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Bernhard Adams gestaltet ein Kirchenfenster für Königstein

Ein Mann mit hellem Kapuzenpullover, schulterlangen braunen Haaren und Drei-Tage-Bart steht vor einem bunt beklebten Fenster.

Für die Königsteiner Immanuelkirche hat der Künstler Bernhard Adams ein neues Fenster gestaltet. Es war nicht nur für ihn persönlich eine Premiere: Als erstes Kirchenfenster überhaupt soll es im Internet als digitales Sammelobjekt versteigert werden.

Eine Rangliste der jüngsten Gestalter von Kirchenfenstern gibt es noch nicht, aber Bernhard Adams - geboren 1990 - dürfte ziemlich weit vorne landen. "Das macht man normalerweise eher so mit 70 Jahren oder sogar noch später", sagt er. Umso mehr habe es ihn gefreut, dass die Kirchengemeinde in Königstein (Hochtaunus) ihm das Vertrauen geschenkt hat, ein neues Rosettenfenster zu gestalten. "Und ich hoffe, ich habe das mit Qualität belohnt."

Der Anstoß dazu, Adams das neue Kirchenfenster gestalten zu lassen, kam aus der Königsteiner Gemeinde selbst. Ein Mitglied des Kirchenvorstands kannte die großformatigen Leinwandarbeiten des 31-Jährigen, der 2018 sein Studium an der Düsseldorfer Kunstakademie abgeschlossen hat.

Mit Fenstern hatte er schon Erfahrung gesammelt, er gestaltete ein sechs Meter hohes Fenster für die jüdische Gemeinde Frankfurt. Aber ein Kirchenfenster, das war für Adams Neuland.

6.000 Kilometer Recherchereise durch Europa

Etwa zwei Jahre hat Bernhard Adams an dem Rosettenfenster gearbeitet. Weil er von Kirchenfenstern noch nicht viel wusste, stand am Anfang Recherche. Der Künstler begab sich auf einen Roadtrip quer durch Europa, um sich Kirchen und Kathedralen anzusehen: vom Rheinland über Augsburg bis nach Mailand und zur Stadtburg Alhambra im andalusischen Granada (Spanien).

Rund 6.000 Kilometer später hatte Adams zahlreiche Eindrücke gesammelt. Besonders beeindruckt habe ihn die Leuchtkraft der vom Dresdner Künstler Imi Knoebel gestalteten Fenster in der Kathedrale im nordfranzösischen Reims.

Blick auf die vom Künstler Imi Knoebel entworfenen Fenster der Kathedrale von Reims, aufgenommen am 11.05.2015.

Taunussteiner Glasstudio baut Fenster ein

Ein Abbild der Reimser Fenster als Miniatur hängt in Hessen: in der Galerie des Glasstudios Derix in Taunusstein (Rheingau-Taunus). Seit mehr als 150 Jahren arbeitet die Manufaktur gemeinsam mit Künstlerinnen und Künstlern beispielsweise an der Gestaltung von Kirchenfenstern, Skulpturen und Vordächern aus Glas. Auch das Fenster der Königsteiner Immanuelkirche ist dort entstanden.

In den Studios in Taunusstein hängen noch andere Beispiele von Kirchenfenstern, etwa das "Richter-Fenster", das der Künstler Gerhard Richter für den Kölner Dom angefertigt hat. Hier konnte sich Bernhard Adams genau ansehen, wie die unterschiedlichen Glas-Qualitäten und Farben wirken.

Beraten hat ihn dabei Manfred Gommert, der seit 33 Jahren bei Derix Projekte leitet. Tausende Kirchenfenster seien schon durch seine Hände gegangen, schätzt er.

Das von Gerhard Richter gestaltete 113 Quadratmeter große Domfenster ist in Köln im Dom zu sehen (Archivfoto vom 25.08.2007).

Modernes Verfahren für mehr Leuchtkraft

Für Gommert ist es egal, ob jemand sein erstes Kirchenfenster gestaltet oder das Hundertste. Der Prozess sei letztlich immer der gleiche: "Man muss verstehen, was der Künstler macht, wie er so tickt." Dabei gehe es nicht nur ums Beraten an sich, sondern darum, wie man sich miteinander verständige.

Ein Mann mit schwarzem T-Shirt, Brille und langem grauen Bart steht in einem hellen Raum. Im Hintergrund sind verschiedene bunte Fenster zu sehen.

Adams Kirchenfenster sollte nicht wie viele andere dominiert werden von den dunklen Linien der Bleistege, die die einzelnen Glasstücke zusammenhalten. Vielmehr wollte der Künstler, dass es "nicht nur ein hartes Schwarz vorne und ein Bunt dahinter gibt, sondern dass es auch feinfühliger sein kann". Gommert und er nutzten deshalb ein moderneres Verfahren, bei dem die Glasstücke auf eine Trägerscheibe aufgeklebt werden.

Sternenhimmel als Inspiration

Als Motiv für sein Fenster wählte Adams einen Stern. Der Sternenhimmel habe ihn schon immer interessiert, sagt der 31-Jährige. Er sehe darin "so etwas wie die erste Leinwand für den menschlichen Geist". Vor allem merkte der Künstler schnell, dass dieses Objekt gut in den sakralen Kontext integrierbar ist.

Prägend sei für ihn ein Bibelvers aus dem Buch Genesis gewesen: "Die Sterne sollen Zeichen sein." Das beschreibe einen Wesenszug der Malerei, meint Adams, nämlich den Verweis auf etwas anderes. "Ganz reduziert ist Malerei bunter Dreck mit Kleber. Aber das sehen wir nicht, wenn wir ein gemaltes Bild anschauen", sagt der Künstler. "In der Regel sehen wir viel mehr als das, was es eigentlich ist."

