Kombo mit Jonathan Kehl und Dominic LeBlanc

Mit der Spende von Stammzellen hat der Bad Hersfelder Student Jonathan Kehl das Leben eines erkrankten Menschen gerettet. Erst später erfuhr er, um wen es sich handelt: einen kanadischen Minister. Jetzt wollen sich beide kennenlernen.

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Junger Hesse spendet Stammzellen für kanadischen Minister

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Wie es sich anfühlt, das Leben eines Menschen gerettet zu haben? "Es erfüllt mich mit großem Glück. Ich bin wahnsinnig froh", sagt Jonathan Kehl. Ohne den 22 Jahre alten Lehramtsstudenten aus Bad Hersfeld und seine Stammzellenspende wäre der kanadische Politiker Dominic LeBlanc heute wohl nicht mehr am Leben.

LeBlanc, Minister im Kabinett des kanadischen Regierungschefs Justin Trudeau, erkrankte im Dezember 2017 an einer aggressiven Form des Blutkrebses. Im April 2019 kündigte der 54-Jährige an, sein Amt ruhen zu lassen.

Spendersuche läuft international

Um LeBlanc heilen zu können, musste ein passender Stammzellenspender gefunden werden. In einer Spender-Datei wurden die Ärzte fündig. Sie entdeckten das Profil von Jonathan Kehl. Weil für Stammzellengaben viele Parameter übereinstimmen müssen, läuft die Suche nach Spendern längst international.

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Blutkrebs

Blutkrebs ist ein Sammelbegriff für verschiedene bösartige Erkrankungen des blutbildenden Systems, bei denen Blutzellen entarten und sich unkontrolliert vermehren. Diese entarteten, bösartigen Zellen verdrängen die roten Blutkörperchen (Erythrozyten), die weißen Blutkörperchen (Leukozyten) und die Blutplättchen (Thrombozyten). Rote Blutkörperchen transportieren normalerweise Sauerstoff, weiße Blutkörperchen bekämpfen Infektionen und Blutplättchen stoppen Blutungen. Werden diese gesunden Blutzellen von funktionsuntüchtigen, kranken Zellen verdrängt, kann das Blut seine lebensnotwendigen Aufgaben nicht mehr übernehmen.

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Kehl hatte sich im Jahr 2018 bei einer Aktion in seiner Schule, der Modellschule Obersberg in Bad Hersfeld, als Stammzellenspender registriert. Dafür musste er nur Speichelproben abgeben. Die Sache geriet für ihn schnell aus den Augen. Doch dann bekam er die Nachricht, dass er als Spender in Frage komme. "Für einen männlichen Kanadier mittleren Alters - mehr wusste ich zunächst nicht", berichtet Kehl.

"Das perfekte Match"

Nach weiteren Voruntersuchungen war klar, dass zwischen Kehl und LeBlanc eine große genetische Übereinstimmung besteht. "Es war das perfekte Match, wie mir die Ärzte sagten. Die Wahrscheinlichkeit für solch einen Treffer liege bei 1 zu 20.000, erklärten sie dem Studenten.

Kehl war klar, dass er helfen wollte. "Es bestand kein Zwang oder Druck. Es war eine freiwillige Entscheidung. Und die habe ich getroffen. Was ich leisten konnte, ist nichts im Vergleich, zu dem, was der Blutkrebs-Patient durchstehen musste."

Kehl unterzog sich dann einer Behandlung, bei der die Stammzellenproduktion im Knochenmark angeregte wurde. Für die eigentliche Spende wurde ihm im September 2019 Blut mit einer hohen Konzentration an Stammzellen abgenommen. Anschließend wurde das Blut nach Kanada geflogen.

Jonathan Kehl liegt in einem Klinikbett und blickt in die Kamera.

Mail vom Minister: "Auf ewig dankbar"

Die Bluttransfusion konnte LeBlanc tatsächlich heilen. Kehl wusste davon lange nichts - bis er im November 2021 eine Mail des kanadischen Politikers erhielt. Zuvor hatte er den behandelnden Ärzten sein Einverständnis mitgeteilt, dass der Empfänger der Transfusion ihn kontaktieren könne. Zuerst kommunizieren LeBlanc und er schriftlich, dann im Dezember 2021 auch in einem Video-Anruf. "Er hat mir gesagt, dass er mir ewig dankbar sein wird, weil ich ihm das Leben gerettet habe", sagt Kehl.

LeBlanc sagte, dass die Spende eine lebenslange Verbindung zwischen ihnen beiden darstellen werde. "Nun fließt deutsches Blut durch meine Adern. Und nur dadurch bin ich noch am Leben", sagte er dem Hessischen Rundfunk.

Zum Dank lud LeBlanc den Studenten nach Kanada ein. "Im September fliege ich voraussichtlich dorthin. Ich war noch nie in Kanada und bin gespannt darauf, ihn persönlich zu treffen und das Land kennenzulernen", sagte Kehl.

Begegnung mit Premierminister Trudeau geplant

Le Blanc sagte, er wolle Kehl nach Ottawa einladen, ihm dort das Parlament in der kanadischen Hauptstadt zeigen und ihm Premierminister Trudeau vorstellen. Anschließend wolle er mit ihm in seine Heimat nach New Brunswick an die Ostküste reisen.

An die Öffentlichkeit gelangte die Spenden-Geschichte erst vor kurzem durch Medienberichte aus Kanada. Für einen Filmbeitrag über LeBlanc hatte ein Kamera-Team den Studenten aus Bad Hersfeld und seine Familie besucht. Dadurch gelangte die Geschichte auch in die deutschen Medien.

Für Kehl ist das alles eine total verrückte Geschichte. "Ich hätte nie geahnt, dass die Spende für einen Politiker ist. Als ich nach der Kontaktaufnahme seinen Namen im Internet suchte, las ich die Schlagzeilen des vom Krebs geheilten Ministers aus Kanada."

Auch für die Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS) ist das Ganze eine Erfolgsgeschichte. Die Organisation mit Sitz in Tübingen (Baden-Württemberg) kümmert sich um die Registrierung von Stammzellspendern. Das Ziel: Blutkrebspatienten weltweit mit einer Stammzelltransplantation eine Heilung zu ermöglichen.

"Nur weil sich Menschen, wie Jonathan Kehl zur Stammzellspende bereit erklären, können wir Betroffenen weltweit helfen", sagt eine Sprecherin der Organisation. Dieses zweite, geschenkte Leben sei für betroffenen Patientinnen und Patienten und ihre Familien und Freunde das größte Geschenk.

Millionen Spender, aber wenige Profile passen

Die DKMS und ihre Partner haben weltweit zwar mittlerweile mehr als elf Millionen Menschen registriert. Doch nur wenige können nach Angaben der Organisation tatsächlich zur Spende aufgefordert werden, weil das jeweilige Profil mit den Merkmalen eines Empfängers zusammenpassen muss.

Bei Dominic LeBlanc und Jonathan Kehl passte alles zusammen. Der Krebs ist durch die Transplantation verschwunden. Mit seiner Blutspende rettete der Lehramtsstudent aus Osthessen das Leben eines viele Tausend Kilometer weit entfernten Menschen in Kanada. "Ich würde es immer wieder tun. Es ist das Beste, was ich jemals gemacht habe", sagt Kehl.

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So können Sie Stammzellen spenden

Jeder gesunde Mensch zwischen 17 und 55 Jahren kann bei der DKMS Stammzellen spenden. Infos gibt es hier. In etwa 90 Prozent der Fälle werden die Stammzellen direkt aus der Blutbahn des Spenders entnommen. Eine Operation ist nicht notwendig. Stammzellen sind die Mutterzellen aller Blutzellen und für die Blutbildung zuständig.

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