Vollkommen ausgetrockneter Boden mit wenig Büschen im Hintergrund

Der August war in Hessen der wärmste Monat seit Beginn der Aufzeichnungen. Nirgends in Deutschland fiel in der Zeit weniger Regen als hier. Daraus resultieren Niedrigwasser, gelb-braune Landschaften und Waldbrände - ein Szenario, das sich Experten zufolge wiederholen dürfte.

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Sonnigster Sommer seit der Aufzeichnung

hessenschau vom 30.08.2022
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Man tritt den etwa 300 Einwohnern von Gilserberg-Moischeid (Schwalm-Eder) hoffentlich nicht zu nahe, wenn man ihnen unterstellt, dass die Menschheitsgeschichte bislang eher einen Bogen um das Dörfchen gemacht hat. Bislang. Denn am 2. Juni dieses Jahres machte sie Halt in dem Dorf, das im Gilserberger Hochland zwischen zwei Bachtälern liegt.

"Klirrend kühl" war es dort an diesem Tag, wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) anlässlich seiner vorläufigen Sommerbilanz am Dienstag mitteilte. Um genau zu sein: Es war 1,1 Grad kühl, die Temperatur kletterte nur knapp über den Gefrierpunkt – und kälter als in Gilserberg-Moischied war es in diesem Sommer an keiner anderen der rund 2.000 Messstationen des DWD in ganz Deutschland.

Sonnenreichster Sommer seit Beginn der Messungen

"Das ist eine Station, die öfter mal frische Temperaturen misst", sagt hr-Meteorologe Rainer Behrendt. Sie liege in einer Senke, und dass es da auch mal "ungewöhnlich stark abkühlt", sei schon fast gewöhnlich. Alles andere als gewöhnlich war dieser Sommer, der meteorologisch vom 1. Juni bis zum 31. August dauert.

"Es war der sonnenreichste Sommer seit Messbeginn", sagt DWD-Meteorologe Andreas Friedrich. Seit 1951 schien die Sonne nicht so intensiv auf Deutschland generell und auf Hessen im Speziellen. Nach den bisherigen Messungen und inklusive der Prognose bis Monatsende wurden in Hessen 857 Sonnenstunden in diesem Sommer gezählt. Der bisherige Rekord war im Sommer 2003 mit 814,4 Stunden aufgestellt worden.

Auch bundesweit wurde laut DWD ein Höchstwert mit 817 Sonnenstunden verzeichnet. "Es gab extrem viele Hochdrucklagen, die sich immer wieder durchgesetzt haben", erklärt hr-Meteorologe Behrendt.

Diese Hochs trieben auch die Temperaturen nach oben: Mit einer Durchschnittstemperatur von 19,6 Grad Celsius gehört der Sommer in Hessen nach den bisherigen Messergebnissen zu den drei wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881 für Niederschläge und Temperaturen.

Der langjährige Mittelwert der international üblichen Referenzperiode von 1961 bis 1990 liegt bei 16,4 Grad Celsius für die Monate zwischen Juni und August.

Im August war Hessen das trockenste Bundesland

Diagramme von Temperaturen und Niederschlag auf ausgetrocknetem Boden

Im August selbst fiel die Abweichung von diesem Sommer-Mittelwert in Hessen noch stärker aus. Hier beträgt das Mittel bislang 21,0 Grad, das ist ein neuer Rekord-Mittelwert.

Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr war die August-Temperatur um 0,3 Grad höher als der Mittelwert, im bisherigen Rekordjahr 2003 lag die Abweichung bei 4,5 Grad über dem Mittelwert (20,9 Grad).

Während dieser Hitze-Periode fielen den DWD-Angaben zufolge nun nur knapp 15 Liter pro Quadratmeter Niederschlag - damit war Hessen im August dieses Jahres das trockenste Bundesland.

Auch insgesamt ging hierzulande zwischen Juni und August extrem wenig Regen nieder. Im Schnitt wurden nur 85 Liter Niederschlag pro Quadratmeter gemessen. Der Mittelwert (1961-1990) liegt bei 222 Liter pro Quadratmeter. In Deutschland fiel in den drei Sommermonaten nur im Saarland noch weniger Regen.

Typisches Zeichen für Klimaerwärmung

"Der Sommer 2022 ist ein typisches Zeichen dafür, dass wir in der Klimaerwärmung leben", sagt Andreas Friedrich. "Hitzewellen und Dürreperioden, die unterbrochen werden von Starkregen - das ist ein Szenario, auf das wir uns einstellen müssen." Immerhin: Noch sei der Sommer 2022 ein Ausreißer, sagt Friedrich.

"Irgendwann aber werden diese Ausreißer zur Normalität", relativiert hr-Meteorologe Behrendt. "Und die Ausreißer davon werden dann noch schlimmer."

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