Auseinandersetzung im Dannenröder Forst Fall von Baumbesetzerin "Ella" geht vor Oberlandesgericht
Das Landgericht Gießen verurteilte vor kurzem die Umweltaktivistin "Ella" wegen Angriffen auf Polizisten zu einer Haftstrafe. Ihre Anwälte haben nun Revision dagegen eingelegt - damit wird der Fall in einer höheren Instanz entschieden.
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Verteidigung von "Ella" geht in Revision

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt wird sich mit dem Fall der Baumbesetzerin "Ella" auseinandersetzen müssen: Die Verteidigung der Umweltaktivistin hat Revision gegen das Urteil des Landgerichts Gießen eingelegt. Das teilte ein Justiz-Sprecher am Montag mit. Nun muss das OLG das Gießener Urteil prüfen, weil es sich bei der Verhandlung in Gießen bereits um die zweite Instanz handelte.
Gießener Gericht sah Schuld bewiesen
Die Gießener Richter hatten die Frau Anfang April in einem Berufungsprozess zu einem Jahr und neun Monaten Haft verurteilt. Sie soll bei der Räumung des Protestcamps im Dannenröder Forst im Herbst 2020 in rund 15 Metern Höhe einen Polizisten gegen den Kopf getreten haben sowie einem weiteren Beamten ihr Knie ins Gesicht gestoßen haben. Die Aktivistin hat bis zuletzt ihre Identität nicht offenbart und nennt sich selbst "Ella".
Das Landgericht Gießen verurteilte sie wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, wegen eines tätlichen Angriffs auf die Polizisten sowie wegen gefährlicher Körperverletzung. Damit hoben die Richter die erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichts Alsfeld (Vogelsberg) auf und verringerten das Strafmaß für die Angeklagte um ein halbes Jahr.
Verteidigung: Tritte nicht belegt
Die Staatsanwaltschaft legte dem Sprecher zufolge kein Rechtsmittel gegen die Entscheidung der Berufungskammer ein. Die Verteidigung von Ella hatte vor dem Landgericht Gießen gefordert, das komplette Verfahren einzustellen. Nach ihrer Ansicht zeige das im Berufungsprozess gezeigte Videomaterial, dass Ella den Polizisten nicht getroffen habe.
Auch die SEK-Beamten hätten ihre Aussage geändert und nach Auffassung der Verteidigung im vorherigen Prozess in Alsfeld entsprechen gelogen, was die Tritte anging. "Ellas" Anwältin Eva Dannefeldt kritisierte, ihrer Mandantin sei kein faires Verfahren ermöglicht worden. Entlastenden Beweisen sei nicht nachgegangen worden, die Tritte seien nicht bewiesen worden.
Seit November 2020 in Haft
"Ella" sitzt seit ihrer Festnahme im November 2020 in Untersuchungshaft. Die Gießener Richter entschieden, dass der Haftbefehl aufrechterhalten bleibt. Die Untersuchungshaft wird angerechnet. "Ella" müsste demnach weitere fünf Monate im Gefängnis bleiben.
Der Protest der Umweltaktivisten in Mittel- und Osthessen begann im Herbst 2019 und richtete sich gegen die Abholzung eines Teils des Dannenröder Forsts, durch den ein neuer Streckenabschnitt der A49 führen soll. Ein Jahr später wurden die Baumhäuser und Camps der Aktivisten geräumt. Über Wochen waren täglich bis zu 2.000 Polizisten vor Ort. Mehrere Aktivisten und Aktivistinnen wurden teils schwer verletzt. Es kam auch zu Angriffen auf die Polizei.
Hinweis: In einer früheren Version stand, dass die Revision des Urteils des Landgerichts Gießen vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe verhandelt wird. Das wäre der Fall gewesen, wenn es sich beim Gießener Urteil um eine Entscheidung in erster Instanz gehandelt hätte. Weil dort aber bereits die zweite Instanz nach dem Amtsgericht Alsfeld befasst war, fällt die Revision dem Oberlandesgericht Frankfurt zu. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.