Hilfstransport Ukraine-Helfer auf dem Rückweg nach Darmstadt

Der in Darmstadt gestartete Hilfstransport hat es bis an die ukrainische Grenze geschafft. Die Hilfsgüter sind trotz bürokratischer Hürden am Ziel. Auf dem Rückweg bringen die Helfer nun Geflüchtete nach Hessen - und nehmen eine letzte Hürde.
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Darmstädter Hilfstransport erreicht ukrainische Grenze

Rund 1.300 Kilometer haben Peter Ehry vom Verein "Partnerschaft Deutschland-Ukraine/Moldova" sowie zwei Busfahrer und eine Dolmetscherin hinter sich gebracht, um Spenden für die Opfer des Ukraine-Kriegs zu überbringen. Darmstädter Bürgerinnen und Bürger haben ihnen Decken, Hygieneartikel und andere Hilfsgüter mitgegeben, das städtische Klinikum medizinische Ausrüstung und Medikamente im Wert von 10.000 Euro gespendet. Abfahrt war am Montag, jetzt sind die Helfer auf dem Rückweg nach Deutschland - und ihre Gruppe ist gewachsen:
Zehn Geflüchtete aus der Ukraine fahren im Hilfstransport mit nach Darmstadt, darunter fünf Kinder. Mit Plakaten haben die Helfer an der slowakisch-ukrainischen Grenze auf die Mitfahrgelegenheit nach Deutschland aufmerksam gemacht, Menschen angesprochen. Jetzt sitzen sie im Bus, auf der langen Fahrt durch die Slowakei über Österreich, durch Bayern und schließlich nach Darmstadt. So weit ist die Mission geglückt - doch problemlos lief sie nicht.
Die Bürokratie wirft den Plan um
Nach dem Start gegen Mitternacht in Südhessen hat der Bus im Laufe des Dienstags ganz Österreich durchquert. Doch schon zeichnen sich Probleme ab - bürokratische Hürden: Als der Hilfstransport am Grenzübergang zur Slowakei in Bratislava steht, telefoniert Peter Ehry mit angespannter Miene. "Unser Problem ist, dass wir die Hilfsgüter auf der slowakischen Seite in einen Container laden sollen und ich nicht sicher bin, dass der bewacht ist", erklärt der Organisator. "Ich lasse keinen unbewachten, offenen Container zur Selbstbedienung mit dem Material, das ich im Bus habe, stehen."
Nach Ehrys Informationen dürfen seit dem Wochenende Medikamente nicht mehr ungeprüft aus der Slowakei in die Ukraine gebracht werden. Die slowakischen Behörden seien besorgt, dass dort so viele Geflüchtete aus der Ukraine ankommen könnten, dass auch auf dieser Seite der Grenze der Bedarf an Medikamenten stark steigen könnte.
Peter Ehry findet schließlich eine Lösung: "Wir werden unsere Hilfsgüter wohl in einer Lagerhalle an der Grenze der Slowakei abladen können." Mit dieser Aussicht kann die Gruppe, inzwischen angekommen im slowakischen Košice, in der Nacht zum Mittwoch etwas Schlaf nachholen.
Hilfsgüter werden sicher übergeben

Am Mittwochvormittag erreicht der Transport dann sein neues, sicheres Ziel: Ein Kulturzentrum in Košice. Auf dem Parkplatz vor dem Warenlager steht der rot-weiß lackierte Reisebus aus Darmstadt, aus dem eine Menschenkette nach und nach das Hilfsmaterial auslädt.
In mehreren Hallen stapeln sich Plastiksäcke, Kartons, Papiertüten. An kleinen Tischen werden sie sortiert. "Dann wird das vom Militär der Ukraine abgeholt und wird dann in Uzhhorod verwendet", hatte Peter Ehry vorab erfahren. Uzhhorod ist die Partnerstadt Darmstadts, die Ehry und seine Gruppe besonders im Blick haben.
Viele Helfer mit Bezug zur Ukraine

"Hier haben wir Medikamente, da drüben Männerkleidung, Schlafsachen, Kinderkleidung - das Essen liegt woanders", erklärt Andrij Mazur. Der 19 Jahre alte Ukrainer hilft hier seit Tagen, Hilfsgüter für seine Landsleute zu sammeln und zu sortieren. Normalerweise studiert er in Košice. Wie Andrij haben viele der Helferinnen und Helfer hier enge Verbindungen in die Ukraine.
Andrij hat vor zwei Tagen erst seine Mutter Iryna und seinen kleinen Bruder Denys an der Grenze empfangen. Die Familie lebt in Kalush im Westen der Ukraine. "Mein Vater hat die beiden mit dem Auto an die Grenze gebracht. Dort habe ich sie abgeholt", erzählt Andrij. Sein Vater musste in der Ukraine bleiben, denn Männer zwischen 18 und 60 Jahren dürfen wegen der allgemeinen Mobilmachung nach ukrainischen Behördenangaben das Land nicht mehr verlassen.
Bis kurz vor die Grenze

Nachdem die Darmstädter Hilfsgruppe ihren Transport in sichere Hände übergeben hat, macht sie sich an die zweite große Herausforderung der Fahrt: Sie wollen Geflüchtete aus der Ukraine anbieten, zurück mit nach Darmstadt zu kommen. Mit dem Bus und einem kleinen Wohnmobil brechen die Helferinnen und Helfer auf in Richtung der ukrainischen Grenze. Eine Kontaktperson soll Menschen dorthin bringen, die mit nach Deutschland wollen.
"Seit wir in Košice abgefahren sind, bin ich gar nicht mehr so pessimistisch eingestellt", sagt Peter Ehry. "Unsere Herausforderung ist, die Flüchtlinge aufzunehmen an der Grenze - und dann fahren wir nach Hause nach Darmstadt."
Nächster Halt: Corona-Test

An der slowakisch-ukrainischen Grenze bremst eine lange Schlange von Lkw und Bussen den Hilfstransport noch einmal aus. In Versorgungszelten werden Geflüchtete mit Essen und Getränken versorgt.
Viele der Geflüchteten die sie an der Grenze treffen, sind Frauen, berichtet hr-Reporterin Bo Hyun Kim, die den Hilfstransport begleitet. Männer dürfen die Ukraine derzeit nicht verlassen. Elf Menschen nehmen schließlich das Angebot an, mit dem den Helfern nach Darmstadt zu fahren. "Es ist still im Bus", berichtet unsere Reporterin von der Rückfahrt. "Die Menschen sind sehr erschöpft, mache sind seit 48 Stunden auf den Beinen." Einige seien vom Warten in der Kälte völlig durchgefroren, vor allem die Kinder. "Die Leute sind erstmal froh, sitzen zu können - im Warmen."
Eine letzte Hürde gibt es dann noch in der Slowakei, etwa 100 Kilometer von der Grenze entfernt: Corona-Tests müssen gemacht werden. Ein weiterer Stopp. Dann das Ergebnis: alle negativ - der Rückweg ist frei.
Ankunft am Donnerstag geplant
Zumindest die erste Nacht nach der Ankunft werden die Geflüchteten in Darmstadt verbringen. Ob sie dort auf lange Sicht bleiben, ist offen. Wie die Darmstädter von Helferinnen und Helfern vor Ort erfahren haben, ist Deutschland für viele Geflüchtete aus der Ukraine nicht das erste Ziel - wegen der großen Distanz.
Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR haben sich seit dem russischen Angriff die meisten Geflüchteten vor allem in die ukrainischen Nachbarländer aufgemacht. Am Donnerstag soll der Bus mit den Helferinnen und Helfern sowie den Geflüchteten in Darmstadt ankommen.