Sascha Gramm ist Extremsportler. Gerade ist er 200 Kilometer durch einen Dschungel gerannt - vorbei an giftigen Kobras und über 6.000 Höhenmetern. Warum tut sich der 42 Jahre alte Familienvater aus Osthessen das alles an?

Videobeitrag

Video

Extremläufer Sascha Gramm nach Dschungel-Rennen zurück

Extremläufer Sascha Gramm aus Hosenfeld (Fulda)
Ende des Videobeitrags

Die Blasen an den Füßen sind mittlerweile verheilt, auch die Schürfwunden an Armen und Beinen. Die Erinnerungen hingegen sind noch ganz frisch für Extremläufer Sascha Gramm. "Das war eines der größten sportlichen Abenteuer und ein extrem heftiges und forderndes Rennen", sagt der 42 Jahre alte Ausdauersportler wenige Tage nach seiner Rückkehr in seine osthessische Heimat Hosenfeld (Fulda).

Vor wenigen Tagen noch kämpfte er sich 200 Kilometer und über rund 6.000 Höhenmetern durch den Dschungel des westafrikanischen Inselstaats São Tomé und Príncipe. "The Hemisphere Crossing" heißt das Rennen, an dem Gramm, der im beruflichen Leben kaufmännischer Leiter eines Klosters ist, teilgenommen hat.

Bester Deutscher bei der Dschungel-Hatz

Am Ende landete Gramm auf Platz sechs, als Bester der acht deutschen Starter und zweitbester Europäer. Die 37 Kontrahenten, von denen einige das Rennen abbrechen mussten, waren nicht der größte Gegner des Hessen.

Bei 35 Grad herrschte teilweise eine Luftfeuchtigkeit von mehr als 90 Prozent. "Das zieht einem komplett den Stecker", berichtet Gramm. Als er sich am ersten Tag in sengender Hitze eine Bananen-Plantage hochquälte, musste er sich mehrfach übergeben.

Sascha Gramm schreitet in voller Ausrüstung über ein Banner, das von zwei Frauen, in der Hocke sitzend, gehalten wird.

Prellungen und Schürfwunden als Mitbringsel

Am zweiten Tag stürzte Gramm über Steine, die von rutschigen Palmenblättern bedeckt waren, und zog sich Prellungen und Schürfwunden zu. "Glücklicherweise war nichts gebrochen." Am dritten Tag verlief er sich im Dschungel und musste einen Umweg von fünf Kilometern auf sich nehmen. Auch deshalb reichte es nicht für eine der vorderen Platzierungen.

Doch darauf kam es für Gramm nicht an. "Bilder vom Dschungel kannte man vorher nur aus dem Fernsehen - und plötzlich steht man mittendrin. Diese Sinnes-Eindrücke sind surreal und einfach unglaublich." Teilweise auch unglaublich gefährlich: Zwischendurch musste Gramm giftigen Kobras ausweichen.

Sascha Gramm steht zwischen zahlreichen Zelten in einem kleinen Innenhof.

Läufe mit Survival-Charakter

Überhaupt sind die Teilnehmer bei expeditionsartigen Läufen wie auf São Tomé weitgehend auf sich allein gestellt. Sie müssen in ihrem Rucksack auch eine Sicherheitsausrüstung für Notfälle mitführen und sich selbst mit Nahrung versorgen. Gestellt wird lediglich Wasser und am Abend ein Schlafplatz. Und bei manchen Rennen gibt's selbst den nicht.

Wieso tut sich der 42-Jährige so etwas eigentlich an? Die Mischung aus Survival, Wettkampf und herausfordernden, neuen Umgebungen mache den Reiz aus, sagt er. "Mich interessieren Rennen an Orten, wo man normal nicht hinkommt, um Sport zu treiben. Mich motiviert, das scheinbar Unmögliche möglich zu machen. Über die Schmerzgrenze zu gehen, um Ziele zu erreichen."

Gramm liebt die Lust an der Schinderei. Schon als Jugendlicher begann er mit dem Ausdauersport, der mittlerweile außergewöhnliche Formen angenommen hat. Er ist Marathon gelaufen, dann hat er Triathlon gemacht - und diesen auf die Ironman-Distanz ausgeweitet (3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und einen Marathonlauf über rund 42 km).

Sascha Gramm watet in voller Ausrüstung durch schlammiges Wasser.

Doch das reichte dem Ausdauer-Fan bald nicht mehr. In seiner Vita stehen 520 Kilometer durchs australische Outback bei Temperaturen bis zu 50 Grad. Oder der Wüstenlauf "Gobi March" in der Mongolei. Im vergangenen Jahr wurde Gramm beim "Ultra Bolivia"-Lauf durch die höchstgelegene Salzwüste der Welt, den Salar de Uyuni, Zweiter.

Andere Kulturen kennenlernen

Von jedem dieser Erlebnisse nimmt Gramm etwas mit - und damit seien keine Medaillen gemeint: "Ich liebe es, Land und Leute kennenzulernen. In andere Kulturen einzutauchen, ist so wertvoll." Der Hesse berichtet von Begegnungen mit Einheimischen auf Bananen-Plantagen, von der Herzlichkeit und Großzügigkeit von Menschen, die selbst nichts haben.

Sascha Gramm steht neben drei einheimischen Menschen auf einer Plantage in São Tomé.

Als er 2019 beim "Ultra African Race" über 220 Kilometer im ostafrikanischen Mosambik lief, machte Gramm auch eine Erfahrung, die ihn noch heute berührt. "Da haben wir Kindern Fußbälle geschenkt, die sonst nur mit zusammengeknäulten Stofffetzen kicken. Diese Jubelschreie werde ich nie vergessen", sagt der Fußball-Fan und Familienvater.

Die nächste sportliche Herausforderung hat Gramm schon im Blick. Im Juli will er beim "Ultra Norway" mit einem Teampartner starten. 140 Kilometer non-stop. Dabei muss auch geklettert werden. Die Teampartner müssen sich gegenseitig sichern. Das Besondere: Es sind 9.000 Höhenmeter zurückzulegen - also quasi einmal den höchsten Berg der Welt hinauf. Zum Vergleich: Der Mount Everest ist 8.848 Meter hoch.

Weitere Informationen Ende der weiteren Informationen