Land unter in Teilen von Hessen: In der Wetterau, im Vogelsberg, im Main-Kinzig-Kreis und im Taunus haben Flüsse und Bäche viele Straßen überschwemmt. Die Feuerwehren sind im Dauereinsatz.
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Tauwetter und Regen haben am Freitag in Teilen von Hessen Hochwasser verursacht. Vor allem in Mittel- und Osthessen traten Bäche und Flüsse über die Ufer.
Wie das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) mitteilte, wurde an vier Pegeln die höchste Hochwasser-Meldestufe überschritten. Das bedeutet laut Hochwasserportal Hessen "außergewöhnliches Hochwasser". Bebaute Gebiete und Straßen sind dann "in größerem Umfang" überflutet.
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Vor allem im Vogelsberg - konkret an Nebengewässern der Kinzig, der Nidder und am Oberlauf der Fulda - und im Taunus wurden Meldestufen überschritten. Im Niddergebiet wurden an einem Nebengewässer sogar historische Höchststände gemessen.
Der Landrat des Main-Kinzig-Kreises, Thorsten Stolz (SPD), berichtete am Freitagnachmittag von rund 90 Feuerwehr-Einsätzen. Die ersten Anrufe in der Leitstelle seien am frühen Morgen eingegangen - "danach hatten die Feuerwehren im Ostkreis praktisch keine echte Atempause", berichtete Stolz.
Büdingen: Altstadt unter Wasser

In Büdingen (Wetterau) ist die Hochwasserlage besonders angespannt. Der Bürgermeister der Stadt, Erich Spamer (FWG) nennt sie sogar "katastrophal". Wie Spamer dem hr sagte, durchbrach das Wasser eine Schutzmauer am Seemenbach. Dadurch konnte es sich in der ganzen Altstadt ausbreiten. Mehrere Keller liefen voll.
Das Wasser steht laut Bürgermeister Spamer teilweise bis zu 40 Zentimeter hoch. Der Schaden sei noch nicht absehbar. Verletzt worden sei bisher niemand, sagte der Bürgermeister.
Feuerwehr befreit Menschen mit Schlauchbooten

Die Feuerwehr befreite am Freitagnachmittag Menschen aus Häusern. Dafür nutzte sie auch Schlauchboote und einen Radlader. Das Hochwasser erreichte auch ein Altenheim mit rund 100 Bewohnern. Nach Angaben von Bürgermeister Spamer wurden die Senioren in verschiedenen anderen Heimen und in einer Station eines Krankenhauses untergebracht.
Der Einsatzleiter der Feuerwehr in Büdingen, Stephan Naumann, sagte dem hr am frühen Freitagabend: "Das wird noch eine lange Nacht." Man müsse abwarten, bis der Wasserspiegel wieder sinke, um wieder in die Altstadt hineinzukommen und die Keller auszupumpen. Die Feuerwehrleute und das THW stellten Lampen auf, um auch im Dunkeln arbeiten zu können.
Menschenketten tragen eimerweise Wasser
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Auch das Rathaus von Büdingen ist von Wasser umgeben. Die Stadtverwaltung versuchte am Freitag nach eigenen Angaben, Akten vor dem Hochwasser zu retten. Helfer trugen in Menschenketten eimerweise Wasser aus Kellern.
Ein Baustoffmarkt kündigte an, in Abstimmung mit dem Ordnungsamt seine Filialen in Birstein, Büdingen, Glauburg und Gedern für alle Kunden zu öffnen.
So könnten sich Menschen im Wetteraukreis und dem Main-Kinzig-Kreis am Freitag und Samstag Sand, Planen und Pumpen gegen das Hochwasser beschaffen. Wegen der Corona-Pandemie dürfen Baumärkte in Hessen derzeit eigentlich nur für Handwerker öffnen.
Nidda: "Wenn es noch ein bisschen steigt, wird es bitter"

Auch Nidda (Wetterau) ist von Überschwemmungen betroffen. Katharina Rank, die dort eine Bäckerei betreibt, sagte dem hr: "Ich lebe schon mein ganzes Leben lang an der Nidda. Als ich ein Kind war, stand das Wasser zuletzt so hoch."
Man habe Sandsäcke geholt und könne nur abwarten, sagte Rank. "Jetzt haben wir wirklich alle Angst. Wenn es jetzt noch ein bisschen steigt, wird es bitter."
In Ranstadt (Wetterau) steht das Wasser ebenfalls hoch. Die Landstraße zwischen Ranstadt und dem Ortsteil Dauernheim wurde deshalb gesperrt.
Kefenrod: Ortsdurchfahrt nicht passierbar
In Kefenrod (Wetterau) war am Freitag die Ortsdurchfahrt nur noch teilweise passierbar, wie die Bürgermeisterin der Gemeinde, Kirsten Frömel, in hr3 sagte: "Das Wasser kommt von den Hängen, aus den Feldern. Die Bäche können das nicht mehr aufnehmen."
Auch die umliegenden Gemeinden seien vom Hochwasser betroffen, sagte Frömel: "Die Leute kümmern sich darum, Dämme aufzubauen, Sandsäcke auszulegen und Keller auszupumpen."
Gründau: Ortsteil teilweise unter Wasser
In Gründau (Main-Kinzig) drohten Keller vollzulaufen. Man habe zwar mit dem Hochwasser gerechnet, aber "auf einmal ging es ganz schnell", sagte der stellvertretende Brandinspektor Tobias Kratz.
Besonders traf es den Gründauer Ortsteil Hain-Gründau: Dort traten sowohl der Gettenbach als auch die Gründau über die Ufer, sodass mehrere Straßen nicht befahrbar sind.
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Mehr als 100 Feuerwehreinsätze im Landkreis Fulda
Überschwemmungen wurden auch aus Osthessen gemeldet. Der Lagedienstführer der Feuerwehr im Landkreis Fulda, Christoph Uhl, berichtete dem hr am Freitag von mehr als 100 Einsätzen.
Der südliche Teil des Kreises mit Flieden, Neuhof und Eichenzell sei etwas stärker betroffen gewesen, sagte Uhl. Allerdings: "Wir hatten fast in jeder Großgemeinde Einsätze."

Das Wasser steigt - auch an Lahn und Rhein
Nach Modellrechnungen des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie muss weiter mit steigenden Wasserständen gerechnet werden, vor allem in den Einzugsgebieten von Fulda, Nidder und Kinzig.
Für den Rhein erwartete das Regierungspräsidium Darmstadt am Freitag stark steigende Wasserstände. Auch das Regierungspräsidium Gießen teilte mit, dass die Wasserstände an der Lahn und ihren Nebenflüssen teilweise stark anstiegen.
Der Deutsche Wetterdienst sagte für Freitag und Samstag vor allem für Südhessen teils anhaltenden und kräftigen Regen voraus. Wegen der steigenden Temperaturen taue in den Hochlagen außerdem der Schnee.
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 29.01.2021, 19.30 Uhr