Eine OP-Maske liegt auf einem Schultisch in einem Klassenzimmer. Im Hintergrund sind Schülerinnen und Schüler leicht verschwommen zu sehen.

Seit dem Ende der Maskenpflicht an Hessens Schulen melden Lehrerverbände steigende Infektionszahlen unter Schülern und Lehrkräften. Das Kultusministerium stellt weitere Lockerungen in Aussicht.

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Kritik an Corona-Lockerungen in Schulen

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"Die Omikron-Welle ist gebrochen, die Infektions- und Quarantänezahlen in unseren Schulen sinken deutlich" - so begründete Kultusminister Alexander Lorz (CDU) Anfang März den Wegfall der Maskenpflicht am Platz für Schülerinnen und Schüler.

Gut vier Wochen später zeigt die Kurve der Neuinfektionen allerdings wieder deutlich nach oben. Am Dienstag lag die Sieben-Tage-Inzidenz der Neuansteckungen pro 100.000 Einwohner bei 1.529, in der Altersgruppe der Fünf- bis 14-Jährigen sogar bei 2.528.

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An der Schule im Emsbachtal in Brechen (Limburg-Weilburg) etwa war der Krankenstand zuletzt nicht nur unter Schülerinnen und Schüler hoch. Laut Schulleiter Bernd T. Steioff fallen auch Lehrkräfte vermehrt aus; in der Spitze sei ein Viertel des Teams betroffen gewesen. "Das belastet das Kollegium und die Arbeitsmoral", stellt er fest: "Wir sind an der Kapazitätsgrenze."

Kultusministerium: Krankheitsquote unverändert

Das Kultusministerium beziffert den Corona-Kranken- und Quarantänestand in der Lehrerschaft hingegen aktuell auf durchschnittlich rund zweieinhalb Prozent. Das entspreche den Quoten der letzten Zeit, einen neuen Peak habe es nicht gegeben, heißt es aus Wiesbaden.

"Die Schulen sind nicht der Hotspot, an dem ein Großteil der Ansteckungen stattfindet. Das hat sich auch durch die Abschaffung der Maskenpflicht nicht geändert", bekräftigt Lorz erneut. Die steigenden Krankheitsfälle seien vielmehr im gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang zu betrachten, die Inzidenz unter Kindern wegen der regelmäßigen Testung sowieso nicht mehr aussagekräftig.

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An den Schulen selbst ist die Wahrnehmung aber eine andere. Die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die wegen einer Quarantänemaßnahme oder aufgrund einer eigenen Corona-Erkrankung fehlten, sei seit der zweiten März-Woche wieder deutlich angestiegen, berichtet die Gewerkschaft Erziehung und Wissen (GEW) Hessen. Beim Personal verhalte es sich genauso.

Philologenverband kritisiert vorschnelle Abschaffung

Auch der Vorsitzende des Hessischen Philologenverbands, Reinhard Schwab, berichtet, teilweise sei normaler Unterricht schon nicht mehr möglich. Das sei zwar nicht nur auf das Ende der Maskenpflicht zurückzuführen. Trotzdem sei es vorschnell gewesen, sie noch vor den Osterferien abgeschafft zu haben, so Schwab. Zumal es eine zumutbare und probate Maßnahme sei, um das Infektionsgeschehen an Schulen einzudämmen.

Kam die Lockerung also zu früh? Diese Debatte sei müßig, findet Kultusminister Lorz: "Natürlich hätten wir warten können, aber wenn es nicht sein musste, warum soll man die Kinder damit traktieren?" Die Maske sei im Unterricht ein Hindernis für den guten pädagogischen Austausch. "Deswegen war mir wichtig, dass sie von allen Maßnahmen als erstes fällt", so Lorz.

Sorge um Durchführung der Abiturprüfungen

Eine große Erleichterung über den Wegfall der Maskenpflicht hat der Landeselternbeirat derweil nicht gespürt. Im Gegenteil: Mit Blick auf die Ende April anstehenden Abiturprüfungen fürchtet der Vorsitzende Volkmar Heitmann für die Schülerinnen und Schüler neue Versäumnisse.

Weil es keinen flächendeckenden Distanzunterricht gab, hätten die erkrankten Schülerinnen und Schüler im Gegensatz zu den beiden vorherigen Corona-Jahrgängen den verpassten Stoff individuell nachholen müssen, sagt Heitmann.

Der Wegfall der Corona-Maßnahmen ab 2. April gefährde die Durchführung der Prüfungen nun zusätzlich - und nicht nur das: "Es suggeriert, dass alles vorbei wäre", meint Heitmann. Er ist sicher: "Im Herbst wird es wieder anziehen." Schon jetzt müssten die Klassenzimmer deshalb flächendeckend mit Luftfiltern ausgestattet werden.

Testpflicht soll im April weiter gelten

Der Kultusminister richtet den Blick unterdessen erst einmal auf die Gegenwart. "Wenn sich der Rest der Gesellschaft locker macht, macht es keinen Sinn, an den Schulen extra strenge Maßnahmen aufrecht zu erhalten", so Lorz.

Ab Anfang April habe die Landesregierung sowieso keine Handhabe mehr. Wegen des neuen Infektionsschutzgesetzes der Bundesregierung könne rechtlich nur noch die Testpflicht beibehalten werden. Zumindest bis Ende April sind für Schülerinnen und Schüler sowie das Lehrpersonal nach wie vor drei Tests pro Woche vorgesehen - für Ungeimpfte sind sie Pflicht.

Im Mai werde man zu einer anderen Regelung kommen, kündigte Lorz an. Schließlich mache es "keinen Sinn, wenn der Rest der Gesellschaft auf Tests verzichtet und wir nur in den Schulen ein extrem strenges Regime erhalten".

"Benötigen keinen Freedom Day"

Die GEW zeigt sich alles andere als begeistert vom vermeintlichen Ende aller Corona-Maßnahmen an Hessens Schulen. "Wir benötigen keinen proklamierten Freedom Day, der wirklich nichts mit der Realität in den Bildungseinrichtungen zu tun hat, sondern transparente und wirksame Maßnahmen", meint der Vorsitzende Thilo Hartmann. Dazu gehöre nach wie vor das Tragen einer Maske.

An der Schule im Emsbachtal in Brechen ist der Mund-Nasen-Schutz indes auch nach der offiziellen Abschaffung weiterhin fester Bestandteil im Klassenraum. Die allermeisten Schülerinnen und Schüler tragen die Maske aus Angst vor Ansteckungen und Quarantäne freiwillig weiter.

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