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Wenn das Trinkwasser knapp wird

Wasser tropft aus einem Wasserhahn, im Hintergrund sieht man einen Garten

In mehreren Gemeinden in Hessen ist der Trinkwassernotstand ausgerufen worden, Königstein steht kurz davor. Wie kommt es dazu und was bedeutet das genau? Was müssen Verbraucherinnen und Verbraucher beachten?

Die Situation ist ernst – das zeigt sich dieser Tage in Königstein (Hochtaunus). Vier Lautsprecherwagen der Feuerwehr drehen dort ihre Runden, es wird gemahnt: "Bitte unterlassen Sie ab sofort das Bewässern von Grün‐ und Gartenanlagen und die Befüllung von Schwimmbecken mit Trinkwasser nach den Vorgaben der Gefahrenabwehrverordnung!" Der Trinkwassernotstand in dem Kurort steht unmittelbar bevor. Wer sich an die Auflagen nicht hält, dem droht ein Bußgeld. In anderen Gemeinden wie Grävenwiesbach und in Schmitten (beide Hochtaunus) ist der Notstand schon eingetreten. Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema Wasserknappheit sowie Tipps zum Wassersparen gesammelt:

Warum wird gerade jetzt das Wasser in Hessen knapp?

Zum einem herrscht nach langen Trockenphasen zunehmend Dürre. Es ist trockener als üblich, die Grundwasserpegel sinken. Nach Angaben des Hessischen Landesamts für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) geht die Grundwasserneubildung seit 2003 zurück. Inzwischen zeigen 51 Prozent der Messtellen fallende Grundwasserstände an, teilweise liegen diese sogar sehr niedrig, zum Beispiel im Hessischen Ried. Um diese aufzufüllen, bräuchte es wesentlich längere Regenphasen und Winter mit mehr Schnee und Tauwasser.

Dazu kommt: Durch die Trockenphasen wird nicht nur mehr Wasser in den Gärten verbraucht, sondern Menschen suchen auch vermehrt Abkühlung – zum Beispiel im heimischen Swimmingpool.

Wie stark ist der Trinkwasserverbrauch in Hessen gestiegen?

Der Grund für den Alarm in Königstein: Nach Angaben der Stadtwerke wurde nun erstmals die 4.000-Kubikmeter-Tagesabgabe überschritten. Insbesondere im Stadtteil Falkenstein gibt es den größten Pro-Kopf-Verbrauch mit rund 250 Litern pro Person am Tag. Damit die Versorgung mit dem lebensnotwendigen Trinkwasser weiterhin möglich ist, muss nun der Verbrauch deutlich gedrosselt werden.

Die Tendenz beim Verbrauch des Trinkwassers ist grundsätzlich steigend: 129,1 Liter Trinkwasser hat jede Hessin und jeder Hesse im Durchschnitt des Jahres 2019 pro Tag verwendet, wie das Hessische Statistische Landesamt mitteilt, das alle drei Jahre Daten zum Wasserverbrauch ermittelt. Das waren 2,4 Liter mehr als bei der vorherigen Erhebung. Spitzenreiter war demnach Frankfurt: Hier kam man auf 158,9 Liter pro Person und Tag. Am wenigsten verbrauchte der Lahn-Dill-Kreis mit 112,3 Litern pro Kopf.

Das Land erwägt aufgrund des sinkenden Grundwassers die Einführung eines "Wassercents". Mit dieser Gebühr könnte ein sparsamer Umgang gefördert werden.

Wer ist besonders von Wassermangel betroffen?

Besonders betroffen sind Kommunen, die ihre Wasserversorgung mit überwiegend lokaler Trinkwasserversorgung organisiert haben. Zudem wird mit sinkendem Grundwasserspiegel auch die Wassergewinnung schwieriger: In Hessen stammen 95 Prozent des Trinkwassers aus Grundwasser. Ein lokaler Wassermangel kann sich unmittelbar auf die Trinkwasserversorgung vor Ort negativ auswirken.

Sollte der nächste Winter nicht die erhoffte Menge an Niederschlag bringen, mit dem sich die Grundwasserstände regenerieren, könnte sich das Problem weiter verschärfen, warnt Wasserexperte Siegfried Gendries im Gespräch mit dem hr: "Dann wird es auch dazu kommen, dass immer mehr Kommunen zu restriktiveren Maßnahmen greifen werden – und die Kommunen werden auch alle Verbraucher stärker überwachen."

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Unser Trinkwasser wird knapp

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Wie gehen betroffene Kommunen gegen die Trinkwasserknappheit vor?

Ist die Grundversorgung mit Wasser in Gefahr, berufen sich betroffene Gemeinden auf die Gefahrenabwehrverordnung und rufen den Trinkwassernotstand aus. In der Taunus-Gemeinde Schmitten zum Beispiel gelten voraussichtlich bis Ende August unter anderem folgende Regeln:

  • Weder Flächen in der Landwirtschaft und Forstwirtschaft noch öffentliche Grünfläche, Sportplätze oder privaten Gärten und Terrassen dürfen mit Trinkwasser bewässert werden. Regenwasser aus Zisternen oder Regentonnen darf genutzt werden.
  • Auch Springbrunnen, Wasserspielanlagen, Wasserbecken und private Schwimmbecken dürfen nicht mit Trinkwasser aus der Leitung befüllt werden.
  • Autos dürfen nicht gewaschen werden - es sei denn, die Waschanlage verfügt über Wasseraufbereitung und Kreislaufnutzung.
  • Baustellen dürfen nicht mehr berieselt werden, zum Beispiel um bei Abbrucharbeiten Staub zu verhindern.
  • Zisternen oder Teiche dürfen nicht mit Trinkwasser befüllt werden.
  • Ausgenommen sind Gewerbe, wenn sie sonst ihren Betrieb nicht aufrechterhalten können
  • Zusätzlich gilt in Schmitten eine Sperrzeit von 1 bis 3.30 Uhr morgens. In dieser Zeit darf kein Wasser entnommen werden, damit die Wasserwerke überprüfen können, ob es im Wassernetz trotzdem zu Verbrauch kommt – das könnte ein Hinweis auf undichte Stellen sein.

