Polizisten kontrollieren mögliche Drogendealer im Frankfurter Bahnhofsviertel.

Seit bald drei Jahren praktizieren Polizei und Justiz im Frankfurter Bahnhofsviertel das sogenannte Drei-Säulen-Modell. Ziel: Den Straßenhandel mit Drogen einzudämmen. Die Erfolge sind eher bescheiden, die Worte dafür umso blumiger.

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Drogenkriminalität im Frankfurter Bahnhofsviertel

hessenschau vom 26.04.2022
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Wenn es um den Umgang mit der Drogenkriminalität im Frankfurter Bahnhofsviertel geht, wimmelt die sonst so trockene Sprache der Sicherheitsbehörden nur so vor Sinnbildern. Da wird in dem Stadtteil, der als "Visitenkarte" der Stadt fungiere, nach dem "richtigen Weg" gesucht. Es gelte, den "Drehtüreffekt" zu vermeiden und Strafen "auf den Fuß" folgen zu lassen, auch wenn das bedeute, "dicke Bretter zu bohren".

So verwundert es nicht, dass Polizei, Staatsanwaltschaft und Amtsgericht in Frankfurt zur Bekämpfung des gewerbsmäßigen Drogenhandels seit 2019 auf das sogenannte "Drei-Säulen-Modell" setzen. Am Dienstag haben Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) und der scheidende Frankfurter Polizeipräsident Gerhard Bereswill im Frankfurter Amtsgericht eine Zwischenbilanz gezogen - eine durchaus positive.

Im Visier: Straßendealer

Die namensgebenden drei Säulen des Modells sollen den Strafverfolgungsbehörden in der Praxis effektivere Mittel an die Hand geben, um insbesondere des Straßenhandels mit illegalen Betäubungsmitteln Herr zu werden. Im Einzelnen sind das:

  • Ein Kriterienkatalog anhand dessen Polizeibeamte im täglichen Dienst schneller beurteilen können, ob ein Verdächtiger gewerbsmäßig mit Drogen handelt.
  • Beschleunigte Verfahren: Bei einfachem Sachverhalt, klarer Beweislage und geringer Straferwartung können Täter innerhalb einer Woche verurteilt werden und bis zur Hauptverhandlung in Haft bleiben.
  • Vermögensabschöpfung: Geldbeträge, die bei Festgenommenen gefunden werden, die mit Drogen gehandelt haben oder typischerweise in Zusammenhang mit Straftaten stehen, können eingezogen werden.

Aus Sicht von Justizministerin Kühne-Hörmann hat sich diese Praxis bewährt: "Das Drei-Säulen-Modell ist ein Musterbeispiel für die gelungene Zusammenarbeit von Justiz und Polizei." Kühne-Hörmann verwies unter anderem darauf, dass durch die "konsequente Arbeit der Frankfurter Behörden" eine Rechtssprechungsänderung herbeigeführt worden sei, durch die Rauschgifthändler deutlich früher und härter bestraft werden könnten.

Ähnlich positiv äußerte sich Polizeipräsident Bereswill. Die Anwendung des Modells habe eine erkennbar abschreckende Wirkung auf die polizeibekannten und schon seit längerem tätigen Straßendealer, betonte er.

Erfolge schwer in Zahlen zu fassen

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Drei-Säulen-Modell gegen Drogenhandel - Eine Bilanz

Polizisten kontrollieren mögliche Drogendealer im Frankfurter Bahnhofsviertel.
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Den Erfolg in Zahlen zu fassen, gestaltet sich derweil schwer - weil diese zumindest auf den ersten Blick verhältnismäßig klein ausfallen. So wurden 2020 35 Verfahren wegen des Verdachts von gewerbsmäßigem Drogenhandel im Bahnhofsviertel eröffnet. Letztlich angeklagt wurden 16 Personen. Ähnlich fiel die Bilanz 2021 aus: 50 Verfahren und 18 Anklagen. Im Vergleich zum Zeitraum vor Einführung des Drei-Säulen-Modells wird jedoch die Steigerung deutlich. 2019 wurden lediglich zwei Verfahren eröffnet - und beide wieder eingestellt.

Auch die Vermögenswerte, die seit Einführung des Modells eingezogen wurden, halten sich im überschaubaren Rahmen und summieren sich auf insgesamt 100.000 Euro. Jedoch setzen sich diese aus einer großen Zahl von Kleinbeträgen zusammen, die bei den Dealern beschlagnahmt worden seien, hieß es am Dienstag. "Insoweit bin ich insgesamt sehr zufrieden, dass wir dieses dicke Brett jetzt zumindest angebohrt haben", betonte Bereswill.

Veränderungen im Viertel kaum feststellbar

Im Bahnhofsviertel lässt sich der Erfolg des neuen Modells derweil kaum einschätzen. "So richtig vor Ort beobachten kann man es nicht", so Petra Thomsen (Grüne), stellvertretende Ortsvorsteherin im Frankfurter Ortsbeirat 1. Seit Beginn der Corona-Pandemie sei die Drogenszene wieder sichtbarer geworden. Ob sich der Handel infolge gesteigerten Drucks verringert habe, lasse sich nicht sagen. Überhaupt stelle sich die Frage, ob dem Phänomen durch polizeiliche Maßnahmen beizukommen sei.

Angela Grünzel, die seit 20 Jahren für die Integrative Drogenhilfe im Bahnhofsviertel arbeitet, kommt zu einem ähnlichen Schluss: "Das Problem ist nicht der Verkauf, sondern das Verbot." Dadurch würden Süchtige in die Kriminalität getrieben. Ob der Handel mit illegalen Rauschmitteln in den letzten Jahren zu- oder abgenommen habe, sei aus ihrer Sicht nicht feststellbar.

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