Ein Schild mit der Aufschrifft "Gesperrt" hängt an einem Becken in einem Freibad.

Zum Start der Freibad-Saison klagen Bäderbetreiber landesweit über Personalmangel. Die Corona-Pandemie habe die Lage noch einmal verschärft. Besonders schwächer besuchten Bädern drohen deswegen Einschränkungen oder gar vorübergehende Schließungen.

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Freibäder beklagen Personalmangel

hessenschau vom 10.05.2022
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Eigentlich müsste die Vorfreude groß sein im Arheilger Mühlchen, denn in wenigen Tagen startet mit dem traditionellen Anschwimmen die Badesaison in dem Darmstädter Naturfreibad – ganz ohne Corona-Auflagen und mit besten Wetteraussichten. Doch bei Elke Mietzschke-Schauss vom Förderverein des lauschigen Badesees am Rande der Stadt ist die Laune getrübt, denn kurz vor Saisonstart ist noch überhaupt nicht klar, ob das Bad im geplanten Umfang öffnen kann.

Denn in Darmstadt herrscht wie fast überall in Hessen und Deutschland Personalmangel – es gibt schlicht zu wenig Schwimmmeister, Rettungsschwimmer und Aufsichtspersonen. Mietzschke-Schauss befürchtet deshalb Einschränkungen im Badebetrieb: "Wir sind immer das erste Bad, das schließen muss, wenn kein Personal da ist", klagt die Rentnerin.

Ganz unbegründet ist ihre Sorge tatsächlich nicht. Auch wenn die Stadt betont, dass sie kein Interesse habe, "irgendein Schwimmbad aus personellen Gründen zu schließen", gibt sie gegenüber dem hr zu, derzeit nicht für den "rechtssicheren Betrieb" aller fünf Darmstädter Freibäder garantieren zu können. Das Mühlchen ist nach Angaben der Stadt das besucherschwächste Bad. "Insofern wäre es im Zweifel naheliegend, dieses Bad zunächst zu schließen", sagte Bürgermeisterin Barbara Akdeniz (Grüne) dem hr.

Schwimmmeister-Bund beklagt "extremen Personalmangel"

Und Zweifel sind durchaus angebracht, denn Darmstadt befindet sich mit seinem Problem in bester Gesellschaft. "Wir haben in diesem Jahr einen extremen Personalmangel. Das zeigt sich landauf und landab", berichtet Michaela Fisseler-Weinrich, Vorsitzende des hessischen Landesverbands im Bundesverband Deutscher Schwimmmeister (BDS).

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Freibäder suchen händeringend nach Personal

Das Natur-Freibad "Arheilger Mühlchen" am Stadtrand von Darmstadt
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Droht Hessen also so eine Art Schwimmbad-Auslese? Müssen besucherschwächere Bäder schließen, damit andere ausreichend Personal haben? Fisseler-Weinrich kann das nicht ausschließen: "Wir können im schlimmsten Fall Bäder oder einige Attraktionen nicht öffnen oder müssen die Öffnungszeiten einschränken, um die Sicherheit der Badegäste gewährleisten zu können."

Als Ursache nennt Fisseler-Weinrich zum einen den allgemeinen Fachkräftemangel in Deutschland. Zum anderen wirke sich aber zunehmend aus, dass nicht alle Kommunen Personal ausbilden. Als Schwimmmeister ist eine dreijährige Ausbildung erforderlich. Und ohne solch eine Fachkraft dürfe ein Bad nicht öffnen. Unterstützt werden könnten sie lediglich von ausgebildeten Rettungsschwimmern der DLRG.

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Corona-Pandemie hat Situation verschärft

Durch Corona habe sich das Problem weiter zugespitzt. "Wir hatten einige studentische Aushilfen, doch die haben sich während der Pandemie umorientiert. Wir haben da ähnliche Probleme wie die Gastronomie", beklagt die BDS-Landeschefin. Wegen des Personalmangels müssten vorhandene Kräfte vielerorts Überstunden leisten. Auch ein Ausfall durch Corona-Fälle könne laut des Verbands kaum aufgefangen werden. Einen Personal-Puffer, um auf Notlagen regieren zu können, habe praktisch kein einziges Schwimmbad.

Auch Boris Zielinski, Geschäftsführer der Frankfurter Bäderbetriebe und verantwortlich für sieben Freibäder, beklagt eine Verschärfung des Personalmangels durch die Corona-Pandemie. "Dieses Jahr ist die Situation noch einmal schlimmer geworden", erklärt er dem hr. Aber da gehe es den Schwimmbädern wie fast allen anderen Branchen, die auf Saisonkräfte angewiesen sind: "Wir haben einen Aufruf gestartet, aber es bewerben sich schlicht keine Leute."

Noch gehe Zielinski davon aus, dass in Frankfurt alle Freibäder wie geplant bis spätestens Anfang Juni die Türen öffnen. Für den Fall, dass sich die Personalsituation weiter zuspitzt, gebe es aber bereits Szenarien, die auch Verkürzungen der Öffnungszeiten oder gar Schließungen beinhalten. Welche Bäder es zuerst treffen würde, sagt er nicht.

Ausbildungsoffensive geplant

Um dem Personalmangel entgegenzutreten, will der Schwimmmeister-Bund BDS eine Ausbildungsoffensive starten. Ein Vorhaben, das auch Zielinski begrüßt: "Wir müssen uns jetzt zusammen mit anderen Badbetreibern ganz intensiv mit der Frage beschäftigen, wie wir als Arbeitgeber attraktiver werden." Dabei gehe es natürlich um Bezahlung, aber auch um Arbeitszeiten und das Arbeitsumfeld.

Nach Ansicht des Badbetreibers RhönEnergie Fulda GmbH könnte es hilfreich sein, das Berufsbild des Schwimmmeisters noch zu schärfen. So müssten Schwimmmeisterinnen und Schwimmmeister nicht nur klassische "Bademeistertätigkeiten" ausführen, sondern seien unter anderem auch für technische Anlagen und Wasserqualität verantwortlich. Auch Schwimmunterricht gehöre zum Anforderungsprofil. "Oft erhalten wir deswegen die Rückmeldung von den Auszubildenden, dass ihnen diese Bandbreite der Aufgabe im Vorfeld gar nicht bewusst war", teilte eine Sprecherin des städtischen Unternehmens dem hr mit.

"Ein Job, bei dem man auch noch braun wird"

Für Ina Bottelberger, ehrenamtliche Vorsitzende des ebenfalls unterbesetzten Waldschwimmbads im Oberzenter Stadtteil Beerfelden (Odenwald), hat der Beruf des Schwimmeisters oder des Aushilfs-Rettungsschwimmers aber auch große Vorteile: "Man hat im Sommer einen coolen Job, der Spaß macht und bei dem man sogar noch braun wird."

Vor allem für Schüler, Studenten, aber auch Frührentner sei die Arbeit attraktiv, um sich etwas dazuzuverdienen. "Wer Lust auf einen schönen Ferienjob hat, kann sich gerne bei mir melden", so Bottelberger. Der BDS hat auf seiner Internetseite ebenfalls jede Menge Jobangebote, auch die meisten Städte sind offensiv auf Personalsuche und nehmen Bewerbungen entgegen.

Ob und wann sich die Personalsituation in Hessens Freibädern wieder entspannt, lässt sich nicht abschätzen. Bis dahin müssen nicht nur die Schwimmerinnen und Schwimmer im Arheilger Mühlchen mit eingeschränktem Badespaß rechnen.

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