Alexander Krol hält in seinem Kinderzimmer Pokémon-Karten in die Kamera

Stundenlang täglich Pokémon zocken, und niemand motzt: Für Alexander Krol ist das Videospiel mit den kleinen Monsterchen eine Art Leistungssport mit hohen Preisgeldern. Auch für die Schule bringt das Bildschirm-Hobby offenbar Vorteile.

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Computerspielen ausdrücklich erlaubt

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Mathe-Nachhilfe, Fußballtraining und Gitarre - die Woche von Alexander Krol aus Steinbach (Hochtaunus) ist ziemlich vollgepackt. Trotzdem sprüht der Zwölfjährige vor Begeisterung für seine Leidenschaft: Pokémon zocken. Zwei Stunden trainiert der Schüler das Spiel täglich an der Konsole, denn er hat ein klares Ziel: Alexander will Pokémon-Weltmeister werden.

Vom Pokémon-Club zur Weltmeisterschaft

Pokémon mag Alexander schon länger. "Angefangen habe ich mit 'Pokémon Go' auf dem Handy, das war ein Hype. Ich bin spazieren gegangen und habe Pokémon gefangen." An der Konsole spielt der Zwölfjährige erst seit einem Jahr. Gelernt hat er das in einer AG an seiner Schule in Steinbach. "Da wurde ein Pokémon-Club von meiner Englischlehrerin angeboten und ich dachte, ich probiere das mal aus und bin eingestiegen."

An der Konsole funktioniere das Pokémon-Spiel nach dem "Schere, Stein, Papier"-Prinzip, erklärt der Junge. "Jeder Spieler hat sechs Pokémon, aus denen für jeden Kampf vier ausgewählt werden. Gespielt wird immer zwei gegen zwei." Jedes Pokémon habe seine eigene Geschichte und besondere Eigenschaften, die Spielende genau kennen müssten, um erfolgreich zu sein. Die jeweiligen Kräfte der Pokémons und wann diese eingesetzt werden, seien im Wettkampf entscheidend.

Alexander Krol bei der Pokémon-Meisterschaft in London in einer bunten Kulisse mit Pokémon-Figuren

Alexander gehört zu den 16 Besten der Welt

Im Pokémon-Club seiner Schule lernt Alexander von Lehrern, die in ihrer Freizeit selbst Pokémon spielen und den Kids die besondere Gaming-Welt zeigen. "Viele Mitstreiter sprechen andere Sprachen. Englisch, aber auch Spanisch, Französisch", erklärt Baris Akcos, Alexanders Lehrer. "Das wollen wir den Kindern mitgeben. Und auch strategisches Denken, Problemverhalten, das Zusammenkommen mit anderen Kulturen." Weil Alexander oft gewinnt, empfahlen ihm die Lehrer, an Turnieren teilzunehmen. Das macht der Schüler mit Erfolg, Alexander gehört mittlerweile zu den 16 Besten der Welt in seiner Altersklasse.

Pokémon-Profis bekommen Preisgelder und Reisekosten

Alexanders Eltern sind von dessen der Pokémon-Begeisterung zunächst überrascht. "Ich hatte keine Vorstellung, was mich da erwartet", sagt Vater August Krol. Mit ihm reiste Alexander im August nach London zur Pokémon World Championship. Dort spielte der Schüler gegen die besten Spieler der Welt. "Es war ziemlich knapp, da habe ich nur um Haaresbreite verloren, weil ich etwas falsch gemacht habe."

Kinder sitzen an Tischen im Wettkampf bei der Pokémon World Championship in London

Die Reisekosten zu internationalen Wettbewerben stemmt die Familie nicht allein. Als Pokémon-Profi bekommt Alexander Preisgelder, etwa in Form von "Travel-Awards" - also Geld, das Anreise und Übernachtung in den zum Teil weit entfernten Spielorten deckt. Es gibt aber auch Prämien: In London hat Alexander 1.500 US-Dollar Preisgeld erspielt.

Spiele als Wissensvermittler

Die Pokémon-Leidenschaft ihrer Kinder bereitet manchen Eltern Sorgen. Für Alexanders Vater ist es Abwägungssache. "Auf der einen Seite steht natürlich die Screen-Time, also dass Kinder vor blauem Licht Zeit verbringen. Auf der anderen Seite machen sie durch das Spiel aber auch Erfahrungen, es gibt wertvolle Lerneffekte." Das Spiel trainiere etwa das Gedächtnis und fördere logisches Denken, weil Alexander sich viele Figuren mitsamt ihren Eigenschaften und zahlreiche Spielzüge merken müsse.  

Eine Einschätzung, die Ann-Marie Letourneur teilt. Sie leitet das "GameLab" der Universität Marburg und forscht zur Relevanz von Video- und Computerspielen für Kultur und Gesellschaft. Das Pokémon-Spiel biete viele Möglichkeiten, sich mit Lernen auseinanderzusetzen, und das Spiel an der Konsole fördere auch die Lesekompetenz. "Ein Großteil der narrativen Elemente wird durch textuelle Informationen erzielt", sagt die Wissenschaftlerin. "Es ist sicherlich auch lesefördernd, wenn Kinder Bücher lesen. Aber was lebendiges Lernen kennzeichnet, ist der Medienwechsel." Lernen geschehe während des Spiels ganz nebenbei. So lernten Spielende die Pokémon-Charaktere und deren Superkräfte "oft schneller als jede Vokabel-Einheit."

Pokémon gehört zur Populärkultur

Pokémon gibt es bereits seit über 25 Jahren. 1996 wurde das Pokémon-Videospiel für Nintendos Game Boy in Japan veröffentlich, schwappte kurze Zeit später auch nach Deutschland. "Pokémon ist zum zentralen Bestandteil der Populärkultur geworden und überall auffindbar", sagt die Gaming-Expertin Letourneur.

Mittlerweile gibt es Videospiele, Serien, Pokémon-Karten und ein vielgestaltetes Merchandising. Von anfänglich rund einhundertfünfzig Figuren stieg die Anzahl der Pokémon-Figuren auf inzwischen rund eintausend. Die Marke Pokémon gehört laut der Online-Plattform "Statista" mit einem geschätzten Gesamtumsatz von 100 Milliarden US-Dollar zu den erfolgreichsten Franchises der Welt.

Alexander will in Japan Weltmeister werden

Alexander Krol kennt die Figuren alle in- und auswendig und hat seine nächste Herausforderung bereits definiert. "Mein Ziel ist es, die Weltmeisterschaft in Yokohama (Japan) nächstes Jahr zu gewinnen." Mit zwölf Jahren spielt Alexander dann nicht mehr in der Kinderklasse, sondern bei den Senioren. Ein Sieg sei realistisch, sagt er. "Ich habe ja schon Erfahrung und kenne die meisten Gegner." Vater und Sohn freuen sich schon auf die Reise und den Mix aus Spiel und Spaß, das Treffen mit anderen Kulturen und Sprachen durch das "verbindende Element Pokémon".

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