"Würde vielen Menschen weh tun" Frankfurter Brotfabrik droht das Ende durch Abriss

Konzerte, Theater, Lesungen: Seit 40 Jahren ist die Brotfabrik in Frankfurt-Hausen ein Ort der Kultur. Jetzt will ein Investor sie für Wohnungen abreißen lassen. Ein Schicksal, das andere Kulturstätten in Hessen schon traf.
Rote Klinker, historische Industriegebäude, ein schattiger Innenhof: Die Brotfabrik hat Charme. Ob Pop- oder Jazzkonzerte, Autorenlesungen, Theater oder Salsa-Abende - seit den 1980er Jahren ist sie das kulturelle Zentrum des Frankfurter Stadtteils Hausen. Noch. Der Verein Kulturprojekt 21, der sich um das soziokulturelle Zentrum kümmert, gab kürzlich bekannt: Die private Eigentümerin will das Gelände an einen Investor verkaufen.
Der Plan für die 1.500 Quadratmeter große Fläche: neue Wohnungen zu errichten. Dafür müssten nicht nur die Kulturschaffenden weichen. Insgesamt dreizehn Projekte teilen sich die Fläche, darunter ein Restaurant, eine Bar und eine Rechtsanwaltspraxis.
Für Antje te Brake, Geschäftsführerin des Vereins Kulturprojekt 21, war die Nachricht ein Schock. Ohne die Brotfabrik falle der kulturelle und soziale Treffpunkt in Hausen weg, meint sie. "Das hätte verheerende Konsequenzen für den Stadtteil, in dem es ohnehin nicht sehr viel anderes gibt".
Ein Stück Kulturgeschichte könnte enden
Bevor die Brotfabrik zum Kulturzentrum wurde, war sie seit Gründung 1888 das, was der Name verrät: eine Mehl- und Brotfabrik. Seit mittlerweile 40 Jahren bietet sie Raum für Kulturschaffende und vieles mehr. Der bestehende Mietvertrag des Vereins läuft noch bis 2025. Der Investor würde die Gebäude auf dem Gelände laut te Brake aber gerne früher abreißen lassen.
Seit der Meldung über den möglichen Verkauf trudeln bei der Vereinschefin Hunderte Mails ein - von Paaren, die sich in der Brotfabrik kennengelernt und von Musikfans, die dort neue Bands gehört haben. "Es würde ganz, ganz vielen Leuten weh tun, wenn das hier wegfällt", so te Brake.
Mit einem Abriss würde die lange Geschichte des Industriegebäudes in Hausen enden. An anderen Orten in Hessen haben Kulturstätten ähnliche Probleme, weiß Bernd Hesse, Vorsitzender der Bundesvereinigung Soziokultureller Zentren. Wie viele es genau sind, sei nicht im Detail erfasst. Die meisten Einrichtungen seien aber entweder in privater Trägerschaft, von der Kommune vermietet oder durch langjährige Mietverhältnisse abgesichert. "Die reale Gefahr ist Stand jetzt aber gering", so Hesse.
Wohnungsbau frisst hessische Kulturstätten
Der Kulturtreff Afip in Offenbach ist ein Beispiel dafür, dass diese Gefahr dennoch besteht. Weil der Eigentümer die Räumlichkeiten eines ehemaligen Drogeriemarkts zu höheren Preisen vermieten wollte, musste die Kulturstätte im vergangenen Jahr weichen.

Ähnlich erging es dem Kulturkomplex Salzmann in Kassel. Das alte Industriegelände wurde von einem Investor aufgekauft, der dort Wohnungen plante. Daraus sei aber seit mehr als zehn Jahren nichts geworden, sagt Hesse. "Da liegen jetzt mindestens 10.000 Tonnen Bauschutt rum und das Ergebnis ist immer noch völlig unklar."
Um so etwas zu verhindern, bräuchten Kulturstätten längerfristige Unterkünfte, fordert Bernd Hesse. Es sei normal, dass sie Räumlichkeiten oft zur Zwischennutzung zur Verfügung gestellt bekämen. Das bringe aber keine langfristige Sicherheit für die freie Kulturszene, die ohnehin immer "relativ unsicher arbeiten muss". Hesse wünscht sich daher von der Politik mehr Unterstützung für den Kulturbetrieb.
Brotfabrik hofft auf Rettung durch die Stadt
Die Brotfabrik setzt ebenfalls auf die Politik: Die Vereinsführung hofft te Brake zufolge auf ein Vorkaufsrecht der Stadt und somit die Erhaltung der Kulturstätte. Dazu sei man bereits im Austausch. Laut der Stadt Frankfurt gibt es allerdings kein generelles Vorkaufsrecht für Städte bei Privatgrundstücken.
Man prüfe aktuell, ob es Möglichkeiten zum Erhalt der Brotfabrik gebe. Über den Wert der Räumlichkeiten in Frankfurt-Hausen scheint man bei der Stadt aber schon zu einer Meinung gekommen zu sein: Gegenüber hessenschau.de erklärte Mark Gellert vom Planungsdezernat, die Brotfabrik sei eine kulturelle Einrichtung und Institution von überregionalem Interesse. Die Stadt habe daher auch das Interesse, die Brotfabrik zu erhalten.