Nachhaltig und gemeinsam So funktioniert das grüne Mehrgenerationenhaus in Frankfurt
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"Ja, es geht!": Nachhaltiges Wohnprojekt in Frankfurt-Niederrad

Weniger Auto-Stellplätze, dafür mehr Grün und Gemeinschaftsräume: Im Frankfurter Stadtteil Niederrad ist ein Mehrgenerationenhaus mit 50 Wohnungen entstanden. Ein Vorbild für nachhaltiges Wohnen?
Ein Gemeinschaftsraum im Erdgeschoss, eine Dachterrasse mit Garten und ein Innenhof, in dem auch die Nachbarschaft jederzeit willkommen ist: Als "grünes Mehrgenerationenhaus" bewirbt die Frankfurter Genossenschaft WohnGeno ihr Projekt "BeTrift" im Stadtteil Niederrad. Denn neben dem vielen Miteinander soll hier auch das Thema Nachhaltigkeit eine übergeordnete Rolle spielen. Und wie lebt es sich in dem von der Bundesregierung geförderten und als Haus mit "Vorbildwirkung" ausgezeichnetem Neubau?
Gemeinsam gestalten und weiterentwickeln
Im Moment stehe die Begrünung des Gebäudes auf dem Plan, sagt Gertrud Klauer. Sie ist Mitglied in der AG "Grünes Haus", eine von mehreren internen Arbeitsgruppen, in denen die Mieterinnen und Mieter selbst an der Gestaltung und Weiterentwicklung des Gebäudes mitwirken können. Noch ist vom geplanten Grün nicht viel zu sehen, aber bald sollen sich Pflanzen an der Hausfassade und um die geräumigen Laubengänge ranken. Auf dem Dach entstehe der Urban Garden für Obst und Gemüse, aber auch mit Sitzmöglichkeiten, um die Aussicht auf die Skyline zu genießen, erklärt Klauer.
Die Rentnerin bewohnt eine der 50 Wohnungen im "BeTrift". Angelehnt ist der Name an den Standort in der Triftstraße nahe der ehemaligen Galopprennbahn. Seit Sommer werden die begehrten und schnell ausgebuchten Einheiten von Menschen verschiedenster Altersgruppen und Lebensformen bewohnt.
Mit innovativem Konzept überzeugt
"Ich freue mich darüber, dass wir eine WG mit jungen Menschen mit Beeinträchtigung haben, die in ihrem Alltag unterstützt werden, die aber hier als gleichberechtigte Mitglieder wohnen und in der Gemeinschaft integriert sind", sagt Cara Röhner. Auch sie lebt in dem Neubau in Niederrad und hat einen Posten im Vorstand der WohnGeno übernommen.

Gemeinsam mit einem Architekturbüro hatten sich die Wohngenossenschaft vor einigen Jahren an der Ausschreibung um eine Bebauung des städtischen Grundstücks beworben. Das Konzept des gemeinschaftlichen Wohnens sei so innovativ gewesen, dass es sich gegen die anderen durchgesetzt habe, erinnert sich Röhner.
Positiver Einfluss auf Umgebung
Grundstücke aus dem Liegenschaftsfonds werden "nach Konzeptverfahren vergeben". Sie sollen "positiv auf die Umgebung und die Nachbarschaft wirken", erläutert Mark Gellert, Sprecher des Frankfurter Planungsdezernats. Beispiele dafür seien Musikräume oder eine Werkstatt - oder eine grünere Umgebung in der Stadt.
Den Machern des "BeTrift" schweben neben der konsequenten Bepflanzung etwa ein Café, eine Kita oder eine Fahrradwerkstatt im Erdgeschoss vor. Zudem sei der Wohnprojekt vorbildlich in Sachen Nachhaltigkeit, lobt Gellert.

Mit einer Solaranlagen auf dem Dach und einer klimaschonenden Pelletheizung wurde bereits beim Bau auf diesen Aspekt geachtet. Die Begrünung soll einen weiteren Beitrag leisten. "Weil wir wissen, dass ein grünes Haus die Temperaturen um einige Grad runterzieht", erklärt Getrud Klauer. Als studierte Biologin bringt sie ihre Erfahrungen in die AG "Grünes Haus" ein. Auch einen Beitrag zur Artenvielfalt zu leisten, sei für sie dabei eine wichtige Aufgabe.
Auto und Fahrräder zum Leihen
Gemeinsam und nachhaltig soll die Fortbewegung im Mehrgenerationenhaus funktionieren. In der Tiefgarage gibt nur 16 Auto-Stellplätze. Bei 50 Wohnparteien laut Bauverordnung eigentlich viel zu wenig. "Wir wollen die Verkehrswende, und wir wollen sie auch aktiv unterstützen", sagt Bewohnerin und WohnGeno-Vorstand Cara Röhner. Deshalb habe man mit der Stadt einen Kompromiss gefunden: Zwei der Plätze seien als Carsharing-Plätze für E-Autos geplant, so Röhner. Inklusive einer Elektrozapfsäule in der Tiefgarage. Auch über ein Teilen von Lastenrädern untereinander wird nachgedacht.
Genug Zeit für die Planung von Projekten haben die Bewohner jedenfalls. Das Grundstück hat die Stadt der Wohngenossenschaft mit Erbbaurecht übergeben. Der Vorteil sei, dass alle Menschen im "BeTrift" ein lebenslanges Wohnrecht hätten, erklärt Röhner. Allerdings seien die Erbbauzinsen zum Teil sehr hoch und würden sich auf die Mieten auswirken. Hier wünscht sich Röhner ein Umdenken: "Es ist etwas anderen, ob man ein Grundstück an einen Investor gibt, der Profit damit macht, oder ob man es an genossenschaftliche oder ähnliche Projekte gibt, die eine soziale Ausrichtung haben."
Gruppe muss sich finden
Die Bewohnerinnen und Bewohner des Wohnprojekts "BeTrift" sind glücklich in ihrem neuen Zuhause. Nicht nur wegen der Nachhaltigkeit, sondern vor allem wegen der Gemeinschaft. Man habe viele Brunches veranstaltet, in denen man das Konzept vorgestellt habe und sich die Gruppe finden konnte, erinnert sich Gertrud Klauer: "Man braucht Geduld. Aber wir hatten viel Glück und viel Interesse."
Für sie kann das Projekt tatsächlich ein echtes Vorbild sein: "Es kann anregen und es kann deutlich machen: Ja, es geht!"