Affenpocken-Virus unter dem Mikroskop

Ein 39 Jahre alter Frankfurter hat sich mit Affenpocken angesteckt. Gesundheitsamt, Sozialministerium und die Virologin Ciesek haben über den ersten bekannt gewordenen Fall in Hessen informiert. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

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Affenpocken – ein Fall in Frankfurt

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Nachdem in Hessen ein erster Fall von Affenpocken bestätigt ist, haben das Sozialministerium und das Frankfurter Gesundheitsamt am Mittwoch Details bekannt gegeben. Demnach ist der betroffene Mann 39 Jahre alt und Frankfurter.

Mit Fieber, Schüttelfrost und "Haut-Symptomen" habe er sich zunächst bei einem niedergelassenen Arzt vorgestellt, sagte Gesundheitsamtsleiter Peter Tinnemann: "Die Kollegen dort waren so aufmerksam, an Affenpocken zu denken." Deshalb sei eine Probe entnommen und in der Frankfurter Uniklinik untersucht worden, wo die Affenpocken-Erkrankung schließlich bestätigt wurde.

Der Erkrankte müsse sich jetzt 21 Tage zu Hause isolieren. Es gehe ihm gut, sagte Tinnemann - "so wie es einem geht, wenn man eine Viruserkrankung hat".

Virologin: Nicht vergleichbar mit Coronavirus

Wo sich der Mann mit dem Affenpockenvirus angesteckt haben könnte, bleibt vorerst rätselhaft. Weder sei er auf Reisen gewesen, noch bei größeren Veranstaltungen - so die Angaben des 39-Jährigen. Auch ob er weitere Menschen angesteckt haben könnte, ist offen. Die Behörden prüfen seine Kontakte.

Der hessische Sozialminister Kai Klose (Grüne) sagte, es seien weitere Fälle zu erwarten, Klose äußerte sich aber "grundsätzlich gelassen". Auch die Virologin der Uniklinik Frankfurt, Sandra Ciesek, betonte, die Ansteckungsgefahr bei Affenpocken sei nicht mit der des Coronavirus zu vergleichen. Trotzdem sei ein Ausbruch über mehrere Länder hinweg etwas Neues. Was also gilt es über Affenpocken zu wissen?

Die Antworten der Expertinnen und Experten im Überblick:

Wie gefährlich sind Affenpocken für den Menschen?

Affenpocken kommen vor allem bei Tieren vor, können aber auf den Menschen übergehen (Zoonose). Anders als der Name vermuten lässt, befällt das Virus meist Nagetiere: Affen und Menschen gelten als "Fehlwirte". Beim Menschen wirken Affenpocken "weniger krankmachend" als die inzwischen ausgerottete Pockenkrankheit (auch Blattern genannt), berichtete Virologin Ciesek.

Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) verschwinden die Krankheitssymptome in den meisten Fällen innerhalb weniger Wochen von selbst. Bei einigen Patienten könnten sie aber zu medizinischen Komplikationen und zum Tod führen.

Wie steckt man sich mit Affenpocken an?

Im Gegensatz zu Covid-19 werden Affenpocken nicht über die Luft übertragen, sondern durch engen Körperkontakt und über Körperflüssigkeiten, über die Kleidung von Erkrankten oder deren Bettzeug. Auch sexueller Kontakt ist laut Experten der Weltgesundheitsorganisation WHO ein möglicher Übertragungsweg.

Affenpocken seien aber weniger ansteckend als Covid-19, erklärte Virologin Ciesek. "Es ist nicht wie beim Coronavirus, wo ein kurzer Kontakt mit jemandem, der hochinfektiös ist, ausreicht - es braucht einen längeren Kontakt."

Woran erkenne ich Affenpocken?

Die Symptome von Affenpocken sind grippeähnlich - mit Fieber, Kopf-, Muskel- und Rückenschmerzen sowie geschwollenen Lymphknoten. Außerdem kann großflächiger Hautausschlag dazukommen. Die Inkubationszeit beträgt zwischen sieben und 21 Tagen.

Nachweisen lassen sich Affenpocken per PCR-Test. "Die Diagnostik ist in Hessen möglich", sagte Ciesek - "nicht nur in Frankfurt, sondern auch in Marburg".

Wie viele Affenpocken-Fälle gibt es bislang?

Derzeit hat die WHO mehr als 90 Fälle registriert - unter anderem in Großbritannien, Spanien, Israel, Frankreich, der Schweiz, den USA und Australien. In Hessen wurde am vergangenen Freitag bekannt, dass sich der erste Patient mit Affenpocken in Deutschland auch in Frankfurt aufgehalten hatte: ein 26 Jahre alter Brasilianer, der über Düsseldorf und Frankfurt nach München gereist war.

