Quarantäne und Tollwutimpfung Was passiert mit den Haustieren ukrainischer Flüchtlinge?
Einige ukrainische Kriegsflüchtlinge bringen ihre Haustiere mit nach Hessen. Gerade Kindern fällt es sehr schwer, sich von ihrem Tier zu trennen. Welche Regeln gelten dafür eigentlich?
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Haustiere von Geflüchteten: Einige Tiere müssen in Tollwut-Quarantäne

Beim Frankfurter Tierschutzverein klingelt zurzeit bis zu zehnmal täglich das Telefon. "Anfragen vom Frankfurter Veterinäramt oder von Privatpersonen, die nach einer Unterkunft für ukrainische Haustiere suchen, von überall her", berichtet Tierheimleiterin Sabine Urbainsky.
Zurzeit ist die Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung nach Angaben der Tierheimleiterin noch sehr groß. Die meisten Haustiere kommen bei Privatpersonen unter. Trotzdem rechnet Urbainsky damit, dass es bald eng wird in dem Frankfurter Tierheim.
Ihre Mitarbeiter seien teils besorgt und gestresst, denn neben der Corona-Problematik spüre das Tierheim nun die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs, so Urbainsky. Drei Mitarbeiter fielen aktuell wegen einer Corona-Erkrankung aus.
Manche Tiere müssen erst mal in Quarantäne
Im Frankfurter Tierheim sind zurzeit 642 Kleintiere untergebracht. Allein 70 davon sind während der Pandemie an- und abgeschafft worden. Das Tierheim verfügt über fünf Quarantäneplätze.
Aktuell sind dort zwei Hunde aus der Ukraine untergebracht. Ein Hund sei von einer älteren Dame, die in einem Hotel lebe; der andere Mischlingshund von einer Mutter, die mit ihrem Kind in einer sehr kleinen Wohnung lebe. Beide Besitzer wollen ihre Tiere wieder abholen, sobald es die neue Unterkunft ermöglicht.
Seit wenigen Wochen sind in dem Tierheim zudem Tollwut-Impfungen ein Thema. Anders als in Deutschland gilt die Ukraine noch nicht als tollwutfrei. Urbainsky legt ihren Beschäftigten deswegen nahe, sich gegen Tollwut impfen zu lassen.
Das Frankfurter Ordnungsamt rechnet in den nächsten Wochen mit weiteren ukrainischen Haustieren. Ungeimpfte Tiere werden laut einem Sprecher der Behörde von niedergelassenen Tierärzten gechippt und geimpft und erhalten einen Heimtierausweis.
Geringes Tollwut-Risiko
Die Gefahr, dass Tollwut durch Haustiere aus der Ukraine eingeschleppt werde, schätzt das Friedrich-Löffler-Institut als gering ein. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein ungeimpftes Tier zum Zeitpunkt des Grenzübertritts schon infiziert habe, liege bei 1 zu 300.000, teilte das Bundesforschungsinstitut mit.
Darauf verweist auch der Landestierschutzverband Hessen. "Viele mitgebrachte Tiere sind bereits geimpft und haben in der Ukraine eng mit den Menschen in einem Haushalt gelebt," sagt Sigrid Faust-Schmidt vom Landestierschutzverband.
Tiervermittlung
Wer Haustiere aufnehmen möchte, kann sich bei der Vermittlungsplattform der Tierschutzorganisation Tasso registrieren. Bislang haben sich über 2.600 Personen aus ganz Deutschland bei der Plattform angemeldet. Hessenweit zeigt die Plattform aktuell knapp 200 Einträge an (Stand: 23. März).
Ende der weiteren InformationenDennoch hat der Verband all seinen Tierheim-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern eine mögliche Tollwutimpfung nahe gelegt. Geflüchtete, die mit ihrem Haustier aus der Ukraine geflohen sind, müssen sich beim zuständigen Veterinäramt melden. Das kläre dann den Tolllwut-Impfstatus des Tieres ab. Laut Sigrid Faust-Schmidt sind die Quarantäneplätze in den hessischen Tierheimen zurzeit noch nicht ausgeschöpft.
"Traumatisierte Kinder nicht von Haustieren trennen"
Der Landestierschutzverein Hessen setzt sich dafür ein, dass Menschen und Tiere in den öffentlichen Flüchtlingsunterkünften zusammen bleiben dürfen. "Für traumatisierte Kriegsflüchtlinge ist der Hund oder die Katze oft das Einzige, was ihnen geblieben ist", erklärt Faust-Schmidt. Besonders Kindern falle es extrem schwer, sich von ihrem Haustier zu trennen.
Faust-Schmidt fürchtet, dass in wenigen Wochen mehr Tiere in Tierheimen abgegeben werden könnten. Dann nämlich, wenn ukrainische Geflüchtete in Ballungsräumen Wohnungen suchen, in denen Haustiere häufig nicht erlaubt sind.
Tierheim Gießen: zehn Katzen aus Kiew
Im Tierheim Gießen sind die Quarantäneplätze zurzeit alle belegt. Mit einem Hund, den ein ukrainischer Student abgegeben hat, weil er sich nicht mehr um ihn kümmern kann, und mit zehn Katzen aus Kiew, die von einem privaten Tierschutzverein aus der ukrainischen Hauptstadt gerettet worden sind.

Laut Astrid Paparone, der Vorsitzenden des Tierheims, hatten ukrainische Familien die Katzen abgegeben. Vermittelt werden könnten sie derzeit noch nicht, weil "aktuell ihre Tollwut-Antikörper bestimmt werden", sagt sie.
Nur gegen Tollwut geimpfte Mitarbeiter dürfen mit den Tieren in Kontakt stehen. Das Gießener Tierheim sei bereits ziemlich voll mit alten, kranken und schwierig zu haltenden Tieren sowie 50 Kaninchen, die während der Pandemie an- und abgeschafft worden seien. Auch hier befürchtet man Platzprobleme, wenn mehr ukrainische Haustiere und weitere "Corona-Tiere" abgegeben werden.
Erstaufnahmeeinrichtung toleriert Haustiere
Erleichtert ist die Vorsitzende des Tierheims Gießen darüber, dass in der Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen Haustiere zurzeit ausnahmsweise erlaubt sind. Ein Sprecher des Regierungspräsidiums Gießen bestätigt dem hr, dass Haustiere aktuell geduldet werden, solange sie nicht für andere gefährlich werden könnten oder zu groß seien.
Zu Schwierigkeiten ist es bislang nicht gekommen. Das Veterinäramt des Landkreises unterstütze die Erstaufnahmeeinrichtung (EAEH) bei Impfungen und der Dokumentenkontrolle von mitgebrachten Haustieren aus der Ukraine.