach einer Corona-Impfung in der Schwangerschaft nicht gehäuft vor. Außerdem, so der Wiesbadener Frauenarzt Klaus Doubek, sei es bei einer mRNA-Impfung nicht möglich, dass Impfstoff oder das vom Körper produzierte Spike-Protein zum ungeborenen Baby gelangt.

Frauen werde eine Corona-Impfung ab der 14. Schwangerschaftswoche empfohlen, weil auch bekannte Impfungen wie Influenza oder Keuchhusten ab dem zweiten Trimester empfohlen werden. "Das liegt daran, dass in den ersten Wochen viele Schwangerschaften verloren gehen und man jeden Verdacht vermeiden möchte, dass eine Impfung etwas damit zu tun haben könnte", sagt Doubek. Bei vorerkrankten Schwangeren mit erhöhtem Risiko für einen schweren Verlauf könne die Impfung auch in den ersten Wochen der Schwangerschaft durchgeführt werden.

Wie funktioniert eine Corona-Impfung mit einem mRNA-Stoff?

Wer eine mRNA-Impfung (derzeit mit den Stoffen von Biontech und Moderna) erhält, bekommt die Bauanleitung für das Spike-Protein des Coronavirus geimpft. Das ist ein Oberflächenprotein, das das Virus benötigt, um in menschliche Zellen einzudringen. Als Folge der Impfung stellen die eigenen Körperzellen das Spike-Protein selbst her, wie das RKI erläutert. Im nächsten Schritt erkennt das Immunsystem das Protein als fremd an und bildet Antikörper und Abwehrzellen dagegen. mRNA-Impfstoffe werden nach einigen Tagen abgebaut, weswegen der Körper dann keine Spike-Proteine mehr herstellt.

Verändert der mRNA-Impfstoff das menschliche Erbgut?

Nach Angaben des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) besteht kein Risiko, dass mRNA aus dem Impfstoff in die menschliche DNA integriert wird. Die DNA befinde sich im Zellkern, wohin mRNA normalerweise nicht gelange. Damit das geschehen könnte, müssten bestimmte Enzyme vorhanden sein, die mRNA in DNA umschreiben, in den Zellkern transportieren und in das Erbgut integrieren. Das ist laut PEI eine äußerst unwahrscheinliche und bisher nicht beobachtete Abfolge von Reaktionen. Ohnehin baue der Körper den mRNA-Impfstoff nach einigen Tagen ab.

mRNA steht für Messenger-Ribonukleinsäure, also Boten-RNA. Sie kommt in allen menschlichen Zellen vor und übermittelt wichtige Informationen für den Aufbau von Proteinen.

Ist es nicht zu früh, um Langzeitnebenwirkungen auszuschließen?

"Nebenwirkungen, die erst Jahre nach einer Impfung auftreten, sind bei Impfstoffen nicht bekannt", schreibt das Paul-Ehrlich-Institut auf seiner Webseite zu Fragen rund um Corona. Aus jahrzehntelanger Erfahrung sei bekannt, dass die meisten Nebenwirkungen innerhalb weniger Stunden oder Tage nach der Impfung einträten. In seltenen Fällen komme es vor, dass erst nach Wochen oder wenigen Monaten Impfstoffnebenwirkungen aufträten beziehungsweise erkannt würden.

Muss man Angst vor seltenen Nebenwirkungen haben?

Zugelassene Impfstoffe werden von internationalen und nationalen Behörden beobachtet, mögliche Seiteneffekte von Impfstoffen genau geprüft. Tritt einer auf, wird die Liste potenzieller Nebenwirkungen unter Angabe ihrer statistischen Wahrscheinlichkeit ergänzt, so wie das bei den Corona-Impfstoffen von Moderna und Astrazeneca der Fall war. Das Paul-Ehrlich-Institut, das Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel, veröffentlicht regelmäßig Sicherheitsberichte. Das PEI sammelt entsprechende Meldungen.

Von Ende Dezember 2020 bis Ende September 2021 wurden beim Paul-Ehrlich-Institut 172.188 Verdachtsfälle von Nebenwirkungen oder Impfkomplikationen nach Corona-Impfungen bundesweit registriert. Laut RKI wurden in diesem Zeitraum 107.888.714 Impfdosen verabreicht. Für alle Nebenwirkungen (und alle Impfstoffe zusammen) gab es 1,6 Meldungen pro 1.000 Impfdosen, für schwerwiegende Reaktionen lag die Rate bei 0,2.

Warum wird Menschen mit einem guten Immunsystem eine Impfung empfohlen?

Matthias Bollinger, Arzt beim Deutschen Roten Kreuz Hessen, betont: "Je mehr Immunsysteme durch die Impfung gelernt haben, mit der Infektion schnell fertig zu werden, umso weniger Menschen transportieren das Virus von Mensch zu Mensch." Geimpfte könnten das Virus zwar weitertragen, allerdings seien sie für kürzere Zeit infektiös und trügen weniger Viren in sich, falls sie sich trotz Impfung infizierten.

Auch das Robert-Koch-Institut weist darauf hin: Durch die Impfung könne eine Herdenimmunität in relativ kurzer Zeit aufgebaut werden. Dafür müssen nach Angaben des RKI 85 Prozent der 12- bis 59-Jährigen und 90 Prozent der über 60-Jährigen geimpft sein.

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