Julia Mateus

Julia Mateus ist die erste Chefredakteurin des Satire-Magazins Titanic. Nun ist die erste Ausgabe unter ihrer Leitung erschienen. Welche Änderungen ihr vorschweben, berichtet sie hier.

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Julia Mateus über die erste Titanic-Ausgabe unter ihrer Leitung

Erste Titanic-Ausgabe unter Julia Mateus
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Der Papst, Politiker, Prominente - bei der Satire-Zeitschrift Titanic kriegen seit 1979 alle ihr Fett weg. Mit zum Teil bissigem, manchmal aber auch albernem Humor und vor allem vielen Karikaturen. Was kein Wunder ist, immerhin wurde das Magazin 1979 von prominenten Schriftstellern, Satirikern und Karikaturisten wie Robert Gernhardt, F.K. Waechter, Peter Knorr und anderen Vertretern der "Neuen Frankfurter Schule" gegründet.

Seither werden die monatlichen Printausgaben von vielen freien Mitarbeitern und einem kleinen Redaktionsteam in Frankfurt bestückt. Wobei auffällt, dass die meisten Mitarbeiter zwar nach wie vor renommierte Satiriker, Zeichner und Autoren sind, aber vor allem auch: Männer. Im Gespräch erzählt die neue Titanic-Chefredakteurin Julia Mateus, was unter ihrer Leitung jetzt anders werden soll.

hessenschau.de: Eine Frau an der Spitze des Titanic-Magazins, das gab's noch nie. Brechen damit für die Titanic jetzt neue Zeiten an, Frau Mateus?

Julia Mateus: Ich hatte ja schon angekündigt, dass ich so eine Art Schreckensherrschaft hier etablieren möchte. Jetzt habe ich mich aber noch mal ein bisschen coachen und beraten lassen und habe festgestellt, dass so ein harter, durchsetzungsstarker Führungsstil bei Frauen ja leider sehr, sehr schlecht ankommt. Und deswegen habe ich noch mal die Strategie gewechselt und der Redaktion so ein Resilienz-Programm auferlegt. Wir machen jetzt nicht immer zwei Konferenzen pro Heft, sondern zwei am Tag und dann machen wir immer noch so endlos lange Feedback-Runden, wo jeder ganz lange erzählen muss, wie es ihm geht.

Dann meditieren wir noch auf unserem Gaddafi-Teppich und haben ein Team-Event, wo wir so eine Art satirisches Impro-Theater und jeweils Witze über den anderen machen, wenn Konflikte im Team sind. Und seitdem wir das machen, sind auch die ganzen seelischen Leiden unterschiedlichster Couleur, die sonst hier grassieren, schon viel weniger geworden, und die Stimmung ist auch sehr gut.

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hessenschau.de: Gibt es in der Redaktion irgendwelche Änderungen?

Julia Mateus: Ja. Ich habe mir eine entsprechende Massage-Sofa-Landschaft bestellt. Die ist jetzt leider noch nicht geliefert worden. Aber dann hätte ich gerne noch so einen schönen Acryl-Schreibtisch. Finde ich ganz nett. Ja, und noch ein paar mehr wertvolle Pflanzen, die ich dann in seltene Erden umtopfen werde. Es ist ja jetzt auch "Black Friday". Vielleicht werde ich mir auch mal so einen Zimmer-Brunnen gönnen. Ist ja alles günstig, bietet sich an.

hessenschau.de: Sie haben die Titanic ganz langsam erobert, erst als Praktikantin, dann als freie Mitarbeiterin. 2020 haben Sie in der Redaktion angefangen, zwei Jahre später sind Sie Chefin. Wie schwierig war und ist es, als Frau Satire zu machen?

Julia Mateus: Ich kann mich noch an meine erste Lesung im Club Voltaire erinnern, da war ich Praktikantin bei Titanic. Das war im Jahr 2014. Neben den anderen Redakteuren wurde ich dann auch auf die Bühne gebeten und habe ein paar von meinen Texten gelesen. Das hat mir auch Spaß gemacht. Aber es war dann tatsächlich so, dass nach dem Auftritt ein junger Mann zu mir kam, der meinte, es habe ihm gefallen. Aber er wollte wissen, ob ich denn die Beiträge wirklich auch alle selber geschrieben habe. Ich glaube, er hat es nicht böse gemeint mir gegenüber, aber es war zu der Zeit dann doch anscheinend noch sehr ungewöhnlich, dass eine Frau diese Art von Texten schreibt.

Julia Mateus

hessenschau.de: Gibt es denn einen Frauen- und einen Männer-Humor? Gibt es da Unterschiede?

Julia Mateus: Ich würde nicht sagen, dass sich der Humor grundsätzlich unterscheidet zwischen Männern und Frauen. Was sich natürlich unterscheidet, ist die Perspektive. Weil Humor etwas Individuelles ist. Da fließt die eigene Lebenserfahrung sehr stark mit ein. Das ist ja dann schon bei Frauen und Männern unterschiedlich, weil Frauen und Männer unterschiedlich sozialisiert werden, unterschiedliche Erfahrungen machen. Dadurch haben Frauen meiner Meinung nach auch manchmal ein besseres Gespür für gesellschaftliche Tabus.

hessenschau.de: Was ist für Sie Satire? Und wie würden Sie Ihren eigenen Humor beschreiben?

Julia Mateus: Satire ist erst mal eine Kunstform, die auf Widersprüche mit Komik reagiert. Oder eine gute Definition finde ich auch: Satire ist eine immer mit Früchten gefüllte Schale. Wir haben ja hier bei Titanic mindestens 48 unterschiedliche Arten von Humor. Ich selbst mag auch gerne den etwas morbiden Humor. Den Tod finde ich zum Beispiel ein sehr gutes Satire-Thema. Aber ich mag auch den albernen Humor oder auch den, der ein bisschen stärker anprangert. Dieses Absurde, Abwegige mache ich auch sehr gerne.

hessenschau.de: Ab 25. November ist die erste Ausgabe unter Ihrer Leitung im Handel. Was ist anders?

Julia Mateus: Also unter anderem habe ich im Editorial noch mal beschrieben, wie meine Erfolgsstrategie war und auch, was ich wirtschaftlich verändert habe bei Titanic. Ich habe mich zum Beispiel mit Elon Musk getroffen und habe einen "Vorsicht, bissige Satire"-Haken für unseren Twitter-Account erworben. Und ja, es gibt einen Foto-Roman, wo wir jetzt passend zur "Black Friday Week" Olaf Scholz auf Verkaufsreise in China begleitet haben. Da verkauft er unter anderem den Düsseldorfer Zoo.

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hessenschau.de: Fast die Hälfte der Titanic-Leser haben schon seit Jahren ein Abo. Haben Sie neue Verkaufsstrategien, um ein neues, junges Publikum anzusprechen?

Julia Mateus: Ja, wir möchten, dass das Medium Print bei den jungen Leuten so einen Status hat wie die Vinyl-Schallplatte, das dann wieder gepflegt und wertgeschätzt wird. Bei unseren Online-Inhalten ist es, glaube ich, sowieso nicht so das Problem. Auf Social Media zum Beispiel, da sind ja Videos etwa 15 Sekunden lang, und da wäre die Stefan-Gärtner-Kolumne ein gutes Format. Ich denke, das könnte ganz gut funktionieren, dass man immer einen halben Satz einliest, da müsste man so eine Art Cliffhanger einbauen und den Rest muss man in der Ausgabe nachlesen.

Das Gespräch führte Yvonne Koch.

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