Ein Bagger und mehrere Helfer stehen auf einem Berg aus Schutt.

Türkische Gemeinden, Verbände und Vereine im Rhein-Main-Gebiet wollen eine zentrale Sammelstelle für Sachspenden für die Erdbebenopfer in der Türkei und in Syrien einrichten. Ein THW-Team mit Helfern aus Hessen ist derweil dort angekommen.

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Hilfe aus Hessen für Erdbebenopfer

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Nach dem verheerenden Erdbeben im Süden der Türkei und in Nordsyrien wollen türkische Gemeinden, Verbände und Vereine die Hilfe für die Menschen im Katastrophengebiet gemeinsam organisieren. Voraussichtlich am Donnerstag soll in Frankfurt eine zentrale Sammelstelle für Sachspenden eingerichtet werden, sagte der Landtagsabgeordnete Turgut Yüksel (SPD) am Mittwoch: "Alle wollen helfen, aber derzeit herrscht ein gewisses Chaos, weil unklar ist, wohin Spenden gebracht werden können." Unter dem Motto "Rhein-Main hilft" solle auch ein Spendenkonto eingerichtet werden.

"Es gibt sehr viele, die sich mit dem Auto auf den Weg in die Türkei gemacht haben, um zu helfen", sagte Yüksel. Andere versuchten, mit dem Flugzeug dorthin zu gelangen. Zerstörte Straßen und winterliche Bedingungen dürften dies jedoch erschweren.

Viele Menschen, die obdachlos gewordene Angehörige im Erdbebengebiet hätten, wollten ihre Verwandten bei sich in Deutschland aufnehmen, sagte Yüksel. Das sei derzeit aber sehr schwer: Die Erdbodenopfer müssten online einen Termin in der deutschen Botschaft oder einem der Konsulate vereinbaren, um ein Visum beantragen zu können. Das sei vielen angesichts der zerstörten Infrastruktur aber nicht möglich.

THW-Team mit hessischen Helfern flog in die Türkei

In der Nacht zum Mittwoch brach ein Team des Technischen Hilfswerks mit 50 Helfern aus Hessen und vier weiteren Bundesländern in die Türkei auf. Sie sollen Verschüttete bergen und haben unter anderem Rettungshunde sowie 16 Tonnen Technik und Ausrüstung dabei, wie ein Sprecher des Technischen Hilfswerks (THW) sagte. Am frühen Morgen landete die Gruppe in der südosttürkischen Stadt Gaziantep. Aufgabe des Teams sei es, verschüttete Menschen zu orten, zu retten und erstzuversorgen, sagte der Sprecher.

Unter den hessischen THW-Helfern sind nach hr-Informationen auch Menschen aus Mittelhessen, etwa aus Dillenburg und Biedenkopf. Sie gehören zum Team der Schnell-Einsatz-Einheit und sind auf Bergungen im Ausland spezialisiert.

Die Helfer seien vor Ort in Kontakt mit den Koordinierungsteams der Vereinten Nationen und des Katastrophenschutzes der Türkei. Nach Ankunft in ihrem zugewiesenen Gebiet würde das Team sich teilen: Ein Teil lege direkt mit der Suche nach Verschütteten los, der andere werde das Camp für die Helfer aufbauen, sagte der Sprecher. Der Flug vom Flughafen Köln/Bonn habe sich verzögert. Ursprünglich hätten die Kräfte bereits am Dienstag abfliegen wollen.

Weitere Einsatzkräfte aus Hessen sollen folgen

Das THW rechnet angesichts des Ausmaßes der Zerstörungen und der Nachbebengefahr mit einem schwierigen und möglicherweise auch längeren Einsatz im Erdbebengebiet der Türkei, wie THW-Präsident Gerd Friedsam vor dem Abflug des Teams deutlich machte.

Nach den Erfahrungen aus früheren Auslandseinsätzen bei anderen schweren Erdbeben weltweit gehe er davon aus, dass "wir noch zig Helferinnen und Helfer dorthin entsenden werden", sagte Friedsam am Flughafen Köln/Bonn. Insgesamt sind inzwischen etwa 60.000 Helferinnen und Helfer vor Ort.

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Live-Ticker zu den Erdbeben in der Türkei und Syrien

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THW: "Es wird um die Überlebenshilfe gehen"

"Wir befinden uns in der ersten Phase nach der Katastrophe. Der Fokus liegt momentan ganz klar auf der Rettung und Erstversorgung der betroffenen Menschen", sagte Friedsam. Darin seien die THW-Helfer ausgebildet.

Die Bergungsarbeiten sind ein Rennen gegen die Zeit: Die kritische Überlebensgrenze für Verschüttete liegt normalerweise bei 72 Stunden. Temperaturen um den Gefrierpunkt machen den Überlebenden zusätzlich zu schaffen, viele haben kein Dach mehr über dem Kopf.

Nach der akuten Rettung werde es um eine Überlebenshilfe für die Menschen gehen, sagte Friedsam, etwa um Wasser oder andere benötigte Hilfsgüter wie Zelte, Decken, Schlafsäcke. Fokus und Umfang der Hilfen hingen auch von den Gegebenheiten und Möglichkeiten im jeweiligen Land ab. Beim fast zweijährigen Einsatz in Haiti etwa sei die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung ein Schwerpunkt gewesen. 2010 hatte ein schweres Erdbeben den Inselstaat verwüstet, hunderttausende Menschen starben.

Vorbereitung auf mögliche Nachbeben

Die Einsatzkräfte in Erdbebenregionen müssten bei der schnellen Menschenrettung auch Vorsorgemaßnahmen für Nachbeben treffen, die es immer noch geben könne, sagte Friedsam. Beim Einsturz von Plattenbauten etwa könnten Hohlräume entstehen, in denen Menschen auf ihre Rettung warteten. Das THW-Team reist nach eigenen Angaben im Auftrag der Bundesregierung und auf Ersuchen des Auswärtigen Amtes in das Erdbebengebiet der Türkei.

Bei dem Hilfseinsatz in der Türkei sind auch Rettungshunde dabei.

Das Team habe unter anderem schweres Gerät zur Rettung von Menschen dabei - zum Beispiel Betonkettensägen, sagte der THW-Sprecher. Zudem seien das eigene Camp und Lebensmittel zur eigenen Versorgung für zehn Tage gepackt. Der ursprüngliche Plan, die südtürkische Stadt Adana anzufliegen, war verworfen worden.

Fraport kündigt Millionenspende an

Der Betreiber des Frankfurter Flughafens Fraport kündigte an, gemeinsam mit der TAV Airports Holding jeweils 500.000 Euro für die Opfer des Erdbebens spenden zu wollen. Man sei in Gesprächen mit den türkischen Behörden, wo das Geld am dringendsten benötigt werde. Die Fraport AG ist bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten am Standort Antalya aktiv. Viele der Beschäftigten hätten türkische Mitarbeiter, sagte der Betriebsratsvorsitzende Hakan Bölükmese.

Das Bistum Limburg und die Evangelische Kirche Hessen-Nassau kündigten jeweils Soforthilfen in Höhe von 50.000 Euro an.

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Spenden für die Betroffenen

Mehrere Hilfsorganisationen sammeln Spenden für die Menschen in der Türkei und in Syrien. Eine Übersicht finden Sie auf tagesschau.de.

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Zahl der Toten steigt über 11.000

Nach den verheerenden Beben werden weiter viele Menschen unter den Trümmern vermutet. Nach Behördenangaben vom Mittwochmittag starben mindestens 11.162 Menschen. Mehr als 49.000 Menschen wurden verletzt. Alleine in der Türkei seien rund 8.500 Menschen ums Leben gekommen, sagte Präsident Recep Tayyip Erdogan.

Zudem sind nach türkischen Angaben durch das schwere Erdbeben am Montag mindestens 6.000 Gebäude eingestürzt. In Syrien starben laut dem dortigen Gesundheitsministerium sowie der Rettungsorganisation Weißhelme 2.662 Menschen.

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