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Anklage gegen Oberstaatsanwalt erhoben

Das Justizzentrum Frankfurt mit Generalstaatsanwaltschaft und Oberlandesgericht

Der Vorwurf: Bestechlichkeit in über 100 Fällen, schwere Untreue und Steuerhinterziehung. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt hat Anklage gegen den früheren Oberstaatsanwalt Alexander B. erhoben. Dem Angeklagten drohen bis zu 15 Jahre Haft.

Er soll Justiz-Aufträge an einen befreundeten Unternehmer vergeben und dafür Geld kassiert haben: Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Frankfurt Anklage wegen Korruptionsverdachts gegen den früheren Oberstaatsanwalt Alexander B. erhoben.

Fast drei Jahre nach Beginn der Ermittlungen gegen den früheren Oberstaatsanwalt Alexander B. hat die Staatsanwaltschaft Frankfurt Anklage gegen den 55-Jährigen und einen befreundeten Unternehmer Anklage erhoben. Das teilte sie am Donnerstag mit. Der Vorwurf: Bestechlichkeit in 101 Fällen, schwere Untreue in 55 Fällen und Steuerhinterziehung in neun Fällen.

Um den Schaden für die Staatskasse wieder gutzumachen, will die Staatsanwaltschaft mehr als 2,1 Millionen Euro aus dem Vermögen des Beamten einziehen.

Gutachten und Schmiergelder

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass B. mit dem befreundeten Unternehmer die Betrugsmasche von langer Hand geplant hatte. Demnach soll der heute 56-jährige Unternehmer aus dem Hochtaunuskreis bereits 2005 "unter Anleitung" des Beamten eine Firma gegründet haben, deren Zweck hauptsächlich darin bestand, Gutachten für die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft zu erstellen.

Die Firma soll allein in den letzten zehn Jahren Gutachten für über 12,5 Millionen Euro bekommen haben. Dabei sollen mehr als 90 Prozent der Einnahmen auf Aufträge von Alexander B. zur Ermittlung im Bereich Medizinbetrug zurückzuführen sein.

Allein in dem nichtverjährten Zeitraum von 2015 bis 2020 sollen an B. für diese Gutachten Zahlungen von annähernd 280.000 Euro geflossen sein. Auch von einem zweiten Gutachterunternehmen, das der Unternehmer gegründet hatte, soll B. profitiert haben. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er Schmiergeldzahlungen in Höhe von 66.000 Euro bekam.

Staatsanwaltschaft will Geld einziehen

An den Gutachten sollen sich B. und sein Unternehmerfreund zu Lasten der hessischen Staatskasse bereichert haben. Denn die Ermittlungsverfahren wegen Abrechnungsbetrug bei Ärzten wurden in der Regel gegen Geldauflagen eingestellt. Somit fielen die Kosten für die Gutachten an das Land Hessen. Dadurch sei dem Land ein Schaden in Höhe von knapp 645.000 Euro entstanden.

Gleichzeitig mit der Anklage hat die Staatsanwaltschaft beantragt, Einnahmen von Alexander B. in Höhe von mehr als 2,1 Millionen Euro einzuziehen. Sie geht dabei von einer Gesamtsumme von etwa 910.000 Euro im nicht-verjährten Zeitraum sowie von etwa 1,25 Millionen Euro im rechtlich verjährten Zeitraum von 2005 bis Juli 2015 aus.

Folgt das Gericht dem Antrag, muss auch das Geld zurückgezahlt werden für den Zeitraum, für den der Angeschuldigte strafrechtlich nicht mehr belangt werden kann.

Gegen B. besteht außerdem der Verdacht der Steuerhinterziehung in Höhe von 185.000 Euro in dem nicht verjährten Zeitraum. Dabei geht es um Einkünfte aus den Schmiergeldzahlungen und Mieteinnahmen aus einer Immobilie, die er den Finanzbehörden verschwiegen haben soll.

Angeklagten drohen 15 Jahre Haft

Die Staatsanwaltschaft hat die Anklage vor der großen Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Frankfurt erhoben. Für die Straftaten drohen den beiden Angeklagten im Extremfall Haftstrafen von bis zu 15 Jahren.

Gegen mehrere andere Personen laufen ebenfalls noch Ermittlungen im Zusammenhang mit der Korruptionsaffäre. Unter den Verdächtigen befinden sich unter anderem zwei weitere Beamte der hessischen Justiz.

Der Fall Alexander B. hatte weit über Frankfurt hinaus Schlagzeilen gemacht, weil der Beschuldigte in seiner Funktion bei der Generalstaatsanwaltschaft in Sachen Wirtschaftskriminalität und Abrechnungsbetrug ermittelte. Die Ermittlungen gegen ihn wurden 2019 eingeleitet.

Reaktionen aus dem Landtag

Die SPD im Landtag kritisierten die lange Ermittlungszeit. "In diesem Fall, der doch das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat extrem erschüttert hat, hätte es schneller gehen müssen", teilte ihr rechtspolitischer Sprecher, Gerald Kummer, mit.

Die rechtspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Marion Schardt-Sauer, sieht den neuen hessischen Justizminister Roman Poseck (CDU) in der Pflicht: "Es ist an dem neuen Minister nach der Salamitaktik der Vorgängerin nun offensiv die Aufklärung mit voranzutreiben", so Schardt-Sauer. Nur so könne das Vertrauen in den Rechtsstaat wieder hergestellt werden.

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