Verwaltungsgericht Frankfurt Verkürzter Genesenenstatus wohl verfassungswidrig

Die Verkürzung des Genesenenstatus von sechs auf drei Monate ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Frankfurt rechtswidrig und verstößt wahrscheinlich auch gegen das Grundgesetz. Der Status sei im Fall einer 2G-Regel essenziell für die Teilnahme am öffentlichen Leben.
Der verkürzte Genesenenstatus für zuvor mit dem Coronavirus Infizierte von sechs auf drei Monate ist aus Sicht des Frankfurter Verwaltungsgerichts rechtswidrig. Das Gericht kam in einem Eilverfahren außerdem zu dem Schluss, dass die Verkürzung "mit überwiegender Wahrscheinlichkeit voraussichtlich verfassungswidrig" sei (Aktenzeichen: 5 363/22). Dafür sprächen ähnlich lautende Entscheidungen anderer Verwaltungsgerichte in Deutschland. Ein Verfassungsgericht hat noch nicht über die umstrittene Verkürzung geurteilt.
Das Robert-Koch-Institut (RKI) hatte den Zeitraum des Genesenenstatus' am 15. Januar ohne Ankündigung und Übergangsfrist um die Hälfte verkürzt. Begründet wurde das mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen aufgrund der zu dem Zeitpunkt rasanten Verbreitung der Omikron-Variante. Viele Bürger verloren damit quasi über Nacht die Möglichkeit, in Restaurants oder Bars zu gehen.
Gericht sieht Eingriff in Grundrechte
Das Frankfurter Gericht teilt die bereits von anderen Verwaltungsgerichten erhobenen Einwände gegen die Verkürzung, wie es am Dienstag meldete. Die Halbierung des Status' sei lediglich durch einen Verweis auf die Homepage des RKI erfolgt. Hier seien per Verordnung Sachverhalte geregelt worden, die unmittelbar in die Grundrechte der Betroffenen eingriffen. Dies verstoße gegen das Grundgesetz.
Der Genesenennachweis sei "im Rahmen der sogenannten 2G-Regelung neben einem Impfnachweis essenziell für die Teilnahme am öffentlichen Leben", teilte das Gericht weiter mit. Zudem müsse einen so grundlegenden Eingriff der Verordnungsgeber selbst, also Bund oder Länder, festlegen, nicht ein Bundesinstitut. Anlass der Entscheidung war ein Eilantrag einer Genesenen mit digitalem EU-Zertifikat, das sechs Monate lang gültig ist.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen den Beschluss kann laut Verwaltungsgericht innerhalb von zwei Wochen Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel eingelegt werden.
Bei der 2G-Regelung haben nur gegen das Coronavirus Geimpfte und Genesene beispielsweise Eintritt in Restaurants oder Freizeiteinrichtungen. In Hessen gilt bis 3. März in der Gastronomie noch die 2G-plus-Regel, wonach es Zutritt ohne zusätzlichen Test nur für Geboosterte gibt, für Ungeimpfte gar nicht. Ab 20. März sollen sämtliche Einschränkungen entfallen.
Rechtssprechung bundesweit nicht einheitlich
Die Rechtssprechung in dieser Frage ist bundesweit nicht einheitlich. Während - wie nun in Frankfurt - auch die Verwaltungsgerichte in Osnabrück, Berlin, Halle, Hamburg und Ansbach in Bayern die Verkürzung des Genesenenstatus für rechtswidrig halten, sehen beispielsweise die Verwaltungsgerichte in Schleswig und Dresden keinen Anspruch auf einen länger als drei Monate gültigen Genesenenstatus.
Lauterbach will an 90-Tage-Frist festhalten
Bund und Länder haben bereits vereinbart, dass die Festlegungen zum Genesenenstatus nicht weiter an das RKI delegiert werden sollen, sondern der Bundesgesundheitsminister zuständig ist. Auch die Bundesländer sollen mitreden dürfen.
Das RKI hatte zwischenzeitlich auf die Kritik an der Regelung zum Genesenenstatus reagiert und festgelegt: Die 90-Tage-Frist gilt nur für ungeimpfte Genesene. Menschen, die sich nach einer Impfung mit dem Coronavirus infizierten, genießen demnach 180 Tage lang den Genesenenstatus. So legte es auch die EU fest.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) befürwortet jedoch laut Bericht der Ärztezeitung weiterhin die 90-Tage-Regelung für alle. Den Entwurf für eine entsprechende Verordnung habe er eingebracht. Auf der Homepage des RKI steht bisher noch die gesplittete Genesenenstatus-Regelung.