Auf einem Tisch liegen Farbmuster aus Pappe, die zu einem Stern zusammengesetzt werden.

Das bisherige Fenster in der Immanuelkirche in Königstein zeigte eine Szene aus der Apokalypse mit einer mahnenden Jesusfigur. Dem wollte Bernhard Adams etwas entgegensetzen: die Schöpfung. Dass die Rosette passend zur Zahlenmystik der Schöpfungsgeschichte aus sieben Elementen besteht, habe ihn darin bestärkt.

Das Material als entscheidender Faktor

Allerdings ist ein Glasfenster keine Leinwand, wie Adams betont. Eine entscheidende Rolle in der Gestaltung spielen das Material, seine Eigenschaften und die Fähigkeiten, es zu bearbeiten. Manfred Gommert zeigte dem Künstler, wie unterschiedlich die verschiedenen Glasqualitäten wirken.

Bei mundgeblasenem Opalglas etwa, aus dem die Rosette in Königstein hergestellt ist, entstehen schon durch den Fertigungsprozess verschiedene Farbschattierungen. Es ist also entscheidend, welche Stelle der farbigen Glasplatte man auswählt, ausschneidet und wie bei einem Mosaik mit anderen Stücken zusammenfügt. Die Farben und ihre Wirkung lassen sich wiederum durch Ätzung und andere Methoden weiter verändern.

Auf einer Fensterscheibe sind bunte Farbmuster angebracht.

Im Glaslager von Derix seien etwa 2.500 verschiedene Glasfarben vorhanden, schätzt Gommert. Trotzdem reichten sie nicht für den Stern. Einen bestimmten Türkiston gab es in Glas zum Beispiel gar nicht, er musste mit Farbe aufgetragen werden. Von einem Gelbton wiederum fehlte die nötige Menge. Um ihn zu beschaffen, fuhren Adams und Gommert extra zu einer Glashütte im bayerischen Waldsassen, die als eine von wenigen verbliebenen Produktionsstätten Antikglas für Kirchenfenster in Handarbeit herstellt.

Besonderes Gimmick zur Einweihung

Nun ist der Stern im neuen Rosettenfenster über dem Orgelportal in der Königsteiner Immanuelkirche zu sehen. Am 24. Juni soll er offiziell eingeweiht werden.

Dafür hat Bernhard Adams noch eine besondere Aktion geplant: Als erstes Kirchenfenster überhaupt sollen drei digitale Entwürfe seines Kirchenfensters im Internet als NFT versteigert werden, also als nicht austauschbares digitales Sammelobjekt, das ähnlich wie eine Kryptowährung in einer Blockchain hinterlegt ist. Die Hälfte des Erlöses soll an die Gemeinde gehen.

Bernhard Adams freut sich schon zu sehen, wie das Fenster in der Kirche wirken wird, wie das Licht durch seinen Stern im Rosettenfenster in den Raum fällt. Und wie es sich verändern wird, wenn die Sonne untergeht. Vielleicht scheinen sogar die Sterne durch den Stern. Der Künstler ist sich sicher: "Es wird auf jeden Fall spektakulär."

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NFT und Blockchain

Was ist ein NFT?

Ein NFT ist eine Art digitaler Echtheits- und Eigentumsnachweis. Dabei wird zum Beispiel ein Videoclip auf einer Blockchain registriert. Dazu werden die Eigentümer sowie Käufe und Verkäufe eingetragen. Dadurch erhält das NFT eine einzigartige digitale Signatur, auch wenn das zugrunde liegende Werk millionenfach reproduziert werden kann. Das NFT ist aber ein Unikat und wird durch die Zertifizierung handelbar gemacht.

Die NFT-Blockchain ist frei einsehbar. Dadurch können sich die offiziellen Eigentümer digitaler Kunstwerke jederzeit und öffentlich mit ihrem Besitz brüsten.

Befürworter sehen in NFTs die Zukunft des Eigentums. Jeder Besitz, von Konzertkarten bis zum Eigenheim - werde irgendwann in einer Blockchain gespeichert sein. Künstlern bieten NFTs die Möglichkeit, mit digitaler Kunst Geld zu verdienen - durch den Verkauf selbst und möglicherweise durch zusätzliche Provisionen, wenn das Kunstwerk den Besitzer wechselt.

Was ist Blockchain?

Blockchain gilt als digitales Grundbuch, das öffentlich alle getätigten Transaktionen festhält. Die Software sammelt beispielsweise Daten von Überweisungen, fasst sie zu Blöcken zusammen und hängt sie aneinander.

Die Technologie wurde ursprünglich für die digitale Währung Bitcoin entwickelt. Sie kann aber auch für Warenbestellungen oder als digitaler Ausweis genutzt werden. Der größte Pluspunkt ist die Datensicherheit. Sämtliche Informationen werden verschlüsselt und fälschungssicher gespeichert.

Welche Arten von NFTs gibt es?

Grundsätzlich kann jedes digitale Objekt - Bilder, Videos, Musik, Texte oder Tweets - zu NFTs gemacht werden. Mit Hilfe von NFTs können sich Nutzer auch Grundstücke oder Figuren in virtuellen Spiele-Welten sichern. Twitter-Mitgründer Jack Dorsey verkaufte im März den weltweit ersten Tweet als NFT für 2,9 Millionen Dollar.

Wie kann man ein NFT kaufen?

NFTs werden auf spezialisierten Plattformen gehandelt. Doch springen auch klassische Auktionshäuser wie Christie's auf den Zug auf. Gezahlt wird bei den Versteigerungen meist in der nach Bitcoin zweitwichtigsten Kryptowährung Ethereum oder in US-Dollar.

(Quelle: Reuters)

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