Teilnehmer der Fahrrad-Demonstration in Frankfurt fahren auf einer Straße, im Hintergrund sind die Banekentürme zu sehen

Mit über 70.000 Unterschriften ist die Voraussetzung für ein geplantes Volksbegehren in Hessen zur Verkehrswende geschaffen. Doch worum geht es eigentlich? Und wie stehen die Chancen auf Erfolg?

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Tausende Radfahrer auf der Autobahn

hessenschau vom 28.08.2022
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Über 70.000 Unterschriften für ein Volksbegehren zur Vekehrswende hat die Initiative "Verkehrswende Hessen" am Sonntag an Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) übergeben. Aber was steckt hinter dem Vorhaben, das der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) Hessen, der Verkehrsclub Deutschland (VCD) Hessen, der Fußgängerverband Fuss e.V., sowie die Initiativen der Radentscheide Frankfurt, Darmstadt, Kassel und Offenbach ins Leben gerufen haben? Hier finden Sie die Antworten zu den wichtigsten Fragen rund um das geplante Volksbegehren.

Was sind die Ziele?

Klimaschutz und mehr Verkehrssicherheit gehören zu den Hauptanliegen. Dazu sollen Fußgänger und Fußgängerinnen sowie Radfahrerinnen und Radfahrer mehr Platz erhalten. Radwege sollen breit und sicher werden, es soll ein hessenweites Radnetz entstehen. Auch Gehwege sollen ausreichend breit sein, breite Straßen sollen sicher und ohne lange Wartezeiten oder Umweg zu überqueren sein. Schulwege sollen sicher werden.

Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) soll massiv ausgebaut werden, vor allem auf dem Land. Ein erschwingliches Bürgerticket für alle wird eingeführt. Die umweltfreundlichen Verkehrsarten sollen so attraktiv werden, dass ihr Anteil am gesamten Personenverkehr von jetzt etwa 45 auf mindestens 65 Prozent steigt.

Wie soll dies erreicht werden?

Die Beteiligten haben einen Gesetzentwurf formuliert, den sie mittels direkter Demokratie in den Landtag einbringen wollen. Mit den 70.232 Unterschriften, die am Sonntag überreicht wurden, ist der erste Schritt geschafft. Wenn der Landeswahlleiter das Vorhaben für zulässig erklärt, beginnt mit einer erneuten Sammlung von dann rund 218.600 Unterschriften das eigentliche Volksbegehren. Gelingt dies, muss sich der Landtag mit dem Gesetzentwurf beschäftigen. Gibt es hier keine Zustimmung, ist ein Volksentscheid möglich, bei dem die Mehrheit der Wahlberechtigten das Gesetz beschließen kann.

Wie sind die Erfolgsaussichten?

Bisher gibt es noch kein Beispiel für eine erfolgreiche Volksgesetzgebung in Hessen. Der Landeswahlleiter listet drei gescheiterte Versuche auf, zuletzt sollte 1997 der Buß- und Bettag wieder gesetzlicher Feiertag werden. Der vorgelegte Gesetzentwurf war als nicht verfassungskonform abgelehnt worden. An formalen Vorgaben waren zuletzt auch in mehreren hessischen Städten Initiativen zunächst gescheitert, die vor Ort Verbesserungen erreichen wollten.

In Verhandlungen mit der Kommunalpolitik gelang es dann doch noch, viele Ziele durchzusetzen - etwa in Frankfurt: Die Stadt erklärte sich in der Folge zur "Fahrradstadt" und griff zahlreiche Vorschläge aus dem abgelehnten Bürgerbegehren auf. Mit Blick auf das nun geplante Volksbegehren zeigte sich Al-Wazir am Sonntag gesprächsbereit: "Für mich steht fest: Wir werden uns sehr ernsthaft mit den Inhalten des Gesetzes beschäftigen, uns mit den Initiatorinnen und Initiatoren treffen und über konkrete Schritte zur Umsetzung der Verkehrswende und deren Verankerung austauschen, und zwar unabhängig von der Verfassungskonformität des Gesetzentwurfs der Initiative."

Wie beurteilen Experten das Vorhaben?

Der Mobilitätsforscher Martin Lanzendorf von der Frankfurter Goethe-Universität sieht in dem Volksbegehren Verkehrswende einen sehr wichtigen Schritt. Vorbilder seien Berlin und Nordrhein-Westfalen, wo ähnliche Initiativen erfolgreich gewesen seien. Auch in Städten hätten Radentscheide viel erreicht. Sie hätten der Kommunalpolitik gezeigt, wie viele Menschen sich Veränderungen wünschten, so dass die Politiker schließlich zur Tat schritten. "Ich stelle mir das ähnlich vor, dass es auch für eine Landesregierung wichtig ist zu sehen, wie stark die Unterstützung für solche Vorhaben ist", sagt der Wissenschaftler.

Die Landesregierung müsse Gelder massiv umschichten, möglichst nur noch umweltfreundliche Verkehrsvorhaben fördern und den Straßenbau stoppen. "Jeder Kilometer Straße, der neu gebaut wird, bedeutet zusätzliche CO2-Emissionen, weil er das Autofahren attraktiver macht", erklärt Lanzendorf.

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