Prozess gegen Franco A. An der Schwelle zur Volksverhetzung

Am 22. Verhandlungstag im Terrorprozess gegen den Bundeswehroffizier werden Sprachaufnahmen des Angeklagten vorgespielt. Darin äußert er sich eindeutig antisemitisch. Statt sich jedoch von den Aussagen zu distanzieren, versucht Franco A. diese zu belegen.
Die einzige nennenswerte Verteidigung, die Franco A. an diesem 22. Prozesstag hat, ist der Richter, der über ihn urteilen soll. Ein ums andere Mal unterbricht der Vorsitzende des Strafschutzsenats am Frankfurter Oberlandesgericht (OLG), Christoph Koller, die Ausführungen des angeklagten Bundeswehroffiziers, um ihn darauf hinzuweisen, dass diese seiner Verteidigung alles andere als zuträglich seien.
"Sie merken schon, dass Sie es noch schlimmer machen", fragt er an diesem Dienstag. Der Gesichtsausdruck von Franco A. verrät, dass er das nicht tut. Er wolle eigentlich nur darstellen, wie er dazu gekommen sei, gewisse Thesen zu vertreten. Thesen wie etwa, dass Amerika die Welt beherrscht, aber "die Juden" eben Amerika. Oder dass Juden eben nie Deutsche sein könnten - zumindest nicht ganz. Diese Meinungen seien auch von jüdischen Autoren vertreten worden, betont Franco A.
Richter Koller kommt indes zu einem anderen Schluss: "Das ist antisemitischer Blödsinn, den Sie da reden", sagt er. Dann entzieht er dem Angeklagten das Wort - und tut ihm damit offenkundig einen großen Gefallen.
Franco A. kommt leicht ins Plaudern
In dem seit Mai laufenden Prozess gegen den Bundeswehroffizier - dem die Staatsanwaltschaft vorwirft, sich als syrischer Flüchtling ausgegeben und unter dem Deckmantel dieser Scheinidentität einen rechtsextremistisch motivierten Anschlag geplant zu haben - hatte es bereits einige Momente gegeben, bei denen sich Franco A. um Kopf und Kragen zu reden drohte. Der Angeklagte kommt leicht ins Schwadronieren - zumindest wenn es um ihn und sein Empfinden geht.
Ein Rassist sei er nicht, betont Franco A. an diesem Prozesstag zum wiederholten Male. Und da Antisemitismus ein "Partikularrassismus" sei, könne er folglich auch kein Antisemit sein. Er spüre keine "Apathie" gegenüber dem jüdischen Volk. Franco A. meint "Antipathie", aber der Versprecher ist vermutlich näher an der Wahrheit.
Zumindest legen das jene Sprachaufnahmen nahe, die an diesem Dienstag vorgespielt werden. Darunter der mehrere Minuten lange Mitschnitt eines Gesprächs zwischen Franco A. und weiteren Teilnehmern einer Feier. Teilweise waren die Transkripte von der Bundesanwaltschaft bereits im Rahmen eines Beweisantrages verlesen worden.
"Die werden ja von den Juden kontrolliert"
Zu hören ist ein Franco A., der wenig mit dem meist betont freundlichen, teils gespielt-naiven Auftritten des Bundeswehroffiziers im Gerichtssaal tun hat. In rüdem, oft vulgärem Tonfall ereifert sich Franco A. über die USA, die ihr "dreckiges demokratisches System" allen Länder aufzwingen wollten. Über die "Scheiß-Gesellschaft" des Westens, die zwar materiell reich, aber mental arm sei. Und über die "Bastarde" in "unserer Regierung", die im Gegensatz zu den Führern von Staaten wie Russland, Iran oder Venezuela "keine Eier" hätten, um Widerstand zu leisten.
Natürlich bedarf es Schuldige für diesen Zustand. Und die benennt Franco A. in dem Dialog eindeutig: "Die Amis wollen ja diese Vermischung. Die werden ja von den Juden kontrolliert." Darüber hinaus vertritt er die These, dass "Deutsche und Juden" verschiedene Völker seien, die sich gegenseitig abstießen.
Die Verteidigung tut nichts
Als Verteidigung könnte man in so einer Situation versuchen, die Aussagen des Mandanten als betrunkenes Geschwätz abzutun, vielleicht auch als Wichtigtuerei, die nicht typisch für das Denken des eigenen Klienten sei. Oder man könnte erklären, dass sich die Gesinnung des Mandanten inzwischen gewandelt habe und er seine damaligen "unbedachten" Aussagen bereue.
Die Verteidigung von Franco A. aber zieht es vor, nichts zu tun und ihren Mandanten reden zu lassen. Franco A. beginnt seine Einlassungen damit, dass er das Gericht darum bittet, ihn direkt zu unterbrechen, wenn an einer Stelle der Verdacht aufkäme, er äußere sich rassistisch oder antisemitisch. Richter Koller wird dieser Aufforderung mehrfach nachkommen.
Denn was Franco A. im Anschluss versucht, ist aufzuzeigen, dass seine Thesen auch von namhaften Autoren vertreten würden. Etwa, dass die US-Politik von Juden bestimmt werde. Koller unterbricht zum ersten Mal. Der Angeklagte distanziere sich von seinen Aussagen, um diese im nächsten Moment zu belegen, moniert der Vorsitzende. Das sei "nicht hilfreich". "Wenn ich Ihr Verteidiger wäre, hätte ich jetzt eine Pause beantragt."
PR-Strategie gescheitert
Bei der zweiten Unterbrechung erfolgt bereits der rechtliche Hinweis durch den Vorsitzenden, dass auch Aussagen vor Gericht den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllen können. "Ich sage ja nicht, dass es so ist", rechtfertigt sich Franco A., nach einer weiteren These, "ich mache hier keine Tatsachenbehauptung".
Als er kurze Zeit später eine Autorin zitieren möchte, die davon ausgeht, dass Juden sich nie gänzlich in andere Gesellschaft integrieren könnten, platzt Koller der Kragen: "Was Sie hier zu sagen versuchen, ist: Ich mache das nicht dumpf, ich kann das belegen." Das Gericht sei jedoch nicht bereit, sich weitere antisemitischen Ausführungen anzuhören. Nach langen 30 Minuten entzieht Koller einem sichtlich frustrierten Franco A. das Wort.
Seit Beginn des Prozesses hat Franco A. mindestens so viel Energie darauf verwendet, sein Image aufzupolieren wie darauf, die Terrorvorwürfe des Generalstaatsanwalts zu widerlegen. Dass er als Rechtsextremist gelte, sei die Folge eines medial verbreiteten Zerrbilds seiner Person. Seiner inneren Einstellung entspräche das nicht.
Wenn Franco A. jemals so etwas wie eine PR-Strategie hatte, ist sie spätestens an diesem 22. Prozesstag gescheitert. Der Prozess wird am 11. Januar fortgesetzt.