Küken stehen in einem Stall

Millionen Küken wurden Jahr für Jahr in Hessen getötet. Seit Januar ist das zwar verboten. Doch die männlichen Küken aufzuziehen, ist für die Betriebe gar nicht so leicht. Andere Hühnerrassen könnten eine Lösung sein.

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Weitergedreht: Kükentöten verboten

hs
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Auf dem Geflügelhof Häde in Alheim-Heinebach (Hersfeld-Rotenburg) wird schon länger umgesetzt, was seit dem 1. Januar in ganz Deutschland Pflicht ist: Der männliche Nachwuchs der Legehennen wird dort ebenso aufgezogen wie der weibliche – obwohl die männlichen Küken auf dem Hof eigentlich nutzlos sind. Schließlich legen sie keine Eier.

Jahrzehntelang war es in Legebetrieben deshalb gängige Praxis, die "Bruderhähne" direkt nach dem Schlüpfen auszusortieren. 40 bis 50 Millionen Küken wurden allein im Jahr 2021 in Deutschland getötet, schätzt das Bundeslandwirtschaftsministerium. Ein neues Gesetz zwingt die Geflügelhalter nun zum Handeln. Im vergangenen Mai beschloss der Bundestag, dem Kükentöten ein Ende zu setzen. Deutschland gilt damit weltweit als Vorreiter.

Viel Aufwand, wenig Ertrag

Was aus Sicht von Tierschützern die richtige Entscheidung war, ist für die Betriebe gar nicht so leicht umzusetzen, weiß Fabian Häde, Leiter des Geflügelhofs in Alheim. Vor zwei Jahren haben er und seine Kollegen damit angefangen, auch die Hähne am Leben zu lassen - und sie zu mästen.

Fabian Häde Geschäftsleiter Geflügelhof Häde auf Wiese mit Hühnern

Doch bei den Legerassen bedeutet das wenig Ertrag bei hohen Kosten. Die Hähne setzen nur wenig Fleisch an, das qualitativ zudem schlechter sei als das der typischen Fleischhuhnrassen, sagt Häde. "Die Mästung dieser Hähne hat einen immensen CO2-Fußabdruck und verbraucht immense Mengen an Futter", erklärt der Geflügelhof-Leiter. Bei rund 50.000 Tieren eine Ressourcenverschwendung. Zumal Futtermittel in Folge des Ukraine-Kriegs teurer geworden seien.

Die Landestierschutzbeauftrage Madeleine Martin sieht die Aufzucht männlicher Küken bei Legerassen ebenfalls kritisch: "Die Futterbilanzen sind eine Katastrophe. Rein von der Nachhaltigkeit her ist es nicht sinnvoll, diese Tiere aufzuziehen."

Andere Hühnerrassen als Lösung?

Fabian Häde Geschäftsleiter Geflügelhof Häde mit Fleisch

Fabian Häde experimentiert daher seit einiger Zeit mit alternativen Hühnerrassen, die vor ein paar Jahrzehnten auch in größeren Betrieben noch üblich waren: Sogenannte "Zwei-Nutzungs-Hühner" legen zwar weniger, aber trotzdem regelmäßig Eier, und lassen sich zudem besser mästen als Rassen, die auf das Eierlegen spezialisiert sind. Das Fleisch der Hähne bringt so zusätzliche Erträge. "Man geht nicht mehr auf Hochleistung", erklärt Häde, sondern setze stattdessen auf zwei Produkte. Für die Tiere sei es ohnehin "eine Wohltat, nicht mehr so viele Eier legen zu müssen."

Für die hessische Tierschutzbeauftrage Madeleine Martin sind Zwei-Nutzungs-Hühner ebenfalls die sinnvollste Lösung, wenn Bruderhähne aufgezogen werden sollen. Andernfalls hätten "die männlichen Tiere faktisch keinen Wert mehr."

"Schlupflöcher gibt’s immer"

Landestierschutzbeauftragte Madeleine Martin

Doch bisher haben wenige Betriebe auf Zwei-Nutzungs-Rassen umgestellt. Denn es gebe ein Schlupfloch, kritisiert die Tierschutzbeauftragte Martin: In anderen EU-Ländern sei es weiterhin erlaubt, Küken zu töten. "Deutsche Betriebe können natürlich die Tiere ins Ausland transportieren."

Auch das Bundeslandwirtschaftsministerium kennt diese Problematik. Eine Sprecherin weist dennoch darauf hin, dass sich "verschiedene Handelsketten bereits zu Kükentöten-freien Lieferketten und der Versorgung mit entsprechenden Eiern und Eiprodukten bekannt" haben.

Das kann Fabian Häde bestätigen: Nicht nur Handelspartner, sondern auch Kunden würden gezielt nach der Bruderhahnaufzucht fragen und diese befürworten. Dass es sich dabei um keine optimale Lösung handle, wüssten viele nicht.

Geschlechtsbestimmung im Ei

Konventionelle Betriebe wählen oft noch eine andere Methode: Statt die Bruderhähne aufzuziehen, werden Eier mit männlichen Küken gar nicht erst ausgebrütet. Durch zwei unterschiedliche Verfahren kann das Geschlecht des Hühnerembryos im Ei schon vor dem Schlüpfen bestimmt werden.

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So kann das Geschlecht im Ei bestimmt werden

Beim spektroskopischen Verfahren wird durch ein winziges Loch mit einem speziellen Lichtstrahl ins Innere der Eier geleuchtet. Anhand des reflektierten Lichts lässt sich sagen, ob der Embryo männlich oder weiblich ist. Beim endokrinologischen Verfahren wird dem Ei etwas Flüssigkeit entnommen und untersucht.

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Dabei entsteht kein Schaden, allerdings gehen Tierschützer davon aus, dass der Embryo bereits Schmerzen empfinden kann. "Man hat das Tierleid also nicht gemindert", folgert Fabian Häde. Und die aussortierten Eier würden entweder zu Tierfutter verarbeitet oder landeten im Müll.

Häde hofft, dass in Zukunft weitere Betriebe auf Zwei-Nutzungs-Hühner setzen, die ressourcenschonender seien und überdies auch wieder mehr als Allesfresser gehalten werden könnten. Ein Huhn brauche prinzipiell kein teures Futter, sondern freue sich auch über Insekten, Kartoffelschalen und Reste von Backwaren.

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