Innensicht eines Reisebusses, in dem sich Kisten mit Hilfsgütern stapeln.

In Darmstadt ist ein Hilfstransport in Richtung der ukrainisch-slowakischen Grenze aufgebrochen. Der Reisebus soll zuerst Hilfsgüter in das Kriegsgebiet bringen und danach Geflüchtete nach Hessen holen.

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Hilfskonvoi für Ukraine

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Vor dem Kongresszentrum Darmstadtium findet sich an diesem späten Montagabend eine Menschenkette an einem rot-weiß lackierten Reisebus zusammen. Menschen in dicken Jacken schleppen kistenweise Gepäck, im Scheinwerferlicht reichen sie sich gegenseitig Säcke und Pakete an, die dann im Inneren des Busses landen - im Gepäckraum, auf den Sitzen, im Stauraum - kein Zentimeter bleibt ungenutzt. Die Güter sind wichtig: Sie werden von Darmstadt aus als Hilfe für die Zivilbevölkerung ins Kriegsgebiet gebracht.

Der Plan: Der Bus soll Hilfsgüter an die ukrainisch-slowakische Grenze bringen und anschließend nach Angaben der Stadt 45 Geflüchtete aus der Partnerstadt Uzhhorod nach Darmstadt bringen. Organisiert wurde der Transport vom Verein "Partnerschaft Deutschland-Ukraine/Moldova" mit Unterstützung der Stadt Darmstadt.

Weitere Informationen

Erste Ukraine-Geflüchtete angekommen

In der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen in Gießen sind die ersten Geflüchteten aus der Ukraine angekommen. Am Montagabend seien es 16 Menschen gewesen, teilte das Regierungspräsidium Gießen am Dienstag der Nachrichtenagentur epd mit. Hessen habe noch keine Zuständigkeit für Flüchtlinge aus dem Kriegsland, diese liege beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Dennoch sei man auf mögliche höhere Flüchtlingszahlen vorbereitet. Die Geflüchteten aus der Ukraine müssen demnach wegen der Corona-Pandemie erst einmal für 14 Tage in Quarantäne.

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"Die Menschen in der Ukraine, die seit Donnerstag von Russland angegriffen werden, brauchen in dieser dramatischen Situation jetzt unsere Solidarität sowie schnelle und unkomplizierte Hilfe", erklärt Oberbürgermeister Jochen Partsch (Grüne), der selbst beim Einladen hilft.

In einer Halle stehen gestapelt dutzende Kisten und Plastiktüten gefüllt mit Kissen, Isomatten, Schlafsäcken und Decken.

Schlafsäcke, Decken und Hygieneprodukte

Partsch sagt dem hr, die Hilfsaktion löse bei ihm Freude und Hoffnung aus: "Eine große Freude über die Welle der Solidarität und Hilfsbereitschaft der Darmstädter Bürgerschaft und die Hoffnung, dass es uns gelingt, möglichst viel von den Hilfsmaterialien tatsächlich auch an die hilfsbedürftigen Menschen zu bringen."

Gesammelt wurden Schlafsäcke, Decken, Hygieneprodukte - gespendet vor allem von den Darmstädter Bürgerinnen und Bürgern. Allein das städtische Klinikum stellte nach Angaben der Stadt medizinische Ausrüstung und Medikamente im Wert von 10.000 Euro bereit.

Taschenlampen und Teelichter für Stromausfälle

Eine junge Frau in Daunenjacke steht in einer Halle und lächelt in die Kamera.

Auch Alisa Link hat spontan Spenden ins Kongresszentrum gebracht, zusammen mit ihren WG-Mitbewohnern. Die 25-Jährige hat von einer Bekannten per Whatsapp von dem Hilfstransport erfahren. "Mir ist es wichtig, meinen Teil mitzugeben", sagt Link. "Um den Menschen irgendwie helfen zu können aus meiner hilflosen, machtlosen Position heraus - da sind Spenden wahrscheinlich das beste, was ich im Moment machen kann."

Sie sei überrascht gewesen, dass sogar Taschenlampen und Teelichter für Stromausfälle gebraucht würden, erklärt die Studentin. "Das führt vor Augen, was da für ein Notstand ist. Dass Güter, die wir für völlig normal halten, wie Essen und Strom, nicht vorhanden sind. Für die Menschen dort gibt es gerade keinen normalen Alltag."

Spontan zur Mitfahrt entschieden

Ein Mann mit Bart in einer Sweatshirtjacke sitzt auf der offenen Heckklappe eines grünen Kleintransporters.

Der Bus wird in dieser Nacht nicht alleine in Richtung Osteuropa starten - daneben steht ein grüner Kleintransporter. Dessen Besitzer, Paul Kothe, weiß erst seit wenigen Stunden, dass er im Konvoi mitfahren wird. "Wir haben erst nur so einen Witz gemacht, dass wir ja eigentlich mitfahren könnten", sagt der 28-Jährige, der im Kongresszentrum Darmstadtium arbeitet. "Damit sind wir bei den Organisatoren auf offene Ohren gestoßen." Während Kothe auf der Heckklappe des Transporters sitzt, wird hinter ihm die erste Matratze eingeladen.

"Ich finde es bedrückend, was gerade auf unserem Kontinent passiert", sagt Kothe. "Deswegen versuche ich die Leute, die es schlimmer getroffen hat, vor Ort zu unterstützen."

Mehr als 1.200 Kilometer bis zur ukrainischen Grenze

Um kurz nach Mitternacht ist es soweit. Der Reisebus rollt durch die leeren Straßen von Darmstadt in Richtung Autobahn. Die Stimmung wirkt halbwegs gelöst. Nur wenige Menschen sind an Bord: Neben zwei Fahrern sind eine ukrainische Dolmetscherin und Organisator Peter Ehry dabei. "Wir hoffen, dass wir mit dem, was wir dort hinfahren, die größte Not lindern", sagt er. Die Hilfsgüter stapeln sich fast bis unter die Decke. In den Gepäckablagen liegen warme Decken, auf den Sitzen stehen Kisten.

Am späten Dienstagabend soll der Bus das rund 1.200 Kilometer entfernte Košice in der Slowakei erreicht haben. Von dort ist es nicht mehr weit bis zur ukrainischen Grenze, wo auch Darmstadts Partnerstadt Uzhhorod liegt. Die große Hoffnung: Am Donnerstagabend wollen die Helferinnen und Helfer mit den 45 Geflüchteten aus der Ukraine zurück in Darmstadt sein.

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