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Eine besondere Akademie in Bad Homburg

Bildkombination aus zwei Fotos: ein Blick in eine Kurssituation mit männlichem Aktmodell und eine Frau, die an einer Staffel steht und ein Portrait malt.

An der Academy of Fine Art in Bad Homburg wird gezeichnet, gemalt und modelliert - in einer dreijährigen Ausbildung. Jetzt wird der Abschluss staatlich anerkannt. Aber was ändert das für die Studierenden?

Aktzeichnen steht auf dem Programm. Eine Dutzend Staffeleien stehen im Halbrund um den jungen Mann, der stoisch das Modell gibt. Obwohl alle Studierenden dasselbe Modell in derselben Pose vor sich haben, wirken manche Zeichnungen auf den Staffeleien noch ungelenk, andere dagegen sehr detailliert und mit leichter Hand hingeworfen.

Denn in diesem Kurs an der Academy of Fine Art in Bad Homburg zeichnen Studierende vom ersten bis zum dritten Ausbildungsjahr zusammen. "Dieses Live-Modell-Zeichnen", erklärt Studentin Vanesa Andrić, "das hat mir am meisten geholfen, weil ich ein ganz anderes Verständnis für die Anatomie des Menschen habe."

Mehr als nur Horizont erweitern

Foto von Vanesa Andric, wie sie an einer Staffelei steht.

Vanesa ist 21, im zweiten Ausbildungsjahr und eigentlich Tätowiererin. Die Ausbildung zur Kunstmalerin sollte ursprünglich nur ihren Horizont erweitern, etwas sein, dass Spaß macht. Aber mittlerweile stellt sie fest, dass das erlernte Wissen um Proportionen, Licht und Perspektive auch für ihren Arbeit an der Tattoo-Nadel wichtig sein könnte.

"Wie das auch mit dem Licht läuft oder mit den Schatten, da kann ich mir sehr gut vorstellen, dass das auch praktisch sein kann." Gerade wenn es darum geht, das was man sieht so genau wie möglich abzubilden. "So kann ich es vielleicht hinkriegen, was die alten Meister auf der Leinwand gemacht haben, auf die Haut zu bringen."

Academy vermittelt Business-Wissen

Tatsächlich legt die Academy of Fine Art großen Wert auf das klassische Handwerk. Und gehört damit zu den wenigen Ausbildungs-Schulen weltweit, die Zeichnen, Malen und Modellieren ganz praktisch lehren - im Unterschied zu Universitäten: "Die Universitäten sind mehr darauf ausgerichtet, den freien Geist zu schulen, es geht um Kunstrichtungen wie Installation, Performance, abstrakt, modern", erklärt Direktorin Dana Güttler. "Wir hingegen unterrichten das realistische Zeichnen und Malen. Das, was ich sehe, soll im Grunde perfekt übertragen werden."

Foto von Dana Güttler, wie sie in einem Atelier steht.

Weil aber die handwerkliche Fertigkeit allein nicht reicht, um in der Kunst-Szene bestehen zu können, wird den Studierenden auch praktisches Wissen rund ums Business vermittelt, verrät Güttler: "Wie sieht eigentlich ein klassischer und vor allem auch ein fairer Galerievertrag aus? Auch solche Sachen wie Kaufverträge, Selbstvermarktung. Aber auch ganz einfache Dinge wie: Wie berechne ich eigentlich mein Bild?"

"Finanzielle Hilfen möglich"

Bisher lief die Academy als einfache Privatschule. Etwa 650 Euro im Monat zahlen die aktuell 50 Studierenden hier für ihre Ausbildung. Aber weil das Ministerium für Wissenschaft und Kunst diese jetzt zertifiziert, also staatlich anerkennt, ändert sich einiges, betont Direktorin Güttler: "Ein anerkannter Abschluss ist meistens vor allem für Eltern mehr wert als ein privater Abschluss."

Aber auch die Studierenden profitieren davon, sagt sie: "Da sind so Sachen wie finanzielle Hilfen, BAföG zum Beispiel, die man jetzt beantragen kann. Aber auch so kleiner Sachen wie ein RMV-Ticket, damit ich kostengünstig Bus und Bahn fahren kann."

"Ein großer Durchbruch"

Foto von Marie Baldermann, wie sie an einer Staffelei steht und malt.

Studentin Marie Baldermann freut sich aber aus einem ganz anderen Grund darüber, dass ihre Ausbildung jetzt staatlich anerkannt ist: "Für mich ist das ein großer Durchbruch, das gab’s noch nie in Deutschland." Nicht nur, dass die Schule damit einzigartig ist, der Beruf Kunstmaler und Skulpteur wird automatisch auch aufgewertet.

Und egal ob die Absolventen und Absolventinnen danach als freie Künstler arbeiten, als 3D Artist oder Tätowierer, ihre Fertigkeit wird durch die staatliche Anerkennung offiziell wertgeschätzt.

"Ich möchte als Malerin arbeiten"

Marie selbst ist bald staatlich geprüfte Kunstmalerin. Im Dezember macht die 22-Jährige nach drei Jahren Ausbildung ihren Abschluss. Auch das mit Ölfarben gemalte Selbstporträt vor ihr ist fast fertig. Sie tritt ein bisschen von der Staffelei zurück, kneift ein Auge zu und wirkt ganz zufrieden. "Mit diesem alten Flair, mit dieser Seele im Bild, das wollt ich lernen."

Das Handwerk beherrscht sie, keine Frage. Und das will sie auch in Zukunft umsetzen, verrät die 22-Jährige selbstbewusst: "Ich möchte als Malerin arbeiten, große Bilder schaffen, Ölgemälde. Ich möchte das nehmen, was ich hier gelernt hab: realistisch die Welt abbilden - aber durch meine Augen."

Weitere Informationen

Die Academy of Fine Art

Die Einrichtung mit Sitz in Bad Homburg (Hochtaunus) gibt es seit 2014. Sie ist nach eigenen Angaben die erste Akademie in Hessen, die vollschulisch zum/r staatlich anerkannten Kunstmaler/in und staatlich anerkannten Skulpteur/in ausbildet. Absolventen arbeiten den Angaben der Schule zufolge als Auftragsmaler für Porträts als Designer/Zeichner in der Werbung, als storyboarder für Unternehmen. Lehrgänge in Zeichnen werden oft von Tattoo-Künstler gebucht.

Geplant ist, gemeinsam mit dem Frankfurter VFX-Studio Pixamondo einen Ausbildungsgang in digitale Filmbearbeitung und Postproduction zu etablieren. Die Lehrenden kommen aus anderen europäischen Kunstschulen.

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