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Früherer AWO-Geschäftsführer Richter wegen Titelmissbrauchs verurteilt

Jürgen Richter am Dienstag im Amtsgericht Frankfurt.

Jürgen Richter hat sich nach Überzeugung des Amtsgerichts Frankfurt mit einem falschen Doktortitel geschmückt: Deshalb verurteilte es den ehemaligen Geschäftsführer der Frankfurter AWO zu einer Geldstrafe.

Weil er über Jahre hinweg unberechtigt einen Doktortitel geführt hat, ist der frühere Geschäftsführer der Frankfurter Arbeiterwohlfahrt (AWO), Jürgen Richter, vom Amtsgericht Frankfurt zu einer Geldstrafe von 8.000 Euro (100 Tagessätze) verurteilt worden.

Der 65-Jährige habe den akademischen Titel unter anderem in seinen Personalausweis und in den Reisepass eintragen lassen, hieß es am Dienstag im Urteil. Auch noch im Gerichtssaal hatte sich Richter, der den Vorwurf bestreitet, als "Doktor" bezeichnen lassen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Gefälschte Urkunde gefunden

Vor Gericht hatte Richter ausgesagt, den Titel bereits 1992 in Amerika erworben zu haben. In Deutschland habe er im Anschluss ein so genanntes Anerkennungsverfahren betrieben. Zeugen aus dem hessischen Wissenschaftsministerium und vom Berliner Senat konnten dem Gericht allerdings keine Hinweise auf eine Doktorarbeit oder ein entsprechendes Verfahren geben.

Die Amtsrichterin ging deshalb von einer Schutzbehauptung des Angeklagten aus. Darüber hinaus waren auf dem Computer Richters zwei gefälschte Doktorurkunden gefunden worden - bei seinen übrigen Zeugnissen. Das spreche ebenfalls gegen den Angeklagten.

Jürgen Richter

Verteidiger: "Skandalisierung meines Mandanten"

Der Verteidiger, der einen Freispruch gefordert hatte, kündigte die Berufung vor dem Landgericht an. Er hatte unter anderem von der "Skandalisierung meines Mandanten und seiner Familie" gesprochen und die Anklage als "originelle Idee von Journalisten" bezeichnet. Richter zeige seine Doktorarbeit niemandem, weil sich sonst Plagiatsjäger auf der Suche nach dem nächsten Skandal darauf stürzen würden.

In einem Strafbefehl war Richter zunächst zu einer Geldstrafe von 9.600 Euro verurteilt worden. Dagegen hatte er Einspruch eingelegt.

Schlüsselfigur in der AWO-Affäre

Richter gilt, gemeinsam mit seiner Frau Hannelore, als eine der Schlüsselfiguren in der AWO-Affäre, in der es um Untreue und Betrug in Millionenhöhe geht. Der AWO-Kreisverband Frankfurt hatte ihm Anfang 2020 fristlos gekündigt. Zuvor hatte die Frankfurter Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen den Geschäftsführer aufgenommen.

Angaben des neuen Vorstands zufolge hatte die frühere Spitze des Kreisverbands wegen überhöhter Gehälter, überteuerter Dienstwagen und ungerechtfertigter Spenden einen Schaden von mehr als 6,3 Millionen Euro verursacht. Die Frankfurter AWO hat Richter und seine Frau, die den AWO-Kreisverband Wiesbaden geleitet hatte, inzwischen auf Schadenersatz in Höhe von 1,2 Millionen Euro verklagt.

Zuletzt wurde bekannt, dass AWO-Funktionäre, inklusive dem Ehepaar Richter, in großem Umfang Schein-Minijobs vergeben haben sollen. Auch Richters 86 Jahre alte Mutter soll davon profitiert haben.

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