Links sitzt hinter einem Laptop der Angeklagte an einem Tisch im Gerichtssaal, rechts neben ihm mit blauer Krawatte sein Anwalt.

Im Totschlag-Prozess um einen Streit über einen Drohnenflug in Mittelhessen haben sowohl Verteidigung als auch Anklage auf Freispruch plädiert. Ein 71-Jähriger hatte einen Kontrahenten erstochen. Auch für den Staatsanwalt ein Fall von Notwehr - sehr zum Unverständnis der Familie des Opfers.

Der Streit um eine Lappalie endete für einen Mann tödlich - nun soll der andere Mann freigesprochen werden: Im Totschlag-Prozess gegen einen früheren Polizisten haben Staatsanwaltschaft und Verteidigung auf Freispruch plädiert. Beide begründeten ihre Forderung damit, dass sich der Angeklagte in einer Notwehrsituation befunden habe. Der 71-jährige pensionierte Kriminalbeamte soll in Wettenberg (Gießen) einen 55-Jährigen mit einem Messer getötet haben - nachdem sie sich wegen eines Drohnenflugs gestritten hatten.

Die Situation vor zwei Jahren sei so zugespitzt und eine Notwehrlage gewesen, dass der Stich gerechtfertigt gewesen sei, sagte der Anklagevertreter am Montag vor dem Landgericht Gießen. Die Verteidigung sah das ähnlich, die Nebenklage dagegen war anderer Ansicht: Nach Auffassung des Rechtsanwalts, der die Familie des Opfers vertritt, handelte der Angeklagte rechtswidrig. Daher sei er wegen Totschlags zu verurteilen.

Nebenklage spricht von "Gewaltexplosion"

Der Anklagevertreter sprach von einer "Tragödie" und von "Unverständnis". Ein marginaler Anlass habe binnen kürzester Zeit zu einer "Gewaltexplosion" geführt. Er verwies zwar auf offen gebliebene Fragen und auf Ungereimtheiten in den Aussagen des 71-Jährigen und von Zeugen. Die Staatsanwaltschaft sehe aber "keine andere Möglichkeit, als von Notwehr auszugehen". Er könne verstehen, wenn die Familie und Freunde des Opfers damit schwer leben könnten, räumte der Staatsanwalt ein.

Der Anklageschrift zufolge ließ der 71-Jährige im August 2020 eine Drohne aufsteigen, um die Burg Gleiberg zu filmen. Er geriet demnach zunächst mit einem damals 62-Jährigen in Streit, der fürchtete, dass durch das Fluggerät Pferde gestört werden. Die verbale Auseinandersetzung habe sich zu einer körperlichen ausgeweitet. Als das spätere Opfer, ein Begleiter des 62-Jährigen, hinzugekommen sei, habe der Angeklagte diesen mit dem Messer verletzt.

Opfer soll in Messer gelaufen sein

Der 71-Jährige hatte sich zu Beginn des Prozesses auf Notwehr berufen. Er habe um sein Leben gefürchtet. Zudem sagte er, das Opfer sei in das Messer gelaufen. Diese Aussage sei für die Familie des Getöteten nicht einfach, sagte der Nebenklagevertreter. Sie sei "Ausdruck von Empathielosigkeit".

Er habe seine Drohne über eine Wiese fliegen lassen, die unbenutzt gewesen sei, argumentierte der 71-Jährige. Er habe keine Pferde gestört. Als es zum Streit mit dem damals 62-Jährigen gekommen sei, habe er diesem sein Taschenmesser gezeigt, so dass der Mann vielleicht Angst bekomme und die Auseinandersetzung beendet werden könne. Doch der andere habe ebenfalls ein Messer gezeigt - eines, mit dem man schnell zustechen könne, sagte der Ex-Polizist. Beide Messer seien zwar wieder eingesteckt worden, die Auseinandersetzung aber sei weitergegangen und später eskaliert.

Das Gericht will am 24. August sein Urteil sprechen.

Formular

hessenschau update - Der Newsletter für Hessen

Hier können Sie sich für das hessenschau update anmelden. Der Newsletter erscheint von Montag bis Freitag und hält Sie über alles Wichtige, was in Hessen passiert, auf dem Laufenden. Sie können den Newsletter jederzeit wieder abbstellen. Hier erfahren Sie mehr.

* Pflichtfeld

Ende des Formulars