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Kündigungsschutzklagen beschäftigen Arbeitsgericht

Schild am Arbeitsgericht Frankfurt mit Aufschrift Arbeitsgericht Frankfurt

Ein Kündigungsschutzprozess von einem ehemaligen Testzentren-Mitarbeiter ist an diesem Freitag mit einem Vergleich geendet. Das Verfahren hätte Potenzial für höhere Instanzen gehabt, aber die Richterin redete beiden Parteien gut zu.

Vor dem Arbeitsgericht Frankfurt haben sich ein ehemaliger Stationsleiter eines Frankfurter Corona-Testzentrums und das Unternehmen Medicorum TAM am Freitag auf einen Vergleich geeinigt. Der Mann hatte Ende April 2022 eine fristlose und behelfsmäßig eine ordentliche Kündigung erhalten. Wenig später wurde von dem Unternehmen eine zweite Kündigung nachgereicht.

Im Prozess ging es auch darum, ob der damalige Mitarbeiter wegen seines Engagements für den Betriebsrat gekündigt wurde, beziehungsweise, ob er dadurch einen besonderen Kündigungsschutz hat.

Erster Gütetermin noch ohne Einigung  

In dem Frankfurter Testzentrum, in dem der Kläger als Stationsleiter arbeitete, war Anfang Mai ein Betriebsrat gewählt worden. Der Gekündigte trat dafür laut seiner Anwältin an mehreren Stellen in Erscheinung - als Einladender zur Wahlversammlung, als Wahlvorstand und später als Betriebsratsvorsitzender. Es war nach Angaben der Gewerkschaft Verdi die erste Betriebsratsgründung in einem hessischen Corona-Testzentrum.

"Nichts täuscht darüber hinweg, dass hier systematisch eine Betriebsratsgründung verhindert werden sollte", erklärte die Anwältin des Klägers. Ein erster Gütetermin war ohne Vergleich geendet.

Kündigungsschutzklagen beschäftigen Gericht

Am Frankfurter Arbeitsgericht gibt es aktuell mehrere Verfahren, in denen diese Betriebsratsgründung und damit verbunden entsprechende Kündigungsschutzklagen eine Rolle spielen. Weil es so viele und offenbar auch komplexe Verfahren sind, konnte sich die Arbeitsrichterin am Freitag eine Bemerkung nicht verkneifen: "Das beschäftigt hier das ganze Arbeitsgericht Frankfurt."

Medicorum TAM, die Coronatestzentren-Kette aus Berlin, warf in seinen fristlosen Kündigungen dem damaligen Frankfurter Stationsleiter unter anderem Diebstahl und das Ausstellen von Testzertifikaten ohne vorherige Testung vor. Zudem soll er eine nicht zulässige Krankmeldung von einem Onlineanbieter vorgelegt haben. "Das Vertrauensverhältnis ist wegen dieser teils schwerwiegenden Sachverhalte schwer erschüttert", sagte der Anwalt von Medicorum TAM am Freitag.

Zwei Kündigungen an einem Tag

Die Klägerseite gibt an, der Mitarbeiter habe die fristlose Kündigung erhalten, nur wenige Tage nachdem er als Einladender zur Wahlversammlung in Erscheinung getreten sei. Er erhielt sogar zwei fristlose Kündigungen am gleichen Tag - an seine zwei verschiedenen Adressen. Den Diebstahl wies der Kläger vehement zurück, räumte aber die anderen Sachverhalte teilweise ein.

Seine Anwältin verwies darauf, dass Gefälligkeitstests an verschiedenen Stellen im Unternehmen praktiziert worden sein sollen. Außerdem lägen diese Monate zurück, einige stammten noch aus dem Vorjahr. "Das verwundert dann schon, warum man sie dann erst so viel später für eine Kündigung nutzt."

Genießen Betriebsräte Sonderkündigungsschutz?

An sich, so betonte die Richterin, sei jeder einzelne Vorwurf durchaus als Kündigungsgrund geeignet. Davon abgesehen stellte sich eine weitere Frage: Hat der Gekündigte wegen seiner Betriebsratsarbeit überhaupt einen Sonderkündigungsschutz?

Denn auch das hat Medicorum TAM am Freitag angefochten: "Wir haben zwar ein Schreiben bekommen, da war aber keine Einladung zur Wahlversammlung drin", sagte der Unternehmens-Anwalt. Auch im Frankfurter Testzentrum sei diese nicht ordnungsgemäß am Schwarzen Brett angekündigt worden. Für eine rechtmäßige Betriebsratswahl ist beides notwendig - und ohne die gibt es keinen besonderen Kündigungsschutz.

Der ehemalige Stationsleiter erklärte, alles sei rechtzeitig angekündigt worden. Die von ihm vorgelegten Fotos reichten der Richterin jedoch nicht. Nach gut einer Stunde stellte sie die Frage, ob nicht doch ein Vergleich möglich wäre: "Ich sehe das hier sonst geeignet bis zum Bundesarbeitsgericht hochzugehen."

Ein Prozess weniger

Beide Seiten hatten sich eigentlich auch auf eine längere Auseinandersetzung vorbereitet. Beide betonten, es gehe um Gerechtigkeit. Doch am Ende stand ein Vergleich: die Auszahlung von Resturlaub, ein gutes Zeugnis und 1.600 Euro - und damit ein halbes Monatsgehalt Abfindung. Eine übliche Summe, betonte die Arbeitsrichterin.

Und dennoch: Nur unter Zähneknirschen nahm der Anwalt von Medicorum TAM das Angebot der Klägerseite an - er hätte gerne nur 900 Euro gezahlt: "Bei dem was hier passiert ist, fällt es schwer, das zu akzeptieren." Erst nach gutem Zureden der Richterin und Rücksprache mit seinen Mandaten willigte er ein.

Immerhin gibt es in dem Themenkomplex nun eine Auseinandersetzung weniger vor Gericht, denn ein weiteres Verfahren zwischen Medicorum und dem damaligen Stationsleiter entfällt nun. In einigen Tagen wird sich das Gericht dann aber noch mit einer anderen Kündigung im Betriebsratskontext beschäftigten. Und im November folgt dann der Prozess um die Rechtmäßigkeit der Betriebsratswahl.

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