Land unterstützt Suchthilfe Finanzielle Rettung für Hof Fleckenbühl

Hof Fleckenbühl in Cölbe öffnet Drogen- und Alkoholabhängigen einen hessenweit einzigartigen Weg aus ihrer Sucht. Für die öffentliche Förderung war das Konzept zu speziell. Nun sichert das Land die Finanzierung der Suchthilfeeinrichtung.
Je freier man atmet, je mehr lebt man. Auf diese Formel brachte es der Schriftsteller Theodor Fontane. Für den alternativen Suchthilfe-Bauernhof Fleckenbühl in Cölbe (Marburg-Biedenkopf) gilt Fontanes Weisheit buchstäblich: Die Beschäftigten und Bewohner des Hofes können nach Jahren der finanziellen Beschränkung aufatmen. Das Land Hessen unterstützt den Träger der Suchthilfeeinrichtung künftig jährlich mit bis zu 800.000 Euro, um deren Betrieb sicherzustellen.
"Ein Gewinn für suchtkranke Personen, die bei den Fleckenbühlern eine besondere Gemeinschaft finden", teilte Sozial- und Integrationsminister Kai Klose (Grüne) dazu am Dienstag mit. "Hier finden Menschen einen Platz, die suchtkrank waren und wieder am gesellschaftlichen Leben teilhaben können, weil sie es hier geschafft haben, 'clean' oder 'trocken' zu leben."
Umgeben von Kühen, Feldern und Landmaschinen
Viele der Drogen- und Alkoholabhängigen, die dorthin kommen, haben schon alles hinter sich: Psychotherapie, Gefängnisaufenthalt, Leben auf der Straße, Methadon-Programme. Auf Hof Fleckenbühl leben und arbeiten sie zusammen in einer engen, komplett abstinenten Gemeinschaft, umgeben von Kühen, Feldern und Landmaschinen. Derzeit sind es nach Angaben des Trägers mehr als 200 Menschen.
Land sprang schon zweimal ein
Die Finanzierung der Einrichtung bereitete in den vergangenen Jahren immer wieder Sorgen. Ihr besonderes Konzept war auch ein Problem: Handelt es sich um eine Einrichtung oder eine große, besonders gut organisierte Selbsthilfegruppe? Zwischenzeitlich stand der Hof, auf dem Abhängige ganz ohne Therapeuten und Ärzte einen Weg aus ihrer Sucht finden können, vor dem finanziellen Aus. Schon zweimal sprang das Land ein, gewährte mit befristeten Zusagen aber lediglich Atempausen.
Nun atmet Roland Meyer auf. "Mit diesem Ergebnis ist sichergestellt, dass wir unsere Suchthilfearbeit weiterführen können", sagte der Vorstandsvorsitzende der Fleckenbühler am Dienstag. "Wir sind erleichtert, dass nun keine Lösung für den Übergang gefunden wurde - sondern eine dauerhafte."
Autonomie der Bewohner und Arbeitsmarktorientierung
Entscheidend dafür war "die große Veränderungsbereitschaft", die Sozialminister Klose lobte: "Die Fleckenbühler haben ihr Konzept im Sinne einer Stärkung der Autonomie der Bewohner und einer offenen Arbeitsmarktorientierung verändert."
Was das konkret heißt? "Unsere Bewohnerinnen und Bewohner werden schneller wieder in die Lage gebracht, dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen", erklärt Meyer. Das müssen sie, um vom Jobcenter finanziert werden zu können. Weil sie aber nicht nur ihre Drogen- oder Alkoholabhängigkeit besiegen, sondern sich auch gesellschaftlich wieder eingliedern sollen, benötigen sie aber erst einmal Zeit.
Zwei-Phasen-Modell
Auf Hof Fleckenbühl absolvieren sie nun ein Zwei-Phasen-Modell: In der Orientierungsphase vom ersten bis zum sechsten Monat finanziert das Land die anteiligen Kosten von Unterkunft, Verpflegung, Betreuung und Krankenkassenbeiträgen der Bewohner. Ab dem siebten Monat beginnt eine auf höchstens eineinhalb Jahre begrenzte Stabilisierungs- und Eingliederungsphase, in der die örtlichen Sozialhilfeträger oder Jobcenter im Kreis Marburg-Biedenkopf oder der Stadt Frankfurt für die Kosten aufkommen.