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Anfassen und selbst forschen

Ein Waschbär-Präparat mit einem Stift im Maul

Normalerweise zeigen Naturkundemuseen Forschungsergebnisse. Im Senckenberg Museum haben Besucher nun die Möglichkeit, selbst etwas zur Forschung beizutragen - und Waschbären zu streicheln. Davon sollen auch Wissenschaftler profitieren.

Die weißen Regale in den neu gestalteten Räumlichkeiten des Senckenberg Naturmuseums in Frankfurt reichen vom Boden bis zur Decke. Sie sind gefüllt mit verschiedenen Exponaten: Schädeln, Fossilien, einem Biberfell. Zwischen ihnen stehen Arbeitstische mit Mikroskopen - und ein Waschbär, der an einem Bleistift knabbert.

Natürlich handelt es sich um keinen lebendigen Waschbären, sondern um ein Präparat. Man kann ihn bedenkenlos streicheln: Anfassen ist in der neu geschaffenen Forschungswerkstatt "Aha?!" nicht nur erlaubt, sondern sogar erwünscht.

Forschungswerkstatt Senckenberg Naturmuseum

"Wir wollten einen Raum schaffen, wo die Leute nicht nur gucken und lesen können, sondern wirklich selber aktiv werden können", erklärt Kuratorin Eva Roßmanith, die den Raum gemeinsam mit der wissenschaftlichen Volontärin Tuğba Kalkan entwickelt hat.

Senckenberg-Exponate frei zugänglich

Gestaltet wurden die Räume vom Künstlerkollektiv YRD Works. Die Forschungsschätze des Senckenberg Naturmuseums sind dort im Gegensatz zum Rest des Museums nicht hinter Glas verborgen, sondern frei zugänglich in Schubladen und auf Regalbrettern verstaut - wie in einem echten Forschungsinstitut.

Kinder können die Exponate genau angucken, anfassen und vermessen. "Man kann einen Biberschädel anfassen und sich fragen, warum der eigentlich eine rote Zahnschicht hat", sagt Roßmanith. "Und man kann Waschbären streicheln." Unter Mikroskopen können Nachwuchswissenschaftler noch so kleine Strukturen erforschen. Zudem gibt es eine Bastelecke zum Zeichnen, Modellieren und Gestalten.

Das Foto zeigt zwei Jungs, die ein Tierfell in den Händen halten. Dahinter ist ein Junge zu sehen, der durch ein Vergrößerungsglas schaut.

Besucher können zur Forschung beitragen

Aber nicht nur Kinder, auch Erwachsene sollen im neuen Mitmachbereich ihrer Lust am Forschen und Erkunden freien Lauf lassen. "Wir haben versucht, Angebote auf verschiedenen Ebenen und Niveaus zu machen", sagt Roßmanith. "Es gibt auch anspruchsvolle Arbeiten, wo man wirklich Forschungsprojekte bearbeitet und der Wissenschaft hilft."

Bei einem Projekt etwa können die Besucherinnen und Besucher Fotos aus einer in Bolivien aufgestellten Fotofalle auswerten. "Es geht darum zu gucken, ob da ein Jaguar drauf ist oder ein Tapir oder gar nichts", so Roßmanith. Die Daten, die so erhoben werden, helfen bei der Erforschung des Wildtierlebens und des Biodiversitätsverlusts in dem südamerikanischen Land.

In einer weiteren Forschungsarbeit können Sandproben für wissenschaftliche Untersuchungen aufbereitet werden und mit einer Pinzette zum Beispiel winzige Schnecken und Muscheln sortieren. Diese Vorarbeit kann Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bei Untersuchungen zur Schalendicke der Tiere oder der Temperaturveränderung der Meere helfen.

Liveschalten in Labore geplant

Expertinnen und Experten vor Ort stehen den Fragen von Klein und Groß Rede und Antwort. Per Videocall sollen außerdem Forschende aus aller Welt regelmäßig zugeschaltet werden, um von ihren Erkenntnissen zu berichten. Davon profitieren nicht nur die Besucherinnen und Besucher der Forschungswerkstatt, meint Roßmanith: "Gerade als Doktorand sieht man manchmal den Wald vor lauter Bäumen nicht. Wenn jemand eine Fragen stellt, die man sich selbst eventuell noch nicht gestellt hat, ist das ein riesiger Pluspunkt."

Das Bild zeigt Exponate in einer Schublade im Senckenberg Naturmuseum

Die Kuratorin hofft, bei den Besucherinnen und Besuchern so die Neugier an der Natur und an Naturwissenschaften zu wecken und Forschung greifbarer zu machen. "Es ist schön, wenn man die Sachen, die man sonst hinter Glas sieht, mal in die Hand nehmen kann", sagt sie. "Oder wenn man sich vielleicht mal auf ein Straußenei stellt und guckt, ob es bricht." Das habe einen besseren Lerneffekt als nur darüber zu lesen.

Die Forschungswerkstatt soll außerdem zum Naturschutz animieren. Schließlich empfinde man immer das als besonders schützenswert, das man selbst interessant finde, meint Roßmanith. Trotzdem habe die Forschungswerkstatt keine festen Lernziele. Jeder und jede dürfe dort nach eigener Lust und eigenen Bedürfnissen forschen und sich mit den Objekten beschäftigen - und zum Beispiel einen Waschbären zu streicheln.

Weitere Informationen

Aha?! Forschungswerkstatt im Senckenberg Naturmuseum

In den neu gestalteten Räumen können Besucherinnen und Besucher ab 8 Jahren aktiv in den Kontakt mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern treten und selbst an Sammlungsstücken arbeiten. Für die Forschungswerkstatt braucht es keine separate Anmeldung oder Ticket. Sie ist Dienstag bis Donnerstag von 13 bis 17 Uhr geöffnet, mittwochs zusätzlich von 10 bis 18 Uhr. Freitags, am Wochenende und an Feiertagen hat die Forschungswerkstatt von 10 bis 17 Uhr geöffnet.

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