Hungerstreikende vor dem iranischen Konsulat in Frankfurt

Sie sind im Hungerstreik - seit Tagen schon kampieren Aktivisten vor dem iranischen Konsulat in Frankfurt. Sie fordern die Schließung vom "Teufelshaus", wie sie es nennen. Und trotzen dafür Kälte und Hunger.

Videobeitrag

Video

Hungerstreik vor iranischem Konsulat

hessenschau vom 02.12.2022
Ende des Videobeitrags

Über Nacht hat jemand rote Farbbeutel geworfen und in großen arabischen Schriftzeichen "Tod dem Diktator" und "ehrenlose Mörder" an die Wand des iranischen Konsulats gesprayt. Nein, sie hätten damit nichts zu tun, sagen die fünf Männer in ihrem Pavillon-Zelt auf dem Bürgersteig vor dem Gebäude im Frankfurter Stadtteil Dornbusch. Aber gefreut hätten sie sich über die Aktion schon. Sie gebe ihnen Kraft und Mut.

Seit Tagen sind die Männer im Hungerstreik. Sie protestieren gegen das Mullah-Regime im Iran und sie wollen weitermachen: Und zwar so lange, "bis dieses Teufelshaus geschlossen wird", sagt der 38-jährige Ehsan Abbasy, der den Protest am 23. November begann.

Ehsan Abbasy, der den Hungerstreik vor dem Iranischen Konsulat begonnen hat.

Der Tod von Kian Pirfalak habe ihn zu seiner Aktion bewegt, sagt Abbasy. Pirlafak sei ein neunjähriger Junge gewesen, der auf dem Heimweg mit seinem Vater von der iranischen Sittenpolizei Basij erschossen worden sei.

Abbasy sitzt eingepackt mit Mütze, Schal, dicker Jacke und unter mehreren Decken vor einem kleinen Heizstrahler. Den Gaszylinder dafür habe jemand vorbeigebracht, sagt er. Überhaupt kämen jeden Tag dutzende Menschen, die ihnen Wärmemittel, Wasser und Zuspruch spendeten.

"Uns ist kalt und wir haben Hunger, aber den Menschen im Iran, die gefoltert, vergewaltigt oder ermordet werden, geht es viel schlimmer", sagt Hamed Khodaei, der seit fünf Tagen nichts gegessen hat. Vor wenigen Tagen war im Iran ein zweiter Demonstrant hingerichtet worden." Khodaei ist wichtig zu betonen, dass die Hungerstreikenden keiner bestimmten Gruppierung oder Partei angehörten.

Die Zelte der Hungerstreikenden vor dem Iranischen Konsulat.

Aus einer großen Bluetooth-Box dröhnt farsi Musik. Die Aktivisten haben Schilder gebastelt, auf denen "Stop Executions" oder "Ich kämpfe für Frauen, für Leben, für Freiheit" steht. Neben dem Zelt steht ein Dixiklo. An der Tür hängt ein Bild von Ruhollah Chomeini, dem Gründungsvater der islamischen Revolution. "Das Haus des Führers", hat jemand daneben geschrieben.

Ein Polizist sei deswegen auf sie zugekommen, sagen die Hungerstreikenden. Weil sich im Konsulat jemand beleidigt gefühlt und beschwert habe. Der Polizist habe gefragt, wer für das Bild verantwortlich sei und ob sie es abnehmen könnten. Wollten sie aber nicht.

Hossein Zandi, der seit zehn Tagen im Hungerstreik ist.

Einige Polizeiwagen stehen in Sichtweite - mehr als sonst. "Wir mussten selbst einmal die Polizei rufen, weil einer von uns tätlich angegriffen wurde", sagt Khodaei. Ansonsten sei bislang alles friedlich verlaufen, Konsulats-Mitarbeiter grüßten sie mit Mittelfingern und anderen abfälligen Bewegungen und Bemerkungen, aber sonst habe im "Teufelshaus" noch keiner auf sie reagiert.

"Wir wissen aber, dass sie Kameras auf uns gerichtet haben und unsere Gesichter kennen", sagt Abbasy. Das mache ihnen aber keine Angst. "Wir sterben hier oder wir leben hier, das ist egal", sagt Khodaei. "Bis diese Botschaft geschlossen ist."

Hamed Khodaei, der seit fünf Tagen im Hungerstreik protestiert.

Sie wollten der Welt zeigen, dass das, was im Iran passiert, kein Protest sei - "sondern eine Revolution", sagt er. Jeder Tag, der diese Revolution schneller zu einem Ergebnis führe, rette hunderte Menschenleben im Iran. Darauf machen die Hungerstreikenden auch mit Fotos von Getöteten und Verhafteten aufmerksam.

"Wir sind nur für die Menschenrechte und die Freiheit im Iran hier", sagt Hossein Zandi, der den zehnten Tag hungerstreikt. Er trägt einen mächtigen Schnauzbart, traditionelle kurdische Kleidung und ein strahlendes Lächeln. Er hofft, dass sich noch viele Menschen ihnen anschließen.

"Saucool - bitte macht weiter"

Plötzlich läuft ein vielleicht Mitte Zwanzigjähriger am Hungerstreik-Pavillon vorbei, er hebt seine Schultern und senkt seinen Kopf, verdeckt seinen Mund unter seiner Daunenjacke. Von der anderen Straßenseite soll keiner mitbekommen, was er sagt.

Doch am Pavillon hört man seine persischen Worte deutlich, die er im Vorbeigehen sagt: "Saucool von Euch, dass Ihr das macht, ich muss jetzt in die Botschaft, um etwas zu regeln. Aber bitte macht weiter."

Weitere Informationen Ende der weiteren Informationen