Zwei mit blauen Handschuhen bekleidete Hände setzen eine Spritze an einem Oberarm an.

In Hessen werden jetzt neue Corona-Impfstoffe verabreicht, die besser an die Omikron-Variante angepasst sind. Und auch ein weiterer Omikron-Booster könnte bald auf den Markt kommen. Hier finden Sie Antworten auf die wichtigsten Fragen zur Impfung.

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Neuer Omikron-Impfstoff zugelassen

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Wann wird der neue Impfstoff ausgeliefert?

Der Bund erhält den Corona-Impfstoff, der an die Omikron-Variante BA.1 angepasst wurde, seit Anfang September - pro Woche nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums jeweils rund fünf Millionen Dosen des Impfstoffs von Biontech/Pfizer, hinzu kommen rund vier Millionen Dosen des Herstellers Moderna. Voraussetzung war die Zulassung durch die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA).

Die Europäische Kommission ließ am 11. September außerdem einen weiteren Impfstoff der Hersteller Biontech/Pfizer zu, der auch an die Omikron-Unterlinien BA.4 und BA.5 angepasst ist. Dieser könnte ebenfalls bald in den Impfstellen angeboten werden - wann es soweit ist, steht aber noch nicht fest.

Wie viele Dosen werden nach Hessen geliefert?

Die vom Bund georderten Impfdosen werden nach Einwohnerzahl auf die Bundesländer aufgeteilt. Nach Hessen sollten im September zunächst rund 1.050.000 Dosen geliefert werden.

Wo wird der Impfstoff erhältlich sein?

Hessen unterhält seit dem 30. September 2021 keine landeseigenen Impfzentren mehr. Impfungen verabreichen die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, der öffentliche Gesundheitsdienst, teils auch Betriebs- und Zahnärzte sowie Apotheker.

Die Kommunen haben unterschiedliche Modelle gewählt, wie sie die Impfstellen des öffentlichen Gesundheitsdienstes betreiben - zum Teil haben sie das Impfen zum Beispiel an Hilfsorganisationen (etwa das DRK) ausgelagert. Diese haben in den vergangenen Monaten das Angebot an die gesunkene Nachfrage angepasst, aber immer mit der Maßgabe durch das Sozialministerium, es auch jederzeit wieder hochfahren zu können.

Eine Übersicht zu den stationären Impfstellen bietet das Ministerium auf seiner Webseite.

Wie gut wirkt der Impfstoff?

Die neuen Vakzine von Biontech und Moderna sind sogenannte bivalente Impfstoffe, die gegen die Delta-Variante und gegen die Omikron-Variante BA.1 wirken sollen. Diese Herangehensweise sei sehr wichtig, betont der Frankfurter Virologe Martin Stürmer, denn die Delta-Variante sei nicht aus der Welt und klinisch sehr viel auffälliger gewesen als die Omikron-Variante. Auch gegen die derzeit vorherrschende Subvariante BA.5 bietet der neue Impfstoff wahrscheinlich einen höheren Schutz als der bisherige.

Das Präparat sei an mehreren hundert Probanden getestet worden, sagt der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, Carsten Watzl. Die Antikörperreaktionen seien mit einer Kontrollgruppe verglichen worden, die ein viertes Mal den bisherigen Impfstoff bekommen hatte. "Gesehen hat man bei den Menschen mit dem angepassten Impfstoff deutlich mehr Antikörper gegen die Omikron-Variante - und zwar bei Jungen wie Alten und bei Genesenen", sagt Watzl.

Prozentangaben zur Effektivität, wie es sie für die ersten Covid-19-Vakzine gegeben hatte, wurden diesmal nicht erhoben. Daten zum tatsächlichen Schutz vor symptomatischer Infektion, schwerer Erkrankung und Tod sind erst aus der Anwendung zu erwarten. Angestrebt wird ein besserer Schutz vor Omikron - und hierbei vor allem vor der Erkrankung, denn ein Schutz vor der Infektion werde nach der Impfung wieder nur vorübergehend bestehen, sagt Watzl.

Wer kann sich impfen lassen?

Momentan wisse man naturgemäß noch nicht, welche Virus-Variante im Herbst dominieren werde, sagt Virologe Martin Stürmer. Bei den wenigen Tests, die derzeit noch im Labor durchgeführt würden, dominiere die BA.5-Variante (Omikron). Insofern erachtet Stürmer es für das Gros der Bevölkerung als wichtig, sich noch einmal mit diesem angepassten Impfstoff impfen zu lassen, vor allem aber für Risikopatienten - sofern Infektion oder Booster über sechs Monate zurückliegen. "Damit hätten wir eine Chance, den Herbst relativ entspannt zu gestalten."

Viele Ärzte warten allerdings auf eine aktualisierte Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko). Nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung bilden die Empfehlungen der Stiko für Impfungen gegen Covid-19 die "wissenschaftliche Richtschnur, an der sich die Ärztinnen und Ärzte orientieren". Der Deutsche Hausärzteverband fordert insbesondere klare Stiko-Empfehlungen zu der Frage, ob es sinnvoll ist, sich im September mit dem an BA.1 angepassten Impfstoff impfen zu lassen, oder ob Impfwillige auf den an BA.4/BA.5 angepassten Impfstoff warten sollten.

Mehrere Fachleute, die der Stiko nicht angehören, hatten zuletzt gesagt, dass die Auffrischung mit den ersten Omikron-Boostern von Biontech und Moderna etwa für die Gruppen infrage kommt, denen die Stiko auch jetzt schon eine zweite Booster-Impfung empfiehlt. Das sind zum Beispiel Menschen über 60, Gruppen mit Risikofaktoren und Mitarbeiter im Gesundheitswesen.

Ob junge, gesunde Menschen ihren Immunschutz durch eine Impfung mit den neuen BA.1- beziehungsweise BA.4-/BA.5-Vakzinen steigern sollten, müsse die Stiko auch beurteilen. Deren stellvertrendende Vorsitzende, die Frankfurter Ärztin Sabine Wicker, kündigte im Gespräch mit dem hr "zeitnah" eine entsprechende Empfehlung an. Zunächst müssten entsprechende wissenschaftliche Studien ausgewertet werden.

Die EU-Arzneimittelbehörde EMA empfiehlt die Impfung mit dem neuen, auch die Omikron-Sublinien BA.4/BA.5 angepassten Präparat von Biontech für Menschen ab zwölf Jahren als Auffrischung.

Welche Stiko-Empfehlung gilt derzeit?

Die Stiko empfiehlt bislang eine zweite Auffrischungsimpfung (vierte Impfung) mit den vorhandenen Impfstoffen ab 60 Jahren, um dadurch besonders gefährdete Menschen vor schweren Covid-19-Erkrankungen zu schützen. Den betreffenden Risikogruppen werde "nicht empfohlen, auf einen angepassten Impfstoff zu warten", heißt es von der Stiko.

Alle Impfstoffe, die aktuell in Deutschland zur Verfügung stehen, schützen sehr gut vor "schwerer Infektion, Hospitalisierung, Intensivaufnahme und Tod", betonte auch Sabine Wicker.

Kann man sich mit dem Impfstoff grundimmunisieren lassen?

Die Impfstoffhersteller Biontech/Pfizer und Moderna haben eine Zulassung ihres angepassten Impfstoffs nur für Auffrischimpfungen beantragt. Die Impfstoffe können damit nicht für eine Grundimmunisierung eingesetzt werden. Dafür stehen weiter die bislang eingesetzten Vakzine bereit.

Was ist beim Impfzeitpunkt zu beachten?

Das Timing ist für Fachleute sehr wichtig: Wer der bestehenden Stiko-Empfehlung zu einer Viertimpfung schon gefolgt ist oder sich in den vergangenen Monaten mit Corona angesteckt hat, soll ab diesem Zeitpunkt mindestens sechs Monate bis zur nächsten Impfung warten. Ein weiterer Booster nach zu kurzer Zeit bringe keinen Zusatznutzen.

Eine Ausnahme sind Risikopatienten, die das aber individuell mit dem Arzt besprechen müssen. Der Virologe Martin Stürmer geht langfristig von einer jährlichen Impfung ähnlich wie bei der Grippe aus.

Warum war eine Anpassung des Impfstoffs nötig?

Viren und damit auch Coronaviren mutieren mit der Zeit. Die Omikron-Variante kam Ende 2021 auf und brachte inzwischen mehrere Subtypen hervor, die insgesamt ansteckender als die Vorgänger Alpha und Delta sind. Omikron kann die erste Abwehrlinie von Geimpften und Genesenen also besser umgehen. Die Omikron-Wellen wurden wiederum von unterschiedlichen Omikron-Sublinien verursacht: zunächst von BA.1, später von BA.2, in den Sommermonaten vor allem von BA.5.

Diese und BA.4 gelten als sogenannte Escape-Varianten - das heißt, sie können mit der Immunantwort auch von Geimpften und Genesenen besser umgehen. Geimpfte haben trotzdem einen guten Schutz vor schwerer Erkrankung. Beim Grippeschutz sind Anpassungen seit Jahren Routine.

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