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Kai Schmidt: "Es ist die Liebe zu dem Gebäude"

Die Eingangshalle des Offenbacher Hauptbahnhofs erstrahlt in den schönsten Lichtfarben.

Immer mehr Bahnhöfe stehen leer. Im Offenbacher Hauptbahnhof will eine Initiative Räume für Kultur und Soziales schaffen und legt konkrete Pläne vor. Doch plötzlich hat auch die Deutsche Bahn den Wert ihrer Bahnhöfe neu entdeckt.

Wer in Offenbach am Hauptbahnhof ankommt, fühlt sich nicht wie im Zentrum einer deutschen Großstadt. Die drei Bahnsteige wirken provinziell und verschlafen, die ICEs von und nach Frankfurt donnern hier mit hohem Tempo durch, nur selten hält eine Regionalbahn - die S-Bahnen halten an anderer Stelle.

Der Offenbacher Hauptbahnhof hat seine Funktion weitgehend verloren: Die Schalterhalle wurde geschlossen, genau wie die Bahnhofsbuchhandlung und die Gaststätte mit ihrer halbrunden Terrasse. Nur wenige Passanten laufen durch die Empfangshalle mit ihren kleinen grünen Mosaikkacheln.

Kultur im Bahnhofsambiente: Das geht!

Ende des 19. Jahrhunderts im Stil der Neorenaissance gebaut, wurde der Offenbacher Bahnhof in den 1920er Jahren expressionistisch umgestaltet. Auch Elemente des Jugendstils sind zu erkennen. Ein Kulturdenkmal, das auch für kulturelle und soziale Zwecke genutzt werden sollte, meint die Initiative Hauptbahnhof Offenbach, die sich 2017 gegründet hat.

Leerstehendes Eingangsgebäude des Offenbacher Hauptbahnhofs

Es ist "die Liebe zu dem Gebäude", die Kai Schmidt vom Vorstand der Initiative antreibt. Deshalb will die Initiative erreichen, dass es für die Öffentlichkeit nutzbar gemacht wird. Wie gut das gehen könnte, hat sie bereits mit punktuellen Aktionen gezeigt - etwa bei der Lichtkunstschau Luminale im Jahr 2018, bei der die Empfangshalle mit Videoprojektionen und Performances bespielt wurde.

Auch Konzerte, Poetry Slams und Ausstellungen gab es schon. Für die Zukunft wünscht sich Kai Schmidt einen "ausgewogenen Mix aus Kultur, sozialen und wirtschaftlichen Nutzungen".

Visionen sind da, konkrete Pläne auch

Wie das genau aussehen könnte, zeigt eine Machbarkeitsstudie, die von der Initiative angeregt und von der Stadt Offenbach in Auftrag gegeben wurde. Demnächst soll sie öffentlich vorgestellt werden. Über die nötigen Investitionen will Kai Schmidt noch nicht sprechen. Seine Sorge: In der chronisch verschuldeten Stadt Offenbach könnte eine hohe Summe die Debatte schnell beenden.

Anhand der Studie will die Initiative zeigen, welche Nutzungen im Bahnhofsgebäude künftig ein neues Zuhause finden könnten. So gäbe es in den Seitenflügeln viele Räume für Offenbacher Vereine, auch günstige Wohnungen für Studierende wären denkbar, sagt Schmidt.

Ein verlassener Bahnhof kommt selten allein

Dass alte Bahnhofsgebäude ihre Funktion weitgehend verlieren, ist ein Phänomen, das es an vielen Orten gibt. In Kassel etwa, als der Bahnhof Wilhelmshöhe 1991 zum ICE- und Fernbahnhof ausgebaut wurde. Im Kasseler Hauptbahnhof halten seither nur noch Regionalbahnen. Dort wurde schon 1995 das Konzept des "Kulturbahnhofs Kassel" umgesetzt - mit Programmkino, Galerien, Studios, Kleinkunstbühnen und Kneipen.

"Es gibt immer wieder Menschen, die zu uns kommen, wenn sie auf die Bahn warten", sagt Saskia Wagner, Geschäftsführerin der "Caricatura Galerie für komische Kunst" im Kulturbahnhof Kassel. Die verschiedenen Kulturinstitutionen arbeiten unter dem Dach des Bahnhofs eng zusammen, berichtet Saskia Wagner, die sich im Verein KulturBahnhofKassel engagiert. Auch mit der Deutschen Bahn und deren Kasseler Bahnhofsmanagerin sei die Zusammenarbeit "hervorragend", sagt Wagner.

Auch die Bahn hat neue Pläne gegen den Leerstand

Das Beispiel Kassel hat an vielen Orten in Hessen Schule gemacht. So sind in den Bahnhöfen von Bad Homburg, Idstein und Weiterstadt Kulturräume und Bühnen entstanden, oft in ehemaligen Bahnhofsgaststätten oder nicht mehr genutzten Schalterhallen.

Außenansicht der Eingangshalle des Offenbacher Hauptbahnhofs

In Offenbach jedoch ist man besorgt, dass die Pläne für eine neue Nutzung des Hauptbahnhofs an einem aktuellen Kurswechsel der Deutschen Bahn scheitern könnten. Die Bahn hat nämlich Mitte Juli den geplanten Verkauf von rund 150 Empfangsgebäuden gestoppt, sie sollen im eigenen Besitz bleiben. Auch der Hauptbahnhof Offenbach sei von der Entscheidung betroffen, bestätigte eine Bahnsprecherin auf hr-Anfrage.

Doch eine Absage an eine kulturelle Nutzung ist das offenbar nicht. Die Bahn wolle vielmehr die künftigen "Nutzungskonzepte aktiv mitgestalten", so die Sprecherin. Dazu wolle man mit den Kommunen zusammenarbeiten und auch über Fördermöglichkeiten sprechen. Ziel sei es, dass "neues Leben in die Gebäude einziehen" könne.

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