Lebensmittel in einem Müllcontainer

Landwirtschaftsministerin Hinz findet den Vorstoß der Bundesminister Özdemir und Buschmann, die Entnahme von Lebensmitteln aus Mülltonnen nicht mehr zu bestrafen, wichtig. Der Lebensmittelhandel ist dagegen.

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Lebensmittelhandel gegen straffreies Containern

Müllcontainer voller weggeworfener Lebensmittel an einem Gießener Supermarkt
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Die Entnahme von weggeworfenen Lebensmitteln aus Mülltonnen von Supermärkten ist bislang als Diebstahl strafbar. Mit dem sogenannten Containern sicherten Menschen jedoch Essen, das oftmals noch genießbar sei, sagte Hessens Landwirtschaftministerin Priska Hinz (Grüne) am Mittwoch: "Wir sehen darin einen Beitrag zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung, und dieser Beitrag sollte nur in den wirklich strafwürdigen Fällen strafrechtlich verfolgt werden."

Geht es nach den Bundesministern für Landwirtschaft und Justiz, Cem Özdemir (Grüne) und Marco Buschmann (FDP), soll Containern künftig in den meisten Fällen nicht mehr bestraft werden. Die beiden werben in einem gemeinsamen Brief an die Justizministerinnen und -minister der Bundesländer für einen entsprechenden Vorschlag aus Hamburg. Dieser sieht vor, Strafverfahren wegen Containerns in vielen Fällen einzustellen. 

Hinz: Wertschätzung für Lebensmittel erhöhen

Nach Angaben von Özdemirs Ministerium werden jedes Jahr in Deutschland rund elf Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen - der überwiegende Teil davon freilich in Privathaushalten. Priska Hinz fordert weitere Maßnahmen gegen Lebensmittelverschwendung. Politik und Verbände müssten daran arbeiten, die Wertschätzung für Lebensmittel in der Gesamtbevölkerung zu erhöhen: "Ein respektvoller und nachhaltiger Umgang mit Nahrung und Lebensmitteln ist notwendig", so Hinz.

Laut Ministerin umfasse dies die Arbeits- und Anbaubedingungen in der Landwirtschaft, die Preisgestaltung der Lebensmittel sowie bewusste und angemessene Entscheidungen beim Einkauf.

Poseck: In Hessen nur in Ausnahme Strafen

Hessens Justizminister Roman Poseck (CDU) sagte, dass die hessische Justiz Fälle von Containern bereits differenziert behandele. Nur in Ausnahmefällen komme es zu einer Strafverfolgung. In der Regel würden die Verfahren eingestellt. Zum Vorstoß der Bundesminister sagte Poseck: "Ich stehe einer Diskussion über Neuregelungen, die allgemeine Maßstäbe für Fälle des Containerns aufstellen, offen gegenüber."

Nach Ansicht der Linken im Landtag gehören noch genießbare Lebensmittel erst gar nicht in die Tonne. Der Lebensmittelhandel solle verpflichtet werden, "nicht mehr verkäufliche, aber noch genießbare Nahrungsmittel zur weiteren Verwendung zur Verfügung zu stellen und nicht in den Müll zu werfen", sagte Ulrich Wilken, rechtspolitischer Sprecher der Fraktion.

Lebensmittelhandel gegen Straffreiheit

Der Handelsverband Lebensmittel kritisiert indes die Initiative der Bundesminister. Der Verband sei gegen eine Legalisierung des Containerns, sagte Hauptgeschäftsführer Franz-Martin Rausch dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Containern sei kein wirksamer Beitrag zur Reduktion von Lebensmittelverschwendung. Im Handel fielen nur sieben Prozent der Lebensmittelverluste in Deutschland an.

Rausch warnte auch, dass bestimmte Lebensmittel in Abfallbehältern "eine potenzielle Gesundheitsgefahr" darstellten. So könnten etwa Lebensmittel aus Warenrückrufen dabei sein, die mit Fremdkörpern wie Glas- oder Metallsplitter verunreinigt sein können. "Solche Gefahren sieht man den Produkten nicht an", sagte Rausch. 

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