Ein toter Fisch treibt im Wasser.

Dutzende große Fische und auch Wasservögel treiben tot im Naturschutzgebiet Reinheimer Teich. Rettung für die Tiere ist vorerst kaum in Sicht.

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Fischsterben im Naturschutzgebiet

Der Wasserpegel im Reinheimer Teich ist um fast 60 Zentimeter gesunken.
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Das Naturschutzgebiet Reinheimer Teich liegt idyllisch am Rande des kleinen Odenwald-Städtchens Reinheim (Darmstadt-Dieburg) und ist ein beliebtes Ziel für Fußgänger und Radfahrer, die ein bisschen frische Luft und den Duft der Natur schnuppern wollen. Derzeit stinkt es dort aber gewaltig.

Das liegt an den vielen Fischkadavern, die dort langsam in der Hitze verwesen. Sie sind die unappetitliche Folge eines alarmierenden Vorgangs: In dem See, der Heimat für zahlreiche Tierarten ist, kommt es derzeit zu einem Fischsterben, auch Wasservögel sind betroffen.

Meterlange Fische treiben an der Oberfläche

"Es riecht hier ein bisschen wie am Hamburger Fischmarkt", beschreibt Gerd Fischer vom Reinheimer Umweltamt die Situation rund um den See. Erste deutliche Anzeichen, dass etwas nicht stimmt, habe es bereits vor etwa einer Woche gegeben. Etliche Fische seien mit dem Bauch nach oben im Wasser getrieben.

Die Obere Naturschutzbehörde, die für alle Naturschutzgebiete im Bereich des Darmstädter Regierungspräsidiums zuständig ist, wird konkreter: "Etwa 30 Fische trieben an der Wasseroberfläche des Hauptteiches, darunter hauptsächlich größere, ältere Fische", so ein Sprecher der Behörde. Bis zu 1,50 Meter lange Welse und 25 Kilo schwere Karpfen habe man gefunden. Auch jetzt, eine Woche später, tauchen regelmäßig weitere tote Fische auf. Es habe auch Meldungen über verendete Graugänse gegeben, erst am Donnerstag sei eine tote Stockente geborgen worden.

Ein verwesender Kadaver zeugt vom Fischesterben im Reinheimer Teich.

Frischwasserzufuhr abgeschnitten

Sowohl die Naturschutzbehörde als auch die Stadt Reinheim gehen davon aus, dass das Fischsterben auf Sauerstoffmangel im Wasser zurückzuführen ist, auch wenn die genaue Ursache derzeit noch untersucht wird. Mit einem Ergebnis ist erst Anfang nächster Woche zu rechnen. "Die toten Tiere sind eine Folge des Klimawandels", glaubt Fischer vom Umweltamt Reinheim. "Die Gräben, die sonst frisches Wasser in den Teich führen, sind alle fast oder ganz ausgetrocknet."

Laut Oberer Naturschutzbehörde ist der Pegel im See bereits um 50 bis 60 Zentimeter gesunken, das Wasser weise wenig Sauerstoff, dafür aber einen hohen PH- und Ammoniak-Wert auf. Umgangssprachlich würde man sagen: Der See ist "umgekippt". Es könnten sich zudem bereits für Fische giftige Algen gebildet haben, das werde aber momentan noch untersucht.

Kurzfristige Rettung nicht möglich

Mit einem Belüftungsgerät, das Sauerstoff in das noch verbliebene Wasser pumpt, könnte den Fischen und Vögeln kurzfristig geholfen werden. Doch in der Region gibt es nur wenige solcher Geräte. "Diese werden aktuell am Altrhein benötigt", bestätigt die Obere Naturschutzbehörde. Ein Umstand, der Fischer vom städtischen Umweltamt zwar traurig stimmt, den er aber verstehen kann. "Durch die Trockenheit gibt es ja überall dieselben Probleme."

Fischer vergleicht die Situation mit der Triage in der Medizin, über die in der Corona-Pandemie immer wieder diskutiert wurde: "Die Naturschutzbehörde muss letztendlich entscheiden, welche Gebiete besonders schützenwert sind - und welche nicht, die dann unter Umständen sterben." Als Triage wird in der Medizin der Zustand bezeichnet, wenn nicht ausreichend Hilfe für alle Patienten zur Verfügung steht und Ärzte entscheiden müssen, wer behandelt wird und wer nicht.

Im Naturschutzgebiet Reinheimer Teich leben hunderte, teilweise bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Ob auch sie durch die aktuelle Situation gefährdet sind, lässt sich noch nicht sagen. "Dazu müssen erst weitere Untersuchungen angestellt werden", sagt Fischer.

Vorsichtige Entwarnung für bedrohte Schildkröte

Eine vorsichtige Entwarnung gibt er jedoch für die eigentliche Attraktion des Reinheimer Teiches, die Europäische Sumpfschildkröte. Die in Hessen fast schon ausgestorbene Art hat dort eines ihrer letzten Vorkommen im Land. "Es gibt derzeit keine Hinweise darauf, dass die Schildkröte auch betroffen ist. Sie kann sich ja an Land aufhalten und Luft atmen."

Noch ist die Situation am Reinheimer Teich zumindest in Südhessen nicht die Regel, doch das kann sich bei anhaltender Trockenheit schnell ändern. "Aus weiteren Schutzgebieten in Südhessen sind derartige Probleme bisher nicht bekannt, allerdings leiden viele feuchtegeprägte Lebensräume unter der gegenwärtigen Trockenheit", sagt der Sprecher der Oberen Naturschutzbehörde.

Runder Tisch mit allen Betroffenen

Um zu klären, welche langfristigen Maßnahmen getroffen werden können, um eine solche Situation in den kommenden Jahren zu vermeiden, hat die Behörde alle betroffenen Vereine, Verbände, Behörden und ehrenamtlich Engagierte zu einem "Runden Tisch" eingeladen.

 "Am besten wäre es natürlich, wenn es einfach mal wieder richtig regnet", hofft Fischer. Das würde die Situation nicht nur am Reinheimer Teich deutlich entspannen.

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