Sparen die Städte und Gemeinden bei Trinkwassernotstand auch selbst?

In Schmitten werden nach Angaben der Stadt maximal noch Neuanpflanzungen bewässert, und das nur mit Regenwasser aus gemeindeeigenen Zisternen. Das Wasser auf Friedhöfen und öffentlichen Brunnen wurde abgestellt. Die Stadt Königstein bewässert schon seit Beginn der Wasserknappheit die städtischen Rasenflächen nicht mehr. Blumen und Pflanzen im Kurpark werden mit Zisternenwasser gegossen.

Wie wird das Wassersparen in Hessen überprüft?

In Schmitten sind Ordnungsamt und Wasserwerk zuständig für entsprechende Kontrollen. In Königstein setzt man schon jetzt auf Hinweise von Nachbarn.

Was droht den Bürgerinnen und Bürgern bei Nichteinhalten der Regeln?

Verstöße werden in der Regel mit bis zu 5.000 Euro Bußgeld geahndet.

Wie kommt es, dass größere Kommunen keinen Wassernotstand haben?

Auch die Städte rufen Verbraucherinnen und Verbraucher zum möglichst sparsamen Umgang mit Trinkwasser auf. Dabei sehen sich Frankfurt, Kassel, Darmstadt, Marburg oder Fulda in Bezug auf Trinkwasser gut versorgt, wie eine hr-Abfrage ergab. Jedoch nicht deshalb, weil ihre Einwohner sparsamer im Umgang mit Wasser wären. Frankfurt zum Beispiel versorgt sich nur zu rund 25 Prozent aus eigenem Grundwasservorkommen. Das sorgt zunehmend für Kritik. Denn der Großteil stammt aus dem hessischen Ried und dem Vogelsberg – also Gebieten, die ihrerseits mit Wasserversorgungsproblemen kämpfen. Mittlerweile gelten im Vogelsberg rund 70 Prozent der Quellen als versiegt.

"In Großstädten wird der Wassermangel nicht wahrgenommen", beklagt Volker Lein, Vizepräsident des Hessischen Bauernverbandes, der mit seinem Betrieb im Vogelsbergkreis ansässig ist. "Von unserem Grundwasser werden große Mengen ins Rhein-Main-Gebiet gepumpt – aber wir zahlen den deutlich höheren Preis dafür." Besonders für die Tierhaltung sei es wichtig, Grünland zum Weiden für die Tiere zu haben.

Die Stadt Frankfurt wirbt seit diesem Jahr mit einer Wasserspar-Kampagne für weniger Wasserverbrauch. Das Motto: "Jede*r ein bisschen, zusammen ganz viel."

Wie kann ich im Garten Wasser sparen?

Vor dem Hintergrund des Klimawandels gewinnt das Wassersparen nach Angaben des Naturschutzbunds Hessen (Nabu) zunehmend an Bedeutung. Das fängt beim Garten an, wie Sprecher Berthold Langenhorst betont. Hier einige Tipps:

  • Auf Swimmingpools verzichten – diese verbrauchen enorme Mengen an Wasser
  • Garten naturnah gestalten, Wiesen nicht kurz mähen, sondern hochwachsen lassen und maximal dreimal im Jahr mähen. So speichert sich mehr Feuchtigkeit und die Temperatur liegt um mehrere Grad niedriger als bei kurzem Rasen
  • Rasen nicht bewässern – auch in der Natur ist es normal, dass in trockenen Zeiten der Rasen mal trocken und gelblich wird. Wildblumenwiesen müssen übrigens gar nicht bewässert werden
  • Nicht mit Trinkwasser, sondern mit Regenwasser bewässern
  • Regenwassertonnen und Zisternen zum Auffangen von Wasser verwenden
  • Wasser wiederverwenden: Zum Beispiel Wasser vom Gemüsewaschen in einer Schüssel auffangen und zum Bewässern von Pflanzen benutzen
  • Sträucher und Bäume als Schattenspender pflanzen
  • Zimmerpflanzen bei Regen nach draußen stellen
  • Verzicht auf Schottergärten – hier können Temperaturen von bis zu 60 Grad entstehen

Wie kann ich im Haushalt Wasser sparen?

  • Duschen statt Baden
  • Einen wassersparenden Duschkopf verwenden
  • Einen wassersparenden Spülkasten installieren und beim Spülen die Spar- oder Stopptaste benutzen
  • Beim Zähneputzen oder Einseifen den Hahn abdrehen
  • Tropfende Wasserhähne reparieren
  • Waschmaschine und Geschirrspüler nur vollständig gefüllt anstellen
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