Am Dienstag war dann die nachgewiesene Affenpocken-Erkrankung eines 39-Jährigen aus Frankfurt bestätigt worden.

Wie kamen die Affenpocken nach Hessen?

Das ist noch nicht klar. Da Affenpocken sonst meist in West- und Zentralafrika auftreten, liegt es nahe, dass Menschen sie von Reisen mitbringen. Allerdings hat der erkrankte 39-Jährige aus Frankfurt "uns gegenüber angegeben, nicht gereist zu sein und keine größeren Veranstaltungen besucht zu haben", sagte der Frankfurter Gesundheitsamtleiter Tinnemann.

Die WHO vermutet, dass sich die Affenpocken bereits seit einiger Zeit unbemerkt ausgebreitet haben. WHO-Europa-Direktor David Heymann warnte am Mittwoch, dass sich die Krankheit bei Partys im Sommer in Europa schneller ausbreiten könnte.

Wie besonders sind Affenpocken-Ausbrüche?

In der Vergangenheit hat es immer wieder kleinere Ausbrüche von Affenpocken außerhalb Afrikas gegeben. Virologin Ciesek berichtete zum Beispiel von einem Ausbruch in den USA. Dort sei das Virus in der Vergangenheit über Ratten ins Land gelangt, wo es zuerst Präriehunde und dann rund 70 Menschen befiel.

Einen Ausbruch wie den derzeitigen, "über mehrere Länder und ohne, dass die Betroffenen eine klare Reise-Anamnese hätten, gab es aber noch nicht", so Ciesek. "Das muss beobachtet und eingedämmt werden."

Wie kann man sich vor Affenpocken schützen?

Da Affenpocken sich durch Körperkontakt übertragen, ist laut Experten Handhygiene wichtig. Auf Reisen in Risikogebiete wie West- und Zentralafrika gelte: Fleisch nur gut durchgebraten essen, sagte Ciesek. Für bereits Erkrankte forderte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Dienstag eine Isolation von mindestens 21 Tagen. Zudem müssten die Symptome ausgeheilt sein, bevor die Maßnahme beendet werden könne.

Wer früher einmal gegen Pocken geimpft worden ist, erkrankt nach derzeitigem Erkenntnisstand auch nicht so schwer an Affenpocken. "Die Pockenimpfung bietet keinen hundertprozentigen Schutz, sorgt aber für leichtere Verläufe", sagte Ciesek: "Das Gleiche würde ich auch bei Genesenen vermuten."

Ein Medikament gegen Affenpocken gebe es derzeit nicht, sagte der Frankfurter Gesundheitsamtsleiter, Tinnemann. Betroffene müssten die Krankheit auskurieren wie die meisten Viruserkrankungen.

Gibt es eine Affenpocken-Impfung?

In Deutschland ist noch kein Impfstoff gegen Affenpocken zugelassen. RKI und Paul-Ehrlich-Institut prüfen derzeit verschiedene Impfstoffe.

In den USA ist bereits ein Vakzin namens Imvanex gegen Affenpocken zugelassen. Das Bundesgesundheitsministerium will bis zu 40.000 Dosen bestellen, um auf eventuell nötige Impfungen von Kontaktpersonen von Infizierten vorbereitet zu sein. In Großbritannien läuft dies bereits. Die Deutsche Gesellschaft für Virologie bezeichnete den Schritt am Mittwoch als "guten Anfang": Dadurch könne man "das Ausbruchsgeschehen wahrscheinlich deutlich eingrenzen".

Der Chef der Ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens, sagte der Rheinischen Post am Mittwoch, eine präventive Impfung von Risikogruppen gegen Affenpocken sollte geprüft werden. "Darüber wird derzeit nachgedacht, und das könnte möglicherweise sinnvoll sein." Dass die gesamten Bevölkerung geimpft werde, sei dagegen "sehr wenig wahrscheinlich".

Könnten Affenpocken durch Mutation gefährlicher werden?

Grundsätzlich können sich Affenpocken, wie andere Viren auch, durch Mutation verändern. Allerdings, erklärte Virologin Ciesek, handele es sich um ein sogenanntes DNA-Virus. Die Faustregel laute: DNA-Viren mutieren langsamer als RNA-Viren, zu denen zum Beispiel das Coronavirus gehört. "Insofern ist es gut, dass es ein DNA-Virus ist, das sich nicht so schnell verändern kann."

Trotzdem gelte genau wie bei Corona: Je mehr Möglichkeit man dem Virus gebe, sich zu verbreiten, desto eher könne es sich auch verändern. Ciesek hält es daher für wichtig, den aktuellen Ausbruch einzudämmen.

Wo kann ich mich über Affenpocken informieren?

Informationen über den aktuellen Affenpocken-Ausbruch und über die Erkrankung allgemein bietet das RKI.

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