Alleinstehende, Paare, Familien aus drei Generationen leben im Mehrgenerationenhaus

Singles, Familien, Paare - angesichts der Immobilienpreise werden in Frankfurt gemeinschaftliche Wohnprojekte immer beliebter. Die Stadt unterstützt den Bau von Mehrgenerationenhäusern.

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Gemeinschaftliche Wohnprojekte in Frankfurt

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Das Mehrgenerationenhaus im Frankfurter Stadtteil Unterliederbach liegt zwischen Kleingärten und einem Lebensmittelmarkt. Es leben dort seit einem halben Jahr 25 Menschen unter einem Dach. Im Hinterhof des Hauses stehen zwei Car-Sharing-Autos, auf den Dächern sind Solaranlagen angebracht. In den elf Wohnungen leben Alleinstehende sowie Paare und Familien.

Inklusives Mehrgenerationenhaus

Das Besondere an dem Wohnprojekt: Im Erdgeschoss leben auch vier Männer mit einer geistigen Behinderung, die von Betreuerinnen und Betreuern der Lebenshilfe Frankfurt e. V. unterstützt werden. Einer von ihnen ist der 58 Jahre alte Sohn von Jean-François Ameloot, der mit seiner Frau in eine der Wohnungen in dem Mehrgenerationenhaus gezogen ist.

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Tag des offenen Wohnprojekts in Frankfurt

Am Samstag, dem Tag des offenen Wohnprojekts, öffnen in Frankfurt 30 gemeinschaftliche Wohnprojekte ihre Türen.

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Ameloot erzählt, dass ihr Sohn bislang bei ihnen gewohnt habe. "Dass er hier unser Nachbar sein kann, ist ideal, weil er damit unabhängiger wird, er aber weiterhin mit uns an einem Ort leben kann."

Aus anderen Gründen sind Katharina Bräutigam und ihr Mann Maximilian in das Mehrgenerationenhaus gezogen. Für die Familie ist die Nachbarschaft und der Zusammenhalt, den sie dort erleben, ein großer Pluspunkt. "Im großen Gemeinschaftsraum veranstalten wir regelmäßig Spieleabende und Filmeabende und wir gehen auch füreinander einkaufen", erklärt Maxmilian Bräutigam.

Das sei toll, so Bräutigam. Der andere ausschlaggebende Grund seien die günstigen Wohnverhältnisse in dem Wohnprojekt gewesen.

Preisstabiles Wohnen

Eigentümerin des Mehrgenerationenhauses in Frankfurt-Unterliederbach ist die Frankfurter Wohnungsbaugenossenschaft WBG. Deswegen zahlt Familie Bräutigam keine Miete, sondern 12 Euro Nutzungsentgelt pro Quadratmeter, die einer Miete ähnelt. Ausgeschrieben hatte das Grundstück der Liegenschaftsfonds der Stadt Frankfurt.

Der Fonds verkauft bestimmte Grundstücke nicht an Höchstbietende auf dem Wohnungsmarkt. Es werden im Rahmen von Konzeptverfahren bestimmte Flächen zum Festpreis an gemeinschaftliche Wohnprojekte vergeben, um diese zu unterstützen.

Frankfurt: 70 Wohnprojekte fertig oder in Planung

Nach Angaben des Frankfurter Baudezernats ist ein klarer Trend für mehr solidarische Wohnprojekte erkennbar. 40 Wohnprojekte seien gerade im Bau oder in der Planung, 30 weitere Gruppen planten derzeit ein Wohnprojekt. Der Trend zu mehr solidarischem Wohnen gehe einher mit der steigenden Vielfalt von Lebensstilen, dem Wandel von Wohnbiografien und dem Wunsch nach preisstabilem Wohnen.

Ein weiteres solidarisches Wohnprojekt, das in zweieinhalb Jahren fertig sein soll, ist das Wohnprojekt Sonara, das eine junge Initiative in Frankfurt-Höchst plant. Um den Bau zu finanzieren, haben die Mitglieder eine Genossenschaft gegründet. Sie haben festgelegt, dass sie kostendeckend wirtschaften, keine Gewinne erzielen und der Neubau nicht verkauft werden darf. "So wollen wir konstante Mieten garantieren", erklärt der 28 Jahre alte Valentin Fuchs, der seit über zwei Jahre mit an dem Projekt plant.

Solidarisches Wohnen ist für den 28-Jährigen attraktiv, weil man damit auf individuelle Lebensentwürfe reagieren könne. Oft sei es so, dass Menschen nach dem Auszug ihrer Kinder auf bis zu 200 Quadratmetern wohnten, was wohnraumpolitisch nicht sinnvoll sei. Der Neubau, den Valentin Fuchs und seine Freunde planen, soll gegenüber des Bolongaropalastes in Frankfurt-Höchst entstehen. Auch dort hatte die Stadt Frankfurt das Grundstück vergeben.

Individuelle Lebensentwürfe

Gemeinsam mit dem Architekten Klaus Korbjuhn, der auch das Mehrgenerationenhaus in Frankfurt-Unterliederbach entwickelte, bekam die Initiative den Zuschlag im Rahmen der Ausschreibung der Stadt Frankfurt. Nun sollen zehn Wohnungen auf einer Grundstücksfläche von rund 300 Quadratmeter entstehen. Das Besondere: "Wir planen Cluster-Wohnungen", erklärt Valentin Fuchs, "die wir zusammenlegen können, wie eine große WG oder wieder voneinander trennen können". Je nachdem, wie sich die Lebensstile entwickelten.

Die 20 Bewohnerinnen und Bewohner stehen bereits fest. Sie alle haben unterschiedliche Berufen, arbeiten in sozialen Berufen, in der IT oder im Gesundheitssektor.

Anna Wunderlich, Klaus Korbjuhn und Valentin Fuchs

15 Euro werde der Quadratmeter voraussichtlich kosten. Das klinge erst mal nicht progressiv, meint Valentin. Allerdings garantiere ihre eigens gegründete Genossenschaft, dass die Mieten nicht steigen. Den Bau finanziert die Initiative mit einem Baukredit, Direktkrediten, Eigenkapital und Fördergeldern. Ziel der monatlichen Miete sei es, das Darlehen abzubezahlen und keine Gewinne zu erwirtschaften.

Ende des Jahres soll mit dem Bau des Sonara-Wohnprojektes in Frankfurt-Höchst begonnen werden. Auch für Streitfälle hat sich die Gruppe eine Lösung überlegt. Sollte das mal der Fall sein, wollen sie den mit einer gewählten Vertrauensperson der Gruppe lösen. Falls diese auch in den Streit involviert sei, müsse ein externer Mediator dazu kommen.

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 12.5.22, 19:30 Uhr