Brettspiel-Boom in der Pandemie Im "Playce" können Frankfurter bald analog zocken

Bier, Chips - und jede Menge Brettspiele: So stellen sich zwei Frankfurter den perfekten Ort für Spielefans vor. Der Markt ist in der Pandemie nochmal gewachsen. Das wollen sie zum Geschäft machen.
Für die Verwirklichung ihres Traums braucht es für Katja Eisert und Dennis Horn nicht viel: Ein paar Tische und Stühle, alkoholische Getränke, Snacks – und ein Regal, das von oben bis unten mit Spielen gefüllt ist. Gemeint sind dabei nicht etwa Playstation oder Xbox, sondern Klassiker wie Carcassonne, Siedler von Catan und jede Menge anderer Brettspiele.
Nicht erst seit der Corona-Pandemie wächst der Markt für die analoge Form des Zockens. Laut dem Verband der Spieleverlage hat sich der Spiele- und Puzzlemarkt in Deutschland 2020 um 21 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesteigert. In diesem Jahr ist der Markt für Gesellschaftsspiele sogar noch einmal um rund 14 Prozent gewachsen - gerade im Bereich der Erwachsenenspiele.
"Keiner muss aufräumen"
Auch Eisert und Horn hat das Spielfieber gepackt: Bisher messen sie sich im heimischen Wohnzimmer in Frankfurt. Doch eigentlich bräuchte es einen eigenen Platz zum Spielen, finden sie. Einen Ort, an dem sich leidenschaftliche Brettspielerinnen und -spieler treffen können - egal, ob sie sich vorher kannten oder nicht.
"Einfach so eine Spielebude. Du gehst hin, du kriegst dein Bier, du kriegst deine Chips, du hast einen smoothen Abend. Und dann stehst du auf und gehst nach Hause und keiner muss aufräumen", erklärt Katja Eisert das Konzept.

Sie schreiben einen Businessplan und gründen eine GmbH. "Playce" soll ihre Spielebude heißen - und die "schöne Welt der Brettspiele" für alle öffnen. Aktuell läuft die Suche nach geeigneten Räumen. Wenn alles klappt, bekommt Frankfurt noch in diesem Jahr seine erste Spielekneipe.
Brettspiel-Szene in Hessen vernetzt sich
Anderswo in Hessen ist die Brettspielszene schon vernetzt. In Dietzenbach zum Beispiel trifft man sich einmal im Monat für die "Spieletage", in Darmstadt gibt es bereits eine Kneipe, in der über 700 Gesellschaftsspiele für die Gäste bereitliegen. Auch das größte Spielefest findet einmal im Jahr in Darmstadt statt: Spieleverlage stellen ihre Neuerscheinungen vor, Experten erklären Regeln und Strategien, sogar Wettbewerbe werden veranstaltet.

Dass man mit Brettspielen Geld verdienen kann, haben Andreas Finkernagel und Karsten Esser schon Anfang der 1990er Jahre gewusst. Oder anders: Sie haben es etwas unbedarft einfach ausprobiert.
Als Esser damals sein Chemiestudium abbrach und seinem Schulfreund von seinem Plan erzählte, stattdessen einen Spieleladen eröffnen zu wollen, war der gleich Feuer und Flamme. "Ich war sofort dabei und wusste auch schon, wo wir das machen", erinnert sich Finkernagel.
"Das Risiko erschien uns damals nicht so groß"
Aus einem ehemaligen Betrieb für Fenstertechnik in Friedberg - geleitet von Finkernagels Vater - wurde so zuerst ein Ladengeschäft für Fantasy-Spiele und kurz darauf ein Verlag. An den Wochenenden räumten sie den Inhalt ihres Ladens in den Transporter von Finkernagels Eltern und fuhren deutschlandweit zu Spieleveranstaltungen, wo sie ihre Ware anboten und Kontakte knüpften.

Heute, bald 30 Jahre später, ist der Pegasus Verlag international tätig und hat viele ausgezeichnete Spiele im Programm, mit dem kooperativen Detektivspiel "MicroMacro - Crime City" zum Beispiel das aktuelle "Spiel des Jahres".
Mit Computerspielen wird mehr Geld verdient
Solche Auszeichnungen und die mediale Aufmerksamkeit, die sie mit sich bringen, seien aus geschäftlicher Sicht enorm wichtig, erklärt Finkernagel. "Von einer normalen Auflage eines Brettspiels verkauft man vielleicht über den Daumen so 5.000 Stück. Von "MicroMacro" hoffen wir, direkt im ersten Jahr 500.000 Stück zu verkaufen. Das sind bedeutende Unterschiede."
Trotzdem sagen die Geschäftsführer: Wer rein aus wirtschaftlichen Gründen in die Brettspiel-Welt kommt, mache einen Fehler. "Geld verdienen kann man sicherlich im Computerspielbereich deutlich mehr." Für alle, die er in der Branche kenne, stünden Emotionalität und der Spaß am Spielen im Vordergrund.
So wie ihm und seinem Freund Finkernagel, damals wie heute. Als sie ihren Spieleverlag gründeten, erschien ihnen "das Risiko gar nicht so groß, wie man es jetzt mit Abstand betrachten würde", gibt Esser zu. Aber: Spaß an dem zu haben, was man macht - das sei wichtig. Das wolle er auch seinen Kindern mitgeben.
Mehr über Brettspiele
Die dreiteilige hr-Serie "Board Games" erzählt weitere Geschichten aus der Welt der Brettspiele: Eine Spieleredakteurin zum Beispiel berichtet von ihrem Arbeitsalltag. Klaus Teuber, Erfinder des Erfolgsspiels "Die Siedler von Catan", erinnert sich an eine Zeit, als Spiele für ihn noch ein Hobby waren. Und eine Medienhistorikerin erklärt, warum Spielen auch gefährlich sein kann. Alle Folgen stehen in der ARD-Mediathek zur Verfügung.
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