Es sind schwierige Zeiten für hessische Hotel- und Restaurantbesitzer: Während der Corona-Pandemie brach der Umsatz ein. Jetzt läuft es zwar wieder etwas besser, es fehlt allerdings das nötige Personal. Es gibt aber originelle Lösungsansätze.

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Personalmangel in Hotel: Die Gäste räumen mit auf

Helferinnen in der Küche
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"Magische Momente": Das war das Motto für ein Wochenende im Juli mit Übernachtung im Hotel "Krenzers Rhön" in Ehrenberg-Seiferts in der Nähe von Fulda. In der Beschreibung sprach Inhaber Jürgen Krenzer von einem Experiment. Angeboten würden Wanderungen. Die Gäste könnten Bio-Produkte aus der Region probieren, dazu gebe es Apfelwein und -sherry und eine Küchenparty – mit ihm.

Es fanden sich 15 Interessierte, erzählt der 57-jährige Gastronom: "Wir haben dann abends zum Beispiel Blutwurst gebraten und Lammhaxen frittiert, das war schon anspruchsvoll." Teilweise sei die Idee auch aus der Not heraus entstanden, meint Krenzer. Denn der Koch soll an den Wochenenden auch mal Feierabend haben und einen zweiten Koch, der dann einspringen könnte, gibt es bisher nicht.  

Mit dem Schrubber Spaß haben

Nach dem Essen hätte die Küche in Ordnung gebracht werden müssen, meint der Wirt: "Die Gäste haben wirklich freiwillig mit aufgeräumt." Am Ende hätten sogar zwei Frauen den Küchenboden geschrubbt und dabei Spaß gehabt. Für Krenzer sind das wahrlich "magische Momente", die ihm helfen, mit seinen 20 Mitarbeitern über die Runden zu kommen. Denn eigentlich braucht er dringend drei weitere, findet sie aber nicht. Deshalb bietet er ab sofort öfter solche Genuss-und-Arbeits-Wochenenden an.

Die Hotelgäste haben für das Event pro Person bis zu 300 Euro gezahlt und viele sind davon begeistert. Bei allem persönlichen Einsatz sei das Wochenende sehr entspannend gewesen, meint etwa Jürgen Stauch: "Das war der perfekte Ausgleich zum stressigen Alltag." Und weil alle mit angepackt hätten, habe das die Gruppe zusammengeschweißt. Mit dabei war auch Julia Rößel. Für sie habe sich das Ganze angefühlt wie "ein Wochenende mit Freunden", sagt sie.

4-Tage-Woche und mehr Ruhetage

Etwas weniger euphorisch reagiert man beim Hotel- und Gastronomieverband Dehoga Hessen. Hauptgeschäftsführer Julius Wagner bezeichnet das Ganze als originellen, aber auch sehr ausgefallenen Lösungsansatz, um dem aktuellen Personalmangel im Gastgewerbe zu begegnen. Laut Dehoga fehlen mindestens 6.000 Arbeitskräfte allein in Hessen.

Andere Unternehmen würden sich ebenfalls einiges einfallen lassen, meint Wagner: "Zum Beispiel führen sie die 4-Tage-Woche ein, um als Arbeitgeber attraktiver zu werden für junge Leute." Allerdings brauche man dafür mehr Personal, woran es ja gerade oft mangele. Andere Betriebe wiederum verkürzen ihre Öffnungszeiten und haben mittlerweile von Montag bis einschließlich Mittwoch geschlossen. Die restliche Arbeitszeit könnten sie dann besser mit Personal abdecken.

Die aktuellen Schwierigkeiten führt Hauptgeschäftsführer Wagner auf die Corona-Pandemie zurück. Zwischenzeitlich hätten Hotels und Restaurants finanziell schwer zu kämpfen gehabt und für ihre Mitarbeiter Kurzarbeit beantragen oder ihnen gleich ganz kündigen müssen. Letztendlich hätten sich viele neue Jobs gesucht, etwa in der Logistikbranche oder im Einzelhandel, meint Wagner: "Da gibt es geregelte Arbeitszeiten, oft ganz klassisch von 9 bis 17 Uhr." Dazu sei mitunter auch die Bezahlung besser.

Bewerbungsmappe – vom Chef persönlich

Um neue Mitarbeiter zu gewinnen, geht der osthessische Hotelinhaber Jürgen Krenzer deshalb ebenfalls weiter als viele andere Unternehmer. "Ich habe sogar schon versucht, im Supermarkt eine Verkäuferin abzuwerben", gibt der 57-Jährige zu. Anders als bei Bewerbungsverfahren üblich hätte er sich als Arbeitgeber bei ihr beworben, ihr eine Mappe in die Hand gedrückt, mit einer Beschreibung, was sie im Hotel machen könnte. Teilweise hatte er mit solchen ungewöhnlichen Aktionen schon Erfolg.

Durch die Corona-Pandemie ist das Hotel "Krenzers Rhön" vergleichsweise gut gekommen, auch dank eines Online-Shops. Dort könnten Kunden in Gläser eingekochte Gerichte, selbstgemachten Apfelwein und -sherry bestellen. Übers Internet habe man sogar Online-Verkostungen organisiert. Zwar musste Hotelbesitzer Krenzer für seine Mitarbeiter auch Kurzarbeit beantragen, konnte aber bis auf einen alle 20 halten.

Mitarbeiter fühlen sich wertgeschätzt

Dem Gastronomen ist es wichtig, dass sie gerne zur Arbeit gehen. Er achtet auf eine faire Bezahlung, ausreichend Ruhezeiten und gibt Urlaub – selbst während der Hauptsaison im Sommer und an Weihnachten. "Denn der Personalmangel kommt oft daher, dass die Leute in unserer Branche zu viel arbeiten und zu wenig Zeit für ihre Familie haben", so Krenzer. Gerade junge Menschen würden oft regelrecht verheizt.

Zu seinen Mitarbeitern zählt Ben Bochmann. Er ist für die hauseigene Apfelweinkelterei zuständig und nicht nur mit seinem Gehalt sehr zufrieden. "Jeder wird gehört und kann sich selbst einbringen", erzählt der gelernte Hotelfachmann. Er fühlt sich wertgeschätzt. Seit knapp 8 Jahren arbeitet er in dem osthessischen Hotel und sieht bislang keinerlei Grund, hier wegzugehen.

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