Wohnungsloser Mann sitzt mit einer kleinen Weihnachtsdeko, eingehüllt in eine Decke, auf dem Boden eines Einkaufszentrums.

In Hessen leben immer mehr Menschen in Armut. Im Corona-Jahr 2020 ist die Zahl auf über eine Million gestiegen. Damit hält ein jahrelanger Trend an.

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Immer mehr Deutsche leben in Armut

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Immer mehr Menschen in Hessen leben in Armut. Wie aus dem am Donnerstag vorgestellten Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Hessen hervorgeht, erhöhte sich die sogenannte Armutsquote in dem Bundesland binnen eines Jahres um 1,3 Punkte auf 17,4 Prozent. "Die Armutsentwicklung in Hessen ist alarmierend", sagte die Landesgeschäftsführerin des Verbands, Yasmin Alinaghi.

Nach Angaben des Statistischen Landesamts lebten im Jahr 2020 fast 6,3 Millionen Menschen in Hessen. Die Zahl der finanziell Schwachen lag somit bei fast 1,1 Millionen.

Armutsquote stetig gestiegen

Im ersten Corona-Jahr 2020 stieg der Anteil der in Armut lebenden Menschen an der Bevölkerung merkbar. Hessen liegt den Zahlen zufolge deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt von 16,1 Prozent (+ 0,2 Prozentpunkte im Vergleich zu 2019). Im Vergleich der Bundesländer landet Hessen gleichauf mit Nordrhein-Westfalen auf dem siebten Platz.

Der Anteil der Menschen, die in Armut leben, hat in den vergangenen zehn Jahren stetig zugenommen. Innerhalb dieser Zeit ist die Armutsquote um fast fünf Prozentpunkte gestiegen - von 12,8 auf 17,4 Prozent.

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Teilzeitbeschäftigung nimmt zu

"Die Zahlen können darauf hinweisen, dass der Niedriglohnsektor, Teilzeitbeschäftigung, prekäre Beschäftigung und Altersarmut in Hessen zunehmen", sagte die Referentin für Arbeitsmarktpolitik beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Hessen, Annette Wippermann.

Ein weiterer Faktor seien Einkommenseinbußen durch Kurzarbeit, die im Corona-Jahr insbesondere in den Lockdown-Zeiten in vielen Unternehmen angeordnet wurde. "Zudem gibt es vor allem im Rhein-Main-Gebiet eine verdeckte Armut durch horrende Mieten", sagte Wippermann.

Appell an Landesregierung

Positiv bewertet der Paritätische Wohlfahrtsverband, dass in der coronabedingten Wirtschaftskrise große Teile der Bevölkerung durch Gegenmaßnahmen der Politik nicht in Armut abgerutscht seien. Die Arbeitslosigkeit sei dennoch gestiegen.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband apellierte an die Landesregierung, gegenzusteuern. Er forderte die Regierung auf, mit einem sofortigen Mietenstopp die Kosten fürs Wohnen zu mindern. Außerdem könnte der Niedriglohnsektor verkleinert werden, in dem das Vergabe- und Tariftreuegesetz eingehalten werde.

Linke fordern Maßnahmenpaket

Die Landtagsfraktion der Linken forderte ein umfassendes Maßnahmenpaket und strukturelle Veränderungen. "Armut erreicht in der Corona-Pandemie neue Höchstständ", kritisierte die sozialpolitische Sprecherin Christiane Böhm. Die soziale Absicherung habe in der Pandemie in Hessen keine zentrale Rolle gespielt.

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Wann gelten Menschen als arm?

Armut wird in Deutschland über das Haushaltseinkommen und die daraus folgenden Möglichkeiten an gesellschaftlicher Teilhabe definiert. Wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung hat, ist nach Einschätzung des Sozialverbands von Armut betroffen. Für die Armutsquote werden dem Bericht zufolge alle Personen gezählt, die in Haushalten leben, deren Einkommen diese Grenze unterschreitet. Für eine alleinstehende Person lag die Grenze 2020 bei 1.126 Euro bei einem Paar mit zwei Kindern unter 14 bei 2.364 Euro.

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