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Dieses Faustschlag-Video sorgte für Wirbel

Screenshot aus dem Faustschlag-Video

Ein Sanitäter schlägt einem fixierten Mann mit der Faust ins Gesicht – scheinbar. Er wird entlassen, Ermittlungen wegen Körperverletzung eingeleitet. Jetzt die überraschende Wende: Das Verfahren wird eingestellt.

Die kurze Szene sorgte im März bundesweit für Empörung: Ein Video aus einer Flüchtlingsunterkunft in Kassel zeigt, wie ein Sanitäter einem auf einer Trage fixierten Mann mit der Faust ins Gesicht schlägt - jedenfalls bei einer oberflächlichen Betrachtung. Dabei soll das Opfer, ein 33 Jahre alter Geflüchteter, einen Jochbeinbruch erlitten haben. Er hatte zuvor betrunken randaliert und in Richtung des Sanitäters gespuckt, deshalb wurde er fixiert.

Für den 45 Jahre alten Sanitäter hatte das Video unmittelbare Konsequenzen: Der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) kündigte ihm fristlos. Der Fall beschäftigte damals auch das Innenministerium. Die Opposition forderte eine lückenlose Aufklärung, Kritik am Vorgehen der Polizei kam dazu vom Hessischen Flüchtlingsrat: Zwei Polizisten hatten daneben gestanden und nicht eingegriffen. Ermittlungen ergaben nun aber ein anderes Bild.

Ermittlungsverfahren eingestellt

Die Staatsanwaltschaft Kassel hat das Ermittlungsverfahren gegen den 45 Jahre alten Sanitäter eingestellt. Der Verdacht, der Beschuldigte habe dem vermeintlichen Opfer vorsätzlich mit der rechten Faust ins Gesicht geschlagen, habe sich nicht erhärtet, teilte die Behörde am Mittwoch auf Anfrage mit und bestätigte damit einen Bericht der HNA.

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Verfahren gegen Faustschlag-Sanitäter eingestellt

hs
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Die Auswertung der Einzelbilder durch das Bundeskriminalamt (BKA) begründe berechtigte Zweifel daran, dass der Schlag den Geflüchteten überhaupt im Gesicht getroffen habe, heißt es in einer Mitteilung der Behörde.

Aussagen des Sanitäters durch Auswertung bestätigt

Somit bestätigen die BKA-Auswertungen die Aussagen des Sanitäters. Dieser hatte immer wieder beteuert, nur gegen das Kopfteil der Krankentrage geschlagen zu haben, nachdem er bespuckt worden war. Der bei dem betroffenen Syrer später diagnostizierte Jochbeinbruch soll nach Ausführungen eines Rechtsmediziners wohl nicht durch den Schlag verursacht worden sein.

Laut Staatsanwaltschaft wurde auch das Ermittlungsverfahren gegen die am Vorfall beteiligten Polizeibeamten eingestellt, da keine zu vereitelnde Körperverletzung festzustellen sei.

Anwalt des Sanitäters prüft rechtliche Schritte

Die Anwaltskanzlei, die den Sanitäter vertritt, zeigte sich in einer Mitteilung erleichtert über die Einstellung des Verfahrens. "Wie die fachkundige Auswertung des vorgelegten Videomaterials durch das BKA zweifelsfrei bestätigte, traf unser Mandant tatsächlich die Kopfstütze der Sanitätsliege und somit nicht den Kopf des Patienten. Dies war auch zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt."

Der für ihren Mandanten entstandene Schaden sei dennoch entstanden, hieß es: "Hinter ihm liegen Monate der Vorverurteilung sowie der Verlust des Arbeitsplatzes durch die unwahre Berichterstattung einer großen überregionalen Tageszeitung." Man behalte sich rechtliche Schritte gegen das vermeintliche Opfer und dessen Anwalt vor.

Keine Strafe für Sanitäter und Polizisten – und jetzt?

Der Arbeiter-Samariter-Bund will sich als ehemaliger Arbeitgeber des Sanitäters nicht mehr zu dem Fall äußern. Das teilte Michael Görner, Geschäftsführer des ASB Nordhessen, auf hr-Anfrage mit. Auch sagte er nicht, ob es seit Bekanntwerden der neuen Erkenntnisse Kontakt zu dem Sanitäter gegeben habe.

Dafür äußerte sich der Stellvertretende Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP): Stefan Rüppel forderte eine Entschuldigung von Innenminister Peter Beuth (CDU) bei den betroffenen beiden Polizeibeamten. Ein Ministeriumssprecher hatte sich laut HNA "fassungslos" gezeigt angesichts der vermeintlichen Tatenlosigkeit der Polizisten. Auch aus dem Kasseler Polizeipräsidium war von einem "inakzeptablen Verhalten" der Beamten die Rede gewesen.

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Keine Strafe nach Faustschlag

Ein Schild mit dem Schriftzug "Amtsgericht Kassel - Staatsanwaltschaft Kassel" hängt vor dem Justizzentrum in Kassel (Hessen)
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