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Börne-Preis an Gujer verliehen

Preisverleihung in der Frankfurter Paulskirche: Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg (Grüne), Preisträger Eric Gujer und Michael A. Gotthelf von der Ludwig Börne Stiftung (v.l.n.r.)

In der Frankfurter Paulskirche ist der Ludwig-Börne-Preis verliehen worden. Die mit 20.000 Euro Auszeichnung ging an Eric Gujer, den Chefredakteur der "Neuen Zürcher Zeitung". Die Entscheidung sorgte schon im Vorhinein für scharfe Kritik.

Bei einem Festakt in der Frankfurter Paulskirche hat Eric Gujer, Chefredakteur der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ), den Ludwig-Börne-Preis erhalten. Gujer sei ein profilierter, politischer Publizist, der in seinen Artikeln und Kommentaren mutige und auch unpopuläre Meinungen vertrete, sagte der niederländische Schriftsteller Leon de Winter in seiner Laudatio.

Grujer: "Zeit der liberalen Kreuzzüge ist vorbei"

In seiner Dankesrede erklärte Grujer, die Preisverleihung sei auch eine "Selbstverständigung der Demokraten". Er nutzte die Gelegenheit, seine Sicht der Weltlage vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges darzustellen. Die Frage, wie sich demokratische Staaten gegen autoritär regierte Großmächte behaupten, sei das "große Thema des 21. Jahrhunderts", sagte er laut vorab verbreitetem Redemanuskript.

Einer ideologisch basierten Außenpolitik erteilte der Schweizer dabei eine Absage: "Der Westen muss erst wieder lernen, sich in einer Umwelt zurechtzufinden, in der Regeln und Werte weniger zählen als die harte Währung der Macht."

Wenn die westlichen Staaten nicht in der Lage seien, ihre Ordnung durchzusetzen, müssten sie sich "bescheidenere Ziele" setzen: "Die Zeit der liberalen Kreuzzüge ist vorbei. Jetzt ist Realismus angesagt." Dies gelte insbesondere für den Umgang mit China. Gujer arbeitet seit fast drei Jahrzehnten für die "Neue Zürcher Zeitung" (NZZ) und ist seit 2015 ihr Chefredakteur.

Scharfe Kritik an Wahl des Preisträgers

An der Preisverleihung hatte es bereits im Vorfeld Kritik gegeben. Unter Grujer habe sich die NZZ für ein Publikum geöffnet, das nicht mehr einen gesunden Konservatismus vertrete, sondern weiter rechts stehe, sagte beispielsweise der Politikwissenschaftler und Inhaber der Ludwig-Börne-Professur an der Universität Gießen, Claus Leggewie, am Samstagabend im "Deutschlandfunk Kultur".

Am Montag distanzierte sich auch Frankfurts Kultur- und Wissenschaftsdezernentin Ina Hartwig von der Preisverleihung an Eric Gujer. Sie habe sich entschieden, der Preisverleihung fernzubleiben, heißt es in einer Mitteilung. Die Übereinstimmung mit dem Geist Ludwig Börnes sei sowohl im Falle der Lobrede auf den Preisträger durch Leon de Winter als auch bei Gujers Werk selbst "wenigstens fragwürdig".

Um dauerhaften Schaden von "der herausragenden Auszeichnung, die an die große Tradition der freiheitlichen literarischen Kritik des Vormärz anschließen soll und der Börne sein Leben widmete" zu nehmen, regte Hartwig an, das Verfahren zur Vergabe des Preises zu überdenken. Statt einem einzigen Preisrichter die Entscheidung zu überlassen, solle eine "im Sinne des Namenspatrons kompetente Jury" eingesetzt werden.

Preis soll deutschsprachige Autoren ehren

Die Ludwig-Börne-Stiftung vergibt den Preis seit 1993 jährlich an deutschsprachige Autoren im Bereich des Essays, der Kritik und der Reportage. Er erinnert an den Frankfurter Schriftsteller und Journalisten Ludwig Börne (1786-1837), der wegen seiner scharfzüngigen Prosa als einer der Erfinder des Feuilletons gilt. Die Auszeichnung ist mit 20.000 Euro dotiert.

Über den Preisträger entscheidet ein vom Vorstand der Stiftung benannter Preisrichter in alleiniger Verantwortung. Er hält auch die Laudatio auf den Preisträger. In diesem Jahr vergab der niederländische Autor Leon de Winter die Auszeichnung.

Vorherige Preisträger waren unter anderen der Literat Hans Magnus Enzensberger, Altbundespräsident Joachim Gauck, der Philosoph Peter Sloterdijk, der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki, "Spiegel"-Gründer Rudolf Augstein und FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher. Im vergangenen Jahr erhielt der österreichische Schriftsteller und Essayist Christoph Ransmayr nachträglich den Preis für 2020.

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