Christian aus Frankfurt sammelt Pfandflaschen für seinen Lebensunterhalt.

Wegen der Inflation und gestiegener Lebenshaltungskosten wird bei immer mehr Menschen das Geld knapp. Das merken auch Flaschensammler wie Christian aus Frankfurt. Bei der Suche gebe es immer mehr Konkurrenz. Eine Entwicklung, die die Diakonie Hessen bestätigt.

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Schwierige Zeiten für Flaschensammler

hessenschau von 16:45 Uhr
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Mit drei Plastiktüten in den Händen läuft Christian seinen gewohnten Weg über die Frankfurter Zeil und steuert gezielt einen nach dem nächsten Mülleimer an. Ein kurzer, prüfender Blick reicht, um festzustellen: Pfandflaschen wird er dort heute kaum finden.

"Die Mülleimer wurden eben erst geleert, da habe ich einfach Pech gehabt", sagt er. Und schlägt seinen Weg in Richtung S-Bahn Station ein, um an einem anderen Ort sein Glück zu versuchen.

Konkurrenz um Pfandflaschen gestiegen

Der 59-jährige Frankfurter ist seit zwei Jahren obdachlos. Früher arbeitete er als Automechaniker. Dann verlor er allerdings seinen Job, Einzelheiten dazu nannte er nicht.

Um sich jetzt am Tag eine warme Mahlzeit kaufen zu können, geht er Flaschen sammeln. Drei bis fünf Euro versucht er täglich durch Flaschenpfand zusammenzukriegen. Doch in letzter Zeit sei das immer schwieriger geworden.

"Es sind eindeutig mehr Menschen da, die sammeln", stellt Christian fest. Manchmal gebe es richtige Konkurrenzkämpfe um eine Flasche. "Aber dann gehe ich einfach weiter", sagt er. Wegen 25 Cent Pfand wolle er sich lieber nicht streiten.

Immer weniger Menschen werfen Flaschen weg

Neben der gestiegenen Konkurrenz auf der Straße käme seit Kurzem die Tatsache hinzu, dass immer weniger Menschen ihre Flaschen achtlos in den Mülleimer werfen, sagt Katharina Alborea von der Diakonie Hessen.

"Viele Leute, die früher nicht darauf angewiesen waren, geben die 25 Cent-Flaschen stattdessen selbst ab", erklärt Alborea. Somit stünden Obdachlosen generell weniger Flaschen zur Verfügung.

Schätzungsweise eine Million Flaschensammler deutschlandweit

Den Grund dafür sieht sie in den gestiegenen Lebenshaltungskosten und der Inflation. Besonders Geringverdiener müssten jetzt auf jeden Cent achten. Aber auch Menschen mit höherem Einkommen kämen durch die gestiegenen Energiekosten mittlerweile an finanzielle Grenzen.

Ein einfaches Mittel, um sich ein paar Euro dazuzuverdienen, scheint für viele das Flaschensammeln, sagt Alborea. Selbst wenn es oft viel Überwindung kostet, im Müll anderer Menschen zu wühlen. Für Flaschensammler Christian ist das allerdings schon längst trauriger Alltag. "Irgendwann schiebt man die Scham einfach beiseite", sagt er.

Christian aus Frankfurt sammelt Pfandflaschen für seinen Lebensunterhalt.

Wie viele Menschen in Hessen derzeit Pfandflaschen sammeln, ist schwer zu beziffern, sagt die Sozialarbeiterin. Laut einer Schätzung der Initiative "Pfand gehört daneben" sammeln in Deutschland über eine Million Menschen Flaschen.

65 Cent in zwei Stunden

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Armut: Konkurrenz unter Flaschensammlern

Auf einer Bank sind leere Pfandflaschen aufgereiht.
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Flaschensammler Christian hat inzwischen fünf Glasflaschen und eine Getränkedose finden können. Zwei Stunden musste er dafür durch die Stadt laufen. Ein typischer Vormittag, sagt er. Am Wochenende und in den Abendstunden käme meist etwas mehr zusammen.

"Man muss Glück haben", meint der 59-Jährige. In letzter Zeit habe er mit dem Flaschensammeln aber meistens Pech. Davon wolle er sich aber nicht entmutigen lassen. Vom Sozialamt bekommt Christian demnächst eine Wohnung gestellt. Spätestens dann hofft er, dass sein Leben stabiler wird und er in Zukunft vielleicht sogar weniger Pfandflaschen sammeln muss